Die Ansichtskarte als „Markenbotschafter von Schramberg“

Ausstellung im Dieselmuseum

Auf den Tag genau 100 Jahre, nachdem Franz Kasenbacher in Schramberg sein Foto-Atelier eröffnet hat, eröffnete das Schramberger Stadtarchiv eine Ausstellung mit historischen Postkarten. Karten, die Franz und sein Sohn Karl seit 1925 veröffentlicht hatten.

Schramberg. Archivleiter Carsten Kohlmann begrüßte zahlreiche Freunde und Weggefährten der Fotografenfamilie. Unter ihnen war auch der Fotografenmeister Rainer Langenbacher, der sein Handwerk bei Karl Kasenbacher gelernt hatte. Er erwähnte in den kühlen Räumen des Dieselbaus, dass Franz Kasenbacher in seiner Eröffnungsanzeige von 1925 darauf hingewiesen habe, dass seine Räume in der Sängerstraße „täglich geöffnet und geheizt“ seien.

Carsten Kohlmann bei der Einführung. Foto: him

Dank eines Aufnahmebuchs ließen sich bis heute die Inhalte der vielen tausend Fotografien und Glasplattennegative nachvollziehen, die das Kasenbachersche Archiv umfasst. „Das ist ein einzigartiger stadtgeschichtlicher Schatz“, so Kohlmann.

Postkarten als Massenmedium

In der aktuellen Ausstellung stünden die Postkarten im Vordergrund, die „vor Tiktok, Instagram und Facebook ein beliebtes Massenmedium zur Verbreitung von Bildern“ gewesen seien.

Drei Kartenmotive zeigen, was bleibt und was sich ändert. Foto: him

Im Laufe der Jahre seien fast 2000 unterschiedliche Postkarten von Kasenbachers erschienen, manche in kleinen Auflagen von nur 100 Stück, später meist etwa 3000 Stück. Die Ausstellung zeige etwa 80 Postkartenvergrößerungen aus Schramberg und der unmittelbaren Umgebung.

Auch das Jahrhunderthochwasser von 1959 wurde zum Ansichtskartenmotiv.

Kasenbacher habe, aus Bayern zugezogen, die landschaftlichen Schönheiten des Schwarzwaldes und die Besonderheiten Schrambergs wiedergeben wollen. Er sei „ein Markenbotschafter Schrambergs“ geworden und habe „das Stadtbild in die Welt getragen“, lobte Kohlmann.

Die Ansichtskarte bestimmte das Familienleben

Annette Kasenbacher berichtete wie, die „Ansichtskarten“ wie ihr Vater und Großvater gesagt hätten, auch das Familienleben gestimmt habe. Sonntags seien die Familienausflüge zu Zielen gegangen, die der Vater im Auftrag von Hoteliers oder Gastwirten ansteuerte. „Beim Mittagessen haben die Erwachsenen besprochen, was auf die Karten drauf muss“, erinnert sie sich.

Annette Kasenbacher. Foto: him

Das Auto der Familie habe der Vater bewusst ausgewählt. Der rote Käfer sei als Farbtupfer immer wieder auf den Ansichtskarten aufgetaucht. Auch die Familie habe der Vater gelegentlich als Models eingesetzt. Bei einer Aufnahme im Schwimmbad habe ihr Bruder Peter rote Schwimmflügel anziehen müssen, obwohl er doch geraden den Freischwimmer gemacht hatte. Der Kompromiss: „Peter ist nur von hinten zu sehen.“

Martin und Annette Kasenbacher bei der Ausstellungseröffnung. Foto: him

Karl Kasenbacher sei ein Perfektionist gewesen. Wenn für neue Winteraufnahmen ein Teil eines Gasthauses wider Erwarten im Schatten lag, vereinbarte er einen neuen Termin.

Seit 2000 sei das Geschäft mit Postkarten immer weniger geworden. Auch ihr Bruder Martin und sie hätten nur wenige herausgebracht. „Aber vielleicht erlebt die Ansichtskarte ja auch ein Comeback?“ Sie würde es gern unterstützen, schloss Annette Kasenbacher ihre launige Rede.

Bei Karl Kasenbacher gelernt. Rainer Langenbacher. Foto: him

Geschichtliche Bedeutung

Wenn man die Aufnahmen aus der Frühzeit bis heute aufmerksam betrachtet, kann man auch viel über die Stadtentwicklung Schrambergs erfahren. Welche Häuser sind inzwischen Geschichte, welche Gebäude hinzugekommen? Bei der Eröffnung gab es dazu schon angeregte Gespräche.

Blick in die Ausstellung. Foto: him

Info: Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr im Dieselmuseum zu sehen. Interessierte müssen dafür ein Pfand im Auto- und Uhrenmuseum ErfinderZeiten hinterlegen und erhalten dann den Schlüssel. Ein Tipp: Warm anziehen.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.



Back to top button