Nach einem fulminanten Konzert ist am Samstagabend das Ende einer 51 Jahre umfassenden Ära besiegelt worden: Ingo Goritzki wurde als Intendant des „Sommersprossen“-Festivals verabschiedet – mit einer bewegenden, von Dankbarkeit geprägten Feier. Und einigen Tränen.
Jahr für Jahr habe Ingo Goritzki ein Festival auf die Beine gestellt, das weit über die Region hinaus renommiert sei, würdigte Oberbürgermeister Ralf Broß. Er dankte dem scheidenden Intendanten für seine künstlerische Arbeit und „viele wunderschöne Abende“. Broß überreichte Goritzki eine Zeichnung der Kapellenkirche von Siegfried Haas – einem wichtigen Förderer der späteren „Sommersprossen“ in den Anfangsjahren.
Wehmütig über den Abschied zeigte sich Rudolf Strasser, der Goritzki in seiner Funktion als Vorsitzender des Freundeskreises dankte. Strasser hob besonders den Ideenreichtum Goritzkis sowie seine „begeisternde Präsenz“ in den Festivalwochen in der Stadt hervor. Der Freundeskreis brachte seine Verbundenheit mit Ingo Goritzki mit einen Rottweiler von Ottmar-Hörl sowie Drucken von Erich Hauser zum Ausdruck, der mit dem Festival ebenfalls eng verbunden war.
Ingo Goritzki lenkte den Blick auf die Musiker, unter anderem seinen Bruder Johannes, der das Festival 1967 aus der Taufe gehoben und bis 1987 geleitet hatte und anwesend war. Sichtlich bewegt dankte er allen Kooperationspartnern und Unterstützern, insbesondere der „Mutter der Sommersprossen“, Jutta Schwab.
Das vorangegangene Konzert war restlos ausverkauft und hatte noch einmal mit den Stärken des Goritzki-Konzepts geglänzt: die Verbindung kluger, gewitzter Programme mit einem Netzwerk von Künstlern, die mitreißend interpretieren – und zwar auf Basis freundschaftlicher, mithin sogar familiärer Verbundenheit. Sage und schreibe fünf Goritzkis waren eingebunden: Neben Elisa Goritzki die Brüder Johannes, Ingo, Markus und Thomas. Mit einem Gedicht wurde zudem der 2012 verstorbene Bratschist und Dichter Deinhart Goritzki integriert.
Den roten Faden des Abends bildeten „Animals in Music“ – imitatorische oder indirekte Bezugnahmen auf Tiere. Im ersten Teil erklangen eine Reihe kleinerer Werke – humorvoll durch Texte verbunden durch Thomas Goritzki.
Zu den Höhepunkten des munteren zoologischen Panoramas zählte neben Schuberts „Die Forelle“ (mit Markus Goritzki, Bariton) Wilfried Hillers Moritat von einer zerstreuten Brillenschlange, die sich mangels Sehhilfe vom Schwanz her selber verspeist – was Ulf Rodenhäusler mit einer immer mehr zerlegten Klarinette köstlich illustrierte.
Im zweiten Teil interpretierten Matthias Lingenfelder (Violine), Harjolf Schlichting (Viola), Johannes Goritzki (Cello), Albert Locher (Kontrabass) und Kalle Randalu (Klavier) Franz Schuberts „Forellenquintett“. Mit souveräner Weite, Farbenreichtum und enormer Frische machten sie aus dem Werk ein großartiges Hörerlebnis.
Der rundum stimmige Abend hätte wohl auch Sandor Végh gefallen, dem Spiritus Rector der Anfangsjahre des Festivals. Er vermittelte einer damals jungen Garde eine Idee davon, dass es nicht vorrangig um technische Präzision, sondern um ein lebendiges, beseeltes Musizieren geht, das eine Verbindung zu den Zuhörern entstehen lässt. Dieser Geist war bis zum letzten Takt in beglückender Weise spürbar.