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    Weihnachtsfenster im Heilig Kreuz Münster

    Farbenpracht sogar für Joseph

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    Das Jesuskind, Maria und Joseph: An Weihnachten sind Darstellungen der Geburt Christi in- und außerhalb von Kirchen nicht wegzudenken. Eine Darstellung des Stalls von Betlehem bleibt in Rottweil allerdings das ganze Jahr präsent – verdient dieser Tage aber besondere Blicke: das Weihnachts-Fenster im Heilig Kreuz Münster.

    Es findet sich im Chorraum links neben dem mittleren Maßwerkfenster, das die Kreuzes-Thematik des Münster-Patroziniums aufgreift. Direkt benachbart an diese Auseinandersetzung mit Tod und Erlösungshoffnung wird der andere Pol des Heilsgeschehens verdeutlicht: die Ankunft des Erlösers im Stall von Bethlehem.

    Eingerahmt in eine gemalte Spitzbogen-Architektur wird sie ins Bild gesetzt. Schon dieser Kontext verweist auf die Entstehung: Als die detailreichen Glasmalereien in den 1840er Jahren geschaffen wurden, stand die lange verpönte Gotik wieder hoch im Kurs. Von diesem Zeitgeschmack, der, beflügelt von romantischen Mittelalter-Vorstellungen, wieder feingliedrige Fialen, Kreuzblumen und Spitzbögen zelebrierte, ist die Bildsprache geprägt.

    Das Weihnachts-Fenster zeigt im Sockel eine nur in Grautönen gemalte, nächtliche Engelsbotschaft an die Hirten, darüber die Verkündigung an Maria und als weit in die Höhe aufragendes und erzählerisch tief gestaffeltes Hauptmotiv die Geburt Christi.

    In einen Rahmen aus gotischer Maßwerkarchitektur ist die Szene im Stall von Bethlehem eingefasst. Archivfoto: al

    Die Szenen werden seitlich durch in Weiß-Grau-Tönen gehaltenen Bildnissen der 14 Nothelfer flankiert. Sie haben das Ganze wachsam im Blick. Den Abschluss bildet eine Art Brüstung, auf der sich Engel versammelt haben.

    Näheres Hinsehen offenbart reichhaltige Details. Etwa die Magier oder Könige, die hinter dem Stall aus der Ferne bereits auf Kamelen anrücken. Prägend für den Gesamteindruck ist zum einen die umfassende Scheinarchitektur. Das Goldgelb der gemalten Wände und Gesprenge bildet einen starken Kontrast zum nächtlichen Geschehen in der schlichten Behausung von Bethlehem. Bedeutung wird hier durch den Rahmen angezeigt. Und der sagt: Hier kommt ein König.

    Im Hintergrund nähern sich bereits die Magier aus dem Morgenland. Archivfoto: al

    Zum anderen prägt den Gesamteindruck die intensive Farbigkeit, mit der die Glasmaler vor bald 200 Jahren die Szenen darstellten. Sogar nachts sieht man den Bäumen im Hintergrund ihr grünes Kleid an, sogar im Dunkel flimmert der Himmel in opakem Blau. Eng beieinander sind starke Farben besonders bei der heiligen Familie im Zentrum: Das schon seltsam weise und wohlfrisiert wirkende Christkind wird golden umstrahlt, Maria ist in einen wallend blauen Mantel gehüllt. Und Joseph, der dem Neugeborenen am nächsten steht, bekommt sogar ein Smaragdgrün mit flammendem Rot kombinierendes Gewand.

    Man staunt, was für ein Auftritt dem oft zugunsten der Mutter etwas zurückgesetzte Joseph hier bereitet wird. Vielleicht lässt sich das mit damaligen Rollenvorstellungen verknüpfen, die den Mann als zuständig für die öffentliche Sphäre und Ernährer der Familie akzentuierten.

    Bezeichnend für die Bildsprache und den Stil des Weihnachtsfensters: Auf diesen in Goldgelb erstrahlenden, in gotisches Dekor eingewobenen Engeln ruht die Geburtsszene. Archivfoto: al

    Der Glanz, der hier bis hinauf in ein gemaltes Maßwerk mit üppigen Akanthus-Ornamenten  entfaltet wird, ist jedenfalls beträchtlich. Wobei traditionsbewusste Rottweiler gegenüber dem Prunk der Chorraumfenster teils etwas reserviert bleiben. Denn im Segment gegenüber der Weihnachtsszene blickt der württembergische König Wilhelm I. (1761–1864) mit stolzgeschwellter Brust auf die Gemeinde herab. Die Fenster verweisen damit auch auf die neue Herrschaft und den Verlust der Reichsstadt-Freiheit 1802. Freude ist eben selten ganz ungetrübt.

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