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    Autorentreffen: „Es ist schön hier in Rottweil“

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    Kurz vor der Entscheidung über den nächsten Bundestag hatten die Rottweiler Literaturfans noch eine andere Wahl: Acht Teilnehmende des 37. Deutsch-Schweizer Autorentreffens gaben am Samstag Kostproben ihrer Kunst. Zum Glück erzwang diese Wahl kein Entweder-Oder. Denn man konnte auch für alle optieren – und fast sechs Stunden am Stück lauschen.

    Das genossen viele Gäste sichtlich, wie man in der erstaunlich gut gefüllten Werkhalle auf der Hauser-Saline spürte. Nach Monaten des coronabedingten Verzichts auf Kulturveranstaltungen waren zahlreiche Interessierte in die sonnendurchflutete Location geströmt. Geboten bekamen sie ein facettenreiches Panorama von Gegenwartsliteratur – in feinem Proporz mit vorwiegend jüngeren deutschen und Schweizer Stimmen bestückt.

    Großes Interesse: Die Hauser-Werkhalle war gut gefüllt.

    Auch wenn der Zuhör-Marathon Konzentration verlangte: Man konnte sich über pralle Geschichten, kluge Gedanken, wohl gesetzte Pointen und eine gute Prise Humor freuen. Bei Pausen gab es zudem die vielfach genutzte Gelegenheit zum Gespräch – auch mit den Autorinnen und Autoren.

    Den ersten Aufschlag machte der in Zürich lebende Daniel Mezger. In seinem Roman „Alles außer ich“ führte er die Zuhörer mit genauen Beobachtungen an die Sinnsuche einer Endzwanzigerin heran, die durchs Leben treibt und nicht recht weiß, wer sie ist und wohin sie gehört – Fragen nach Identität und Beheimatung, die augenscheinlich derzeit eine ganze Generation umtreiben.

    Studierter Schauspieler: Daniel Mezger, Jahrgang 1975.

    Einen funkelnd ironischen Ton schlug der von Jane Frank zum „Ehrenschwaben“ geadelte Heinrich Steinfest an. Der vielfach preisgekrönte, vor allem für doppelbödige Krimis bekannte Wahl-Stuttgarter stellte mit seiner „Amsterdamer Novelle“ ein blitzschlaues, enorm kurzweiliges Bändchen über Stärken und Tücken der Fotografie vor – ein Medium, das nach Steinfest zum Beispiel bei über Fünfzigjährigen beinhart entlarve, dass sie bei aller Muskelfassade eigentlich schon halb bettlägerig seien.

    Albury, Wien und Stuttgart sind die Lebensstationen von Heinrich Steinfest, Jahrgang 1961.

    Als temperament- und klangvoller Vorleser bildstarker Gedichte und Miniaturen empfahl sich Jan Wagner. Der Büchner-Preisträger des Jahres 2017 verzückte das Publikum etwa mit einer Szene beim Zoll, wo sich eine Prüfung von Kulinarischem zu einem regelrechten Käse-Ballett auswächst oder der Beobachtung, dass ein prall in Leder gepellter, alternder Biker „steif wie eine Mumie aus der Bronzezeit“ wirke.

    Irist Wolf wurde 1977 in Hermanstadt geboren.

    Sowohl Iris Wolf als auch Simone Lappert erzeugten mit vielstimmigen Romanen Spannung. Wolf ließ mit enormer poetischer Kraft einen Buchhändler die sinnliche Magie von Büchern beschwören, die man nicht leihen, sondern immer nur voll und ganz besitzen könne. Lappert führte packend an die Empfindungswelten einer Frau heran, die nach langem Ringen von einem Dach stürzt.

    Simone Lappert, Jahrgang 1985, trug teils frei vor.

    Der in Aarau lebende Michael Hugentobler erfreute das Publikum mit dem Kompliment, es sei schön in Rottweil und zeichnete mit der Reportage-Präzision des gelernten Journalisten eine kauzige Gelehrten-Gestalt, die in alten Sprachen lebt und vom Rauchen selber schon ganz vergilbt wirkt.

    Weit gereist: MIchael Hugentobler, Jahrgang 1975.

    Noch einmal tüchtig Zunder gaben die Autorinnen des finalen Duos. Die Züricherin Silvia Tschui entwarf anhand eines Karriere-Architekten des „Dritten Reichs“ und seiner strohblonden Gemahlin temperamentvoll ein deutsch-schweizer Sittengemälde. Virtuos wechselte sie die Stimmen und ließ vergnügt helvetische Dörfler eine exaltierte Norddeutsche mit Kuhfladen bewerfen.

    Gewinnende Rezitatorin: Silvia Tschui, Jahrgang 1974.

    Mit einem wahren Feuerwerk reanimierte schließlich die medial stark präsente Nora Gomringer das schon etwas ermattete Publikum. Und das mit gar nicht zum Schenkelklopfen animierenden Themen. So führte sie mit ihrem Lyrikband „Gottesanbeterin“ an das oft umschiffte Thema Religion heran. Dabei bekannte sie sich zum Glauben als „Glutamat des Seins“, schien mit galliger Ironie alles Ehrfürchtige auch gleich wieder wegzubürsten. Vor allem dem Humor gab sie Raum, verknappte die Nibelungen auf Telegrammkürze und parodierte das Ritualhafte literarischer Lesungen – ein passender, köstlicher Kehraus.

    aketLiterarisches Kraftpaket: Nora Gorminger, Jahrgang 1980.

    Nach diesem dicht bepackten Nachmittag, bleibt nur zu hoffen, dass man das nächste Mal auch wieder die Wahl zwischen verschiedenen Orten hat. Denn das kommunikative, belebende Wandern von einem innerstädtischen Vorleseort zum nächsten, gehört zum Reiz der Deutsch-Schweizer Autorentage, auch wenn die Hauser-Saline zweifellos einen feinen Gastort abgab.

    In den Pausen bot sich Gelegenheit zum Austausch.
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    Kurz vor der Entscheidung über den nächsten Bundestag hatten die Rottweiler Literaturfans noch eine andere Wahl: Acht Teilnehmende des 37. Deutsch-Schweizer Autorentreffens gaben am Samstag Kostproben ihrer Kunst. Zum Glück erzwang diese Wahl kein Entweder-Oder. Denn man konnte auch für alle optieren – und fast sechs Stunden am Stück lauschen.

    Das genossen viele Gäste sichtlich, wie man in der erstaunlich gut gefüllten Werkhalle auf der Hauser-Saline spürte. Nach Monaten des coronabedingten Verzichts auf Kulturveranstaltungen waren zahlreiche Interessierte in die sonnendurchflutete Location geströmt. Geboten bekamen sie ein facettenreiches Panorama von Gegenwartsliteratur – in feinem Proporz mit vorwiegend jüngeren deutschen und Schweizer Stimmen bestückt.

    Großes Interesse: Die Hauser-Werkhalle war gut gefüllt.

    Auch wenn der Zuhör-Marathon Konzentration verlangte: Man konnte sich über pralle Geschichten, kluge Gedanken, wohl gesetzte Pointen und eine gute Prise Humor freuen. Bei Pausen gab es zudem die vielfach genutzte Gelegenheit zum Gespräch – auch mit den Autorinnen und Autoren.

    Den ersten Aufschlag machte der in Zürich lebende Daniel Mezger. In seinem Roman „Alles außer ich“ führte er die Zuhörer mit genauen Beobachtungen an die Sinnsuche einer Endzwanzigerin heran, die durchs Leben treibt und nicht recht weiß, wer sie ist und wohin sie gehört – Fragen nach Identität und Beheimatung, die augenscheinlich derzeit eine ganze Generation umtreiben.

    Studierter Schauspieler: Daniel Mezger, Jahrgang 1975.

    Einen funkelnd ironischen Ton schlug der von Jane Frank zum „Ehrenschwaben“ geadelte Heinrich Steinfest an. Der vielfach preisgekrönte, vor allem für doppelbödige Krimis bekannte Wahl-Stuttgarter stellte mit seiner „Amsterdamer Novelle“ ein blitzschlaues, enorm kurzweiliges Bändchen über Stärken und Tücken der Fotografie vor – ein Medium, das nach Steinfest zum Beispiel bei über Fünfzigjährigen beinhart entlarve, dass sie bei aller Muskelfassade eigentlich schon halb bettlägerig seien.

    Albury, Wien und Stuttgart sind die Lebensstationen von Heinrich Steinfest, Jahrgang 1961.

    Als temperament- und klangvoller Vorleser bildstarker Gedichte und Miniaturen empfahl sich Jan Wagner. Der Büchner-Preisträger des Jahres 2017 verzückte das Publikum etwa mit einer Szene beim Zoll, wo sich eine Prüfung von Kulinarischem zu einem regelrechten Käse-Ballett auswächst oder der Beobachtung, dass ein prall in Leder gepellter, alternder Biker „steif wie eine Mumie aus der Bronzezeit“ wirke.

    Irist Wolf wurde 1977 in Hermanstadt geboren.

    Sowohl Iris Wolf als auch Simone Lappert erzeugten mit vielstimmigen Romanen Spannung. Wolf ließ mit enormer poetischer Kraft einen Buchhändler die sinnliche Magie von Büchern beschwören, die man nicht leihen, sondern immer nur voll und ganz besitzen könne. Lappert führte packend an die Empfindungswelten einer Frau heran, die nach langem Ringen von einem Dach stürzt.

    Simone Lappert, Jahrgang 1985, trug teils frei vor.

    Der in Aarau lebende Michael Hugentobler erfreute das Publikum mit dem Kompliment, es sei schön in Rottweil und zeichnete mit der Reportage-Präzision des gelernten Journalisten eine kauzige Gelehrten-Gestalt, die in alten Sprachen lebt und vom Rauchen selber schon ganz vergilbt wirkt.

    Weit gereist: MIchael Hugentobler, Jahrgang 1975.

    Noch einmal tüchtig Zunder gaben die Autorinnen des finalen Duos. Die Züricherin Silvia Tschui entwarf anhand eines Karriere-Architekten des „Dritten Reichs“ und seiner strohblonden Gemahlin temperamentvoll ein deutsch-schweizer Sittengemälde. Virtuos wechselte sie die Stimmen und ließ vergnügt helvetische Dörfler eine exaltierte Norddeutsche mit Kuhfladen bewerfen.

    Gewinnende Rezitatorin: Silvia Tschui, Jahrgang 1974.

    Mit einem wahren Feuerwerk reanimierte schließlich die medial stark präsente Nora Gomringer das schon etwas ermattete Publikum. Und das mit gar nicht zum Schenkelklopfen animierenden Themen. So führte sie mit ihrem Lyrikband „Gottesanbeterin“ an das oft umschiffte Thema Religion heran. Dabei bekannte sie sich zum Glauben als „Glutamat des Seins“, schien mit galliger Ironie alles Ehrfürchtige auch gleich wieder wegzubürsten. Vor allem dem Humor gab sie Raum, verknappte die Nibelungen auf Telegrammkürze und parodierte das Ritualhafte literarischer Lesungen – ein passender, köstlicher Kehraus.

    aketLiterarisches Kraftpaket: Nora Gorminger, Jahrgang 1980.

    Nach diesem dicht bepackten Nachmittag, bleibt nur zu hoffen, dass man das nächste Mal auch wieder die Wahl zwischen verschiedenen Orten hat. Denn das kommunikative, belebende Wandern von einem innerstädtischen Vorleseort zum nächsten, gehört zum Reiz der Deutsch-Schweizer Autorentage, auch wenn die Hauser-Saline zweifellos einen feinen Gastort abgab.

    In den Pausen bot sich Gelegenheit zum Austausch.
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