Nach der jüngsten Demonstration der „Fridays for Future“-Klimaschützer hat sich ein fast 80-Jähriger in Rottweil hingesetzt, und einen Leserbrief an die junge Generation geschrieben. Dieser ist voller Verständnis (auch etwa dafür, dass Autofahrer bei der Demo in Rottweil behindert worden sind. Zentrale Aussage des Seniors: „Kernkraft hat zwar andere Risiken, aber beim CO2-Ausstoß ist diese top.“
Die NRWZ bringt im Folgenden den Leserbrief im Wortlaut:
„Die Jugend hat das Recht, für Umweltschutz und Klimaschutz zu protestieren und Visionen zu haben. Sie darf auch, wie im Bericht geschrieben, provozieren.
Ich als fast 80-Jähriger solidarisiere mich mit den Zielen, wenn Sie denn auch begründet werden, und da haben die jungen Menschen doch allzu oft den Protest als Ersatz für das Denken in den Vordergrund gerückt.
Selbstverständlich bin auch ich zu einer Änderung der Klimaschutzpolitik bereit, wenn auch die jungen Protestierer meinen Argumenten folgen. Es ist doch wahr, dass wir den Kohleaustieg schneller umsetzen und damit den CO2-Ausstoss senken können, wenn wir unsere Kernkraftwerke länger am Netz lassen, so wie das fast alle anderen Industriestaaten tun.
Nach Meinung der jungen Protestierer sind die anderen Länder in der Klimaschutzpolitik fortschrittlicher. Folglich müssten die Jungen deren Vorbild folgen.
Wenn das so ist, dann sagt doch: Kernkraft hat zwar andere Risiken, aber beim CO2-Ausstoß ist diese top. Bitte fragt die Wissenschaftler, wenn Euch die Lehrer das nicht erklären.
Wenn CO2-Vermeidung jetzt oberste Priorität haben soll, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als die Prioritäten unserer bisherigen Energiepolitik zu überdenken und das kleinere Übel zu wählen. Das heißt: erst Kohleausstieg, dann Kernkraftausstieg.
Unabhängig davon müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung vorantreiben. Da sind wir uns doch einig.
Also Junge Freunde, denkt darüber nach und unterstützt meine zugegebenermaßen provozierenden, aber begründeten Vorschläge. Bitte denkt auch daran, dass wir unbedingt eine gesicherte Stromversorgung brauchen. Was bei einem flächendeckenden Blackout passiert, den alle Experten für immer wahrscheinlicher halten, könnt ihr bei Mark Elsberg nachlesen.
Ein Beispiel: Es gibt in Deutschland 50.000 Dialysepatienten. Wenn der Strom zwei Wochen ausfällt, dann bedeutet das den Tod von Tausenden. Wollt Ihr das auch verantworten?
Bitte fordert wenigstens einen öffentlichen Bus mit Elektroantrieb für Rottweil. Was in Sigmaringen geht, müsste bei uns möglich sein.
Also: Protest Ja, aber nachdenken auch.“
Rudolf Glowka, Rottweil