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1. August 2020, Demotag in Berlin, oder: Besuch aus der alten Heimat

Achtung: Triggerwarnung! Dieser Text ist ausschließlich nur für Mundschutzträger, Schlafschafe, Lügenpressenfreunde und Hörige der Systemmedien gedacht. Keinesfalls sollte dieser Text von Querdenkern, Corona-Skeptikern und anderen Wissenden gelesen werden. Für die Folgen bei Zuwiderhandlung übernimmt niemand die Verantwortung.

Ein Gastbeitrag von Peter S. Kaspar

Vorab muss ich einiges zu meiner Person klarstellen. Fast auf den Tag genau vor 38 Jahren, am 2. August 1982, begann ich in Rottweil beim Schwarzwälder Boten meine Ausbildung zum Redakteur. Gelernt habe ich bei dem leider verstorbenen Heinrich Meier, einem durch und durch integren, aufrechten Journalisten, an den sich die Älteren wohl noch erinnern werden. Ich wechselte Jahre später zur Schwäbischen Zeitung. Noch später arbeitete ich für das ZDF, SAT.1 und den Bayerischen Rundfunk, für die Stuttgarter Zeitung und den Berliner Tagesspiegel, außerdem für einige Reisemagazine. Seit 16 Jahren gebe ich im grün-rot versifften Kreuzberg im Herzen Berlins ein Stadtteilmagazin heraus.

Ich bin also ganz offensichtlich ein klassisches Produkt der Systemmedien, oder einfacher formuliert, mehr Lügenpresse geht nicht. Diese Tatsache sollte sich der Leser beim Studium dieser Lektüre stets vor Augen halten.

Zum Thema – wir bekamen Besuch. Aus der alten Heimat meiner Lebensgefährtin. Sie stammt aus einem Dorf in der Nähe von Rottweil. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes verrate ich nicht, welches. Meine Lebensgefährtin erklärte, ihr alter Schulfreund sei unterwegs, mit Familie und sie würden abends zur ihrer Geburtstagsfeier kommen, sie seien sowieso gerade in der Stadt. Was sie denn in die Stadt führe, wollte ich wissen. „Die Demo“, sagte sie. „Oh“, sagte ich. „Was heißt hier, Oh?“, fragte sie. „Kommt er etwa zur Corona-Demo?“, fragte ich zurück. „Der war schon immer links, der geht sicher zur Gegendemo“, versuchte sie abzuwiegeln.

Ich blieb skeptisch. Ich kenne den Schulfreund. Ein netter Kerl. Wir haben in seinem Dorf schon manches Bier zusammen getrunken. Außerdem gehört schon einiges dazu, in solch einem Dorf all die Jahre hindurch links zu bleiben. Allerdings, so musste ich in den letzten Monaten schmerzhaft lernen, spielt die politische Ausrichtung so gut wie gar keine Rolle, wenn es um die Einschätzung des Virus geht.

Er kam, mit Frau und Tochter, es war schon dunkel, die Stimmung gut und eigentlich schon wieder so gut, dass das Social Distancing zumindest ausbaufähig war. Ich erfuhr es sehr schnell.

Ja, die ganze Familie freute sich auf die Demo am nächsten Tag – auf die echte Corona-Demo. Die Eltern, die Stimmungslage der übrigen Gäste durchaus richtig einschätzend, hielten sich zurück und beließen es bei unverfänglichem Small Talk. Die Tochter allein entwickelte ein gewisses Sendungsbewusstsein und versuchte bald den Kreis mit ihrem profunden Wissen über Schutzmasken und warum man sie nicht braucht zu beeindrucken.

Eine liebe alte Freundin hörte gebannt und einigermaßen fassungslos zu, ehe sie sich als Krankenschwester zu erkennen gab. Das focht die junge Dame nicht besonders an. Stattdessen referierte sie darüber, dass man kaum Luft unter der Maske bekomme und dass es keinen Maskenzwang geben dürfe, weil der ja die Persönlichkeitsrechte einschränke. Dem Einwand meiner Freundin: Sie habe schließlich die Maske den ganzen Tag auf, bekomme immer genügend Luft und sie fühle sich auch nicht in ihren Persönlichkeitsrechten beschränkt, begegnete die junge Dame mit dem bemerkenswerten Satz: Man dürfe hier ja gar nichts mehr sagen.

Jedenfalls endete alles in einem unerfreulichen Eklat. Die Freundin verschwand wütend mit einer sehr eindeutigen Geste, die wiederum die junge Dame völlig aus der Bahn warf. Kurzum, der Abend war gelaufen.

Von der Demo am nächsten Tag bekam ich nicht viel mit, außer dem beständigen Knattern von Hubschraubern. Ich wohne jetzt seit 20 Jahren in Berlin. In der Stadt gibt es jährlich fast 2000 Demonstrationen. Hubschrauber nimmt man nicht mehr besonders wahr. Was man mitbekommt, sind die echten Großdemonstrationen auf der Straße des 17. Juni mit über 100.000 Menschen. Das sind zwar rund drei Kilometer Luftlinie von uns, aber die großen Hauptstraßen in unserem Kiez wie Mehringdamm, Yorckstraße oder Hallesches Ufer sind dann einfach mal ziemlich dicht.

Und dann habe ich ja auch noch meine eigene Demoerfahrung. Ich war bei der großen Friedensdemo im Februar 2003, als 500.000 Menschen auf den 17. Juni kamen. 2008 hörte ich an der Siegessäule mit 200.000 anderen Barak Obama sprechen. Ich habe auf der Fanmeile gefeiert und war zweimal sehr skeptisch auf der Loveparade.

Kurzum, ich weiß, wie die Straße des 17. Juni aussieht und anfühlt, wenn dort 100.00, 500.000 oder eine Million Menschen unterwegs sind.

Der Samstag jedenfalls war ziemlich ruhig, von den Hubschraubern einmal abgesehen, der Verkehr lief sogar noch ruhiger als sonst. Abends wurde es sehr hektisch, viel Polizei und andere Einsatzkräfte waren unterwegs nach Neukölln. Da gab’s Randale, aber nicht wegen Corona, sondern weil die Kiez-Kneipe Syndikat geschlossen werden sollte. Es war aber nichts, was den normalen Kreuzberger in einen Zustand der höheren Aufregung versetzen würde.

Tags darauf erhielt meine Lebensgefährtin eine Whatsapp-Nachricht von ihrem Schulfreund aus dem Kreis Rottweil, der ihr versicherte, auf der Demo keine Rechtsradikalen gesehen zu haben, und dass die bösen Systemmedien natürlich wieder gelogen hätten. Von wegen nur 20.000 Teilnehmer! Es seien über 200.000 gewesen.

Ich wunderte mich noch über die Bescheidenheit, denn inzwischen waren schon Zahlen von 400.000 bis 800.000 Teilnehmern kolportiert worden. Am Abend erreichte meine Lebensgefährtin eine E-Mail einer Kollegin, die gesichert von 1,8 Millionen Teilnehmern schrieb, mit einer angehängten Beschimpfung gegen mich, denn ich würde sicher wieder nur den Zahlen der Lügenpresse glauben.

Inzwischen hatte ich auch schon eine Menge Fotos über soziale Medien erhalten, die diese immensen Zahlen untermauern sollten. Es handelte sich durchweg um Bilder von der Loveparade (mutmaßlich 2007), Obamas Besuch (2008) oder der Fanmeile bei der Fußball-WM 2006. Letzteres schien deshalb authentisch, weil viel schwarz-rot-goldenes Farbenmaterial im Spiel war.

Ich dagegen habe mir die aktuellen Luftbilder angesehen, die die Polizei „gefälscht“ haben und die anschließend von den Medien „manipuliert“ worden sein sollen. Nach meinen persönlichen Schätzungen waren es keine 30.000 Teilnehmer – wobei meine Schätzung damit immer noch deutlich über den Angaben der Polizei liegt. Die Verkehrslage an diesem Tag, die Situation in Bussen und U-Bahnen, spricht eine deutliche Sprache. Sie deuten eher auf eine Teilnehmerzahl im unteren fünfstelligen Bereich hin.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es innerhalb einer Demonstration sehr schwer ist, ihre Größe einzuschätzen und dass es viele Umstände gibt, die einen zu Fehleinschätzungen verleiten können. Und jetzt mal ganz ehrlich, wenn ganz Rottweil, jeder Greis und jedes Kind auf der Straße wären, würde das auch schon ein beeindruckendes Bild darstellen. Außerdem glaubt man ja immer, für etwas Gutes auf die Straße gegangen zu sein. Auch das verleitet, die Zahl höher anzusetzen.

Das ist ja so weit auch okay. Und auch ich war vor solchen Fehleinschätzungen nicht immer gefeit. Was aber ganz und gar nicht okay ist: Der sogenannten „Lügenpresse“ Manipulation von Bildern vorzuwerfen und als Gegenbeweis zum Teil 15 Jahre alte Bilder von völlig anderen Veranstaltungen zu präsentieren. Das ist erbärmlich!

Und die Familie aus dem Landkreis? Sie bringt nun sicher spannende Erinnerungen mit aus Berlin, unterfüttert ihre Erlebnisse mit falschen Bildern und ist nun fest davon überzeugt, dass die Lügenpresse der Hauptstadt mit ihren herunter korrigierten Teilnehmerzahlen mal wieder einen bösen Coup gelandet hat.

Doch wie bereits einleitend erwähnt, ist dieser Text nicht für Teilnehmer an der Demonstration vom 1. August gedacht. Schließlich hat ihn ja ein Vertreter der Lügenpresse verfasst ;-)

https://www.nrwz.de/meinung/antwort-eines-demo-teilnehmers-wir-wollen-lediglich-den-uns-verweigerten-dialog-aufnehmen/271057
 

https://www.nrwz.de/meinung/1-august-2020-demotag-in-berlin-oder-besuch-aus-der-alten-heimat/270939