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    Kunst statt Autos? Schluss mit diesem Mist!

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    (Meinung). In Rottweil geht der Stellplatzklau um. Und es findet ein Verdrängungswettbewerb der Kunstszene zulasten des Autoverkehrs statt. Kann man machen, muss man nicht machen. Eine Polemik – zu der es inzwischen auch einen Leserbrief gibt.

    Samstagmittag auf dem Friedrichsplatz in Rottweil. Vor Stunden war dieser Herbsttag sonnig, jetzt ist er etwas kühl und schattig. Aber einerlei: Die örtliche Kunstszene feiert sich und ihren neuesten Coup – den zentralen Rottweiler Platz vom Autoverkehr befreit zu haben. Die Blasmusik spielt, es herrscht ein wenig angestrengte Lockerheit. Prosecco fließt, Stößchen.

    Einige Meter weiter die Hauptstraße hinab weht das Herbstlaub zwischen einem Sandkasten und einer Kunstinstallation, einem Segelschiff, hin und her. Es wirkt verloren. Keine Menschenseele schaut dem bunten Treiben der Blätter zu. Der aus dem Nichts gezauberte Kunstspielplatz samt Sandkasten ist völlig verwaist.

    Verwaiste – und im Übrigen auch dilettantisch und unnötig provisorisch abgesicherte und gesperrte – Kunst-Spielplatz-Installation in Rottweil. Fotos: Peter Arnegger

    Das wäre alles kein Problem – aber für die Kunstaktion auf dem Friedrichsplatz wird der Autoverkehr in der Stadt massiv behindert, für die Segelschiff-samt-Sandkasten-Installation sind sechs Stellplätze geopfert worden, drei davon wurden den Anwohnern gemopst. Ausgerechnet vor dem Winter, für nichts. Im zugehörigen Stadtviertel macht sich seit Jahrzehnten ein Hotel mit seinen Stellplatzwünschen breit, werden die Anwohner immer weiter zurückgedrängt. Die Folge: wildes Parken, das mit inzwischen enormen Bußgeldern von bis zu 55 Euro bestraft wird. Die Leute vom Ordnungsamt kommen oft.

    Stimmt: Die Anwohner des Johanniterviertels dürfen ihre Autos jetzt kostenlos auf dem Parkplatz „Zentrum“ abstellen, wie die Groß’sche Wiese auf Neurottweilerisch heißt können jetzt kostenlos den Kriegsdammparkplatz, den Nägelesgraben und den Parkplatz am Kapuziner nutzen. Und ihre Einkäufe dann einen Kilometer weit schleppen. Stößchen.

    Zugleich sieht man an diesem Samstag am Friedrichsplatz verwirrte Autofahrer herumkurven, die nun plötzlich nicht mehr abbiegen können Richtung Nägelesgraben, Hinterprediger, Villingendorf, Oberndorf. Und die nicht mehr geradeaus weiterkommen, die wenden müssen. Da fehlt glatt die Beschilderung. Man hat Warnbaken aufgestellt. Fertig. Okay, die gefahrene Geschwindigkeit ist nicht hoch, die Autofahrer sollen vielleicht auch ein wenig geistige Flexibilität mitbringen. So zeigt man ihnen aber nur die lange Nase, streckt ihnen die Zunge heraus.

    Dies auch dem Rettungsdienst. Es hieß eigentlich – und ist auch so ausgeschildert – dass der Busverkehr die Prosecco-Kunstmeile am Friedrichsplatz werde queren können. Da dachte man sich vonseiten des Rottweiler Rettungsdienstes wohl zu Recht, dass auch ein Rettungswagen durchpassen werde. Pustekuchen: Die Kunstszene hatte sich samt Skulptur längst breitgemacht, musste eilig zusammenrücken, als der RTW kam. Die Baken mussten weg. Und an einem anderen Ort wartete ein Menschenleben auf die Retter.

    Autofreier Friedrichsplatz, Kunst statt Stellplätze, Aufenthaltsqualität statt Autoverkehr – das Ganze wirkt wie eilig übergestülpt. Von einem Forum Kunst, das sich hier selbst für seine Innovativität feiert. Und von einem Umfeld, das bereitwillig mitmacht. Viele dieser Leute, die mit der Segelschiff-samt-Sandkasten-Installation in der Unteren Hauptstraße den Autofahrern Plätze geraubt haben, haben selbst einen ausgewiesenen Stellplatz für ihre Karre vor dem Haus. Und keinerlei Nöte dahin gehend.

    Die Stadtverwaltung macht den Mist mit. Leider. Es gehe um ein Mobilitätskonzept, um „wertvolle Erfahrungen“ für dessen Weiterentwicklung, so Oberbürgermeister Ralf Broß unlängst. Man möchte ihn für dieses Geschwafel aus der Stadt jagen, würde er nicht von selber gehen. Hinter den aktionistischen Installationen steckt keinerlei Konzept. Das ist Verdrängungswettbewerb pur. Wir Bürger lassen uns aktuell von Kunstfreunden, nicht von Verkehrsplanern zeigen, wie eine innerstädtische Mobilität aussehen soll – wenn sie das Auto immobil macht. Zum Feind erklärt.

    Die Stadt ruft uns Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die Rückmeldekarten zu nutzen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeben wollen. Den Leuten die Meinung zu sagen zu ihren Mobilitätsaktionen, Kritik, aber auch Positives zu berichten. Tun wir doch gerne. Stößchen.

    Die andere Sicht auf die Aktion:

    Hinweis: In Sachen Kunst versus Verkehr – und vor allem bezüglich der Umsetzung – gehen die Meinungen in der Redaktion der NRWZ diametral auseinander. Das wollten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gerne darstellen.

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    7 Kommentare

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    Weiß alles
    Weiß alles
    2 Jahre her

    Ja, ihr Rottweiler Esel, beruhigt eure Innenstadt zu Tode. Dann könnt ihr in Ruhe vor künstlerisch wertvollen Schaufenstern von leeren Geschäften flanieren. Da braucht’s auch kein Auto, denn kaufen kann man ja nichts mehr.
    Für die rasenden, sorry radelnden, Fahradrambos ist auch mehr Platz .
    Es geht dann halt nicht mehr nur d‘Stadt nab sondern da Bach naa.
    Und zwar mit Kummer und mit Sorgen…

    Christian
    Christian
    2 Jahre her

    Danke Arnegger ! Es ist zu spät, Hauptstraße und Friedrichsplatz sind gestorben und der Totengräber geht. Die Menschen verbringen die Freizeit mittlerweile in Balingen und Villingen. Selbst Tuttlingen(1) scheint mittlerweile attraktiver als Rottweil.

    Christine Ott-Vollmer
    Christine Ott-Vollmer
    2 Jahre her

    Ein richtig guter Artikel, der sehr präzise darstellt dass zu einer gelungenen Stadtplanung mehr durchdachte Konzepte gehören, welche möglichst viele Gruppierungen in ihrem Handeln berücksichtigen . Und noch dazu wunderbar zynisch geschrieben.

    Beate Kalmbach
    2 Jahre her

    Huiuiui. da wird aber scharf geschossen. Ich war nicht dabei, hab es nicht gesehen. Aber ganz unabhängig von irgendwelchen etwaigen Verdrängungsquerelen „Auto gegen Kunst“ finde ich einen autofreien Friedrichsplatz ganz bestimmt einen Gewinn. Und entgegen aller Unkenrufe bin ich überzeugt, er ginge auch dauerhaft. Ich selbst wohne ebenfalls zentral und bin gelegentlich mit dem Auto einkaufen. Dann fahre ich vors Haus, lade aus, bringe das Auto weg und gehe zu Fuß nach Hause. Machen alle im Haus so, geht tadellos.

    Marvin
    Marvin
    2 Jahre her

    Chapeau, Herr Arnegger. Sehr gut geschrieben.

    Ich musste heute 4x quer durch die Stadt. Ich wohne halt leider auf der einen Seite und musste jeweils auf die andere. Umgehung mit 10min und zig km mehr Aufwand ist in Energiesparzeiten keine Option. Also einmal kreuz und quer durch die ganze Kleinstadt.

    Und wofür? Damit sich der Knubben-Broß-Clan noch ein (hoffentlich letztes Mal) total geil finden und selbst feiern kann.

    Egoismus pur!

    Rottweil ist nicht Villingen. Es funktioniert hier einfach nicht, das Hauptstraßenkreuz zu sperren. Das gibt die Topologie nicht her, es gibt keinen Ring drum herum.

    In diesem Sinne: Hau ab, Broß.

    J W
    J W
    2 Jahre her

    Quatsch! Einfach hingehen und anschauen. Man sieht sehr leicht was man an Lebensqualität gewinnt wenn man nur etwas von dem Platz nutzt, der bislang von Autos und Asphalt dominiert wird.
    Im Übrigen ist das auch kein elitärer Kreis der sich hier selber feiert. Das sind Familien mit Kindern, Singels, Pärchen, Großeltern, Teenager, mit und ohne Job, usw…. Also Stadtbewohner und von Außerhalb. Alles ist mit dabei! Der Freundeskreis der Eichendorffschule ist auch sicher nicht Forum Kunst….
    Augen Auf Herr Arnegger!

    lou weber
    lou weber
    Antwort auf  J W
    2 Jahre her

    Auf den Fotos, die die NRWZ in einem anderen Beitrag ja ausführlich zeigt, sind die gleichen 20 Nasen wie immer zu sehen.

    Und klar, die haben inzwischen auch Enkel, die natürlich auch her halten müssen. Nix mit Vielfalt und total offen.

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

    Beiträge

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    (Meinung). In Rottweil geht der Stellplatzklau um. Und es findet ein Verdrängungswettbewerb der Kunstszene zulasten des Autoverkehrs statt. Kann man machen, muss man nicht machen. Eine Polemik – zu der es inzwischen auch einen Leserbrief gibt.

    Samstagmittag auf dem Friedrichsplatz in Rottweil. Vor Stunden war dieser Herbsttag sonnig, jetzt ist er etwas kühl und schattig. Aber einerlei: Die örtliche Kunstszene feiert sich und ihren neuesten Coup – den zentralen Rottweiler Platz vom Autoverkehr befreit zu haben. Die Blasmusik spielt, es herrscht ein wenig angestrengte Lockerheit. Prosecco fließt, Stößchen.

    Einige Meter weiter die Hauptstraße hinab weht das Herbstlaub zwischen einem Sandkasten und einer Kunstinstallation, einem Segelschiff, hin und her. Es wirkt verloren. Keine Menschenseele schaut dem bunten Treiben der Blätter zu. Der aus dem Nichts gezauberte Kunstspielplatz samt Sandkasten ist völlig verwaist.

    Verwaiste – und im Übrigen auch dilettantisch und unnötig provisorisch abgesicherte und gesperrte – Kunst-Spielplatz-Installation in Rottweil. Fotos: Peter Arnegger

    Das wäre alles kein Problem – aber für die Kunstaktion auf dem Friedrichsplatz wird der Autoverkehr in der Stadt massiv behindert, für die Segelschiff-samt-Sandkasten-Installation sind sechs Stellplätze geopfert worden, drei davon wurden den Anwohnern gemopst. Ausgerechnet vor dem Winter, für nichts. Im zugehörigen Stadtviertel macht sich seit Jahrzehnten ein Hotel mit seinen Stellplatzwünschen breit, werden die Anwohner immer weiter zurückgedrängt. Die Folge: wildes Parken, das mit inzwischen enormen Bußgeldern von bis zu 55 Euro bestraft wird. Die Leute vom Ordnungsamt kommen oft.

    Stimmt: Die Anwohner des Johanniterviertels dürfen ihre Autos jetzt kostenlos auf dem Parkplatz „Zentrum“ abstellen, wie die Groß’sche Wiese auf Neurottweilerisch heißt können jetzt kostenlos den Kriegsdammparkplatz, den Nägelesgraben und den Parkplatz am Kapuziner nutzen. Und ihre Einkäufe dann einen Kilometer weit schleppen. Stößchen.

    Zugleich sieht man an diesem Samstag am Friedrichsplatz verwirrte Autofahrer herumkurven, die nun plötzlich nicht mehr abbiegen können Richtung Nägelesgraben, Hinterprediger, Villingendorf, Oberndorf. Und die nicht mehr geradeaus weiterkommen, die wenden müssen. Da fehlt glatt die Beschilderung. Man hat Warnbaken aufgestellt. Fertig. Okay, die gefahrene Geschwindigkeit ist nicht hoch, die Autofahrer sollen vielleicht auch ein wenig geistige Flexibilität mitbringen. So zeigt man ihnen aber nur die lange Nase, streckt ihnen die Zunge heraus.

    Dies auch dem Rettungsdienst. Es hieß eigentlich – und ist auch so ausgeschildert – dass der Busverkehr die Prosecco-Kunstmeile am Friedrichsplatz werde queren können. Da dachte man sich vonseiten des Rottweiler Rettungsdienstes wohl zu Recht, dass auch ein Rettungswagen durchpassen werde. Pustekuchen: Die Kunstszene hatte sich samt Skulptur längst breitgemacht, musste eilig zusammenrücken, als der RTW kam. Die Baken mussten weg. Und an einem anderen Ort wartete ein Menschenleben auf die Retter.

    Autofreier Friedrichsplatz, Kunst statt Stellplätze, Aufenthaltsqualität statt Autoverkehr – das Ganze wirkt wie eilig übergestülpt. Von einem Forum Kunst, das sich hier selbst für seine Innovativität feiert. Und von einem Umfeld, das bereitwillig mitmacht. Viele dieser Leute, die mit der Segelschiff-samt-Sandkasten-Installation in der Unteren Hauptstraße den Autofahrern Plätze geraubt haben, haben selbst einen ausgewiesenen Stellplatz für ihre Karre vor dem Haus. Und keinerlei Nöte dahin gehend.

    Die Stadtverwaltung macht den Mist mit. Leider. Es gehe um ein Mobilitätskonzept, um „wertvolle Erfahrungen“ für dessen Weiterentwicklung, so Oberbürgermeister Ralf Broß unlängst. Man möchte ihn für dieses Geschwafel aus der Stadt jagen, würde er nicht von selber gehen. Hinter den aktionistischen Installationen steckt keinerlei Konzept. Das ist Verdrängungswettbewerb pur. Wir Bürger lassen uns aktuell von Kunstfreunden, nicht von Verkehrsplanern zeigen, wie eine innerstädtische Mobilität aussehen soll – wenn sie das Auto immobil macht. Zum Feind erklärt.

    Die Stadt ruft uns Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die Rückmeldekarten zu nutzen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgeben wollen. Den Leuten die Meinung zu sagen zu ihren Mobilitätsaktionen, Kritik, aber auch Positives zu berichten. Tun wir doch gerne. Stößchen.

    Die andere Sicht auf die Aktion:

    Hinweis: In Sachen Kunst versus Verkehr – und vor allem bezüglich der Umsetzung – gehen die Meinungen in der Redaktion der NRWZ diametral auseinander. Das wollten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gerne darstellen.

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