Corona-Hilfseinsatz der Bundeswehr in Portugal – unter den Helfern ist auch ein junger Mann aus dem Landkreis Rottweil: der beim Sanitätsregiment 3 in Dornstadt stationierte Holger Ortmann aus Epfendorf. Gemeinsam mit anderen hat der Hauptfeldwebel eine Corona-Intensivstation im Hospital Da Luz in Lissabon. Ortmann weiß, wie das geht, er war früher in der Notaufnahme im Oberndorfer Krankenhaus tätig. In etwa zehn wird er zuhause wieder erwartet.
Vorher schildert Andreas Voßen, Oberleutnant und Presseoffizier des 2. Einsatzkontingents „Covid Portugal“ der Bundeswehr, Ortmanns Tätigkeit.
In Stichworten: So kam der Einsatz zustande
- Januar 21: Dramatisch hohe Infektionszahlen in Portugal, Intensivstationen landesweit überlastet
- 26.01.21: Eingang des Hilfsersuchens der portugiesischen Gesundheitsministerin an die deutsche Verteidigungsministerin
- 27./28.01.21: Entsendung eines Erkundungsteams des Sanitätsdienstes der Bundeswehr nach Lissabon
- 30.01.21: Alarmierung des zu entsendenden medizinischen Fachpersonals (1. Kontingent unter Leitung des Kommandos Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst)
- 03.02.21: Flug mit Airbus A400M von Wunstorf nach Lissabon
- 08.02.21: Herstellung der Arbeitsbereitschaft und Übernahme 1. Patient
- 23.-25.02.21: Verlegung 2. Kontingent ab Stuttgart (Leitung: Sanitätsregiment 3 aus Dornstadt – Hauptfeldwebel Ortmann gehört dazu) / Übergabe / Ausflug 1. Kontingent
- 26.03.2021: Geplante Rückverlegung des 2. Kontingents und Missionsende
So schildert Presseoffizier Voßen den Ablauf. Die Aufgabe der Soldaten in Lissabon: der Betrieb einer bis dato leer stehenden COVID-Intensivstation, die bis zu acht intensivpflichtige Patienten aufnehmen kann. Diese Intensivstation befindet sich im Hospital da Luz in der portugiesischen Hauptstadt. Sie wurde zum Teil mit deutschen Medizingeräten, etwa Beatmungsgeräten, ausgestattet, die das 1. Kontingent der Bundeswehr mitbrachte. „Diese Medizingeräte werden wir vor Abflug den portugiesischen Behörden überreichen“, berichtet Voßen.
Beide Bundeswehr-Kontingente bestehen aus jeweils 26 Sanitätssoldatinnen und Soldaten – etwa Anästhesisten, Internisten, Notfallmediziner, Hygieniker, dazu Fachkrankenpfleger Anästhesie / Intensivmedizin, Krankenpfleger, Notfallsanitäter, sowie Führungs- und Unterstützungskräfte. Darunter auch der Hauptfeldwebel Volker Ortmann aus Epfendorf-Trichtingen. Seine Aufgaben als Gesundheits- und Krankenpfleger laut dem Presseoffizier: die Patientenpflege (Waschen, künstlich ernähren), das Verabreichung von Medikamenten, die Überwachung der Vitalwerte, die Dokumentation der getroffenen Maßnahmen. „Dabei hat er stets auf das richtige Anlegen und den richtigen Sitz der persönlichen Schutzausstattung zu achten“, so Voßen.
Ein solcher Hilfseinsatz unterscheide sich zudem deutlich von dem in einem deutschen Bundeswehrkrankenhaus. So sind die Schichten zuhause kürzer, dauern 8.45 Stunden anstatt zwölf. Es gebe zuhause einen besseren Personalschlüssel, die Regenerationszeiten für die Beschäftigten seien zuhause länger, erklärt Presseoffizier Voßen.
Er erinnert sich an den Beginn der Mission: „Es war eine Reise ins Ungewisse – für das 1. Kontingent insgesamt, für das 2. bis zum Zeitpunkt der Zusammenziehung in Dornstadt -, weil zu Beginn nicht klar war, wie die Aufgabe aussehen würde. Von dem jetzigen Zustand bis hin zur Patientenbehandlung auf Krankenhausfluren war alles vorstellbar.“ Während das 1. Kontingent vorausging und den Sprung ins kalte Wasser wagen musste, seien die Soldatinnen und Soldaten des 2. Kontingents zwei Tage vor Abflug im Sanitätsregiment 3 in Dornstadt zusammengezogen worden. Dort erhielten sie dann einige grundlegende Einweisungen, die sie auf das, was kommen würde, vorbereitete. „Das gab ihnen etwas Sicherheit“, sagt Voßen. Viele Soldatinnen und Soldaten seien zwar einsatzerfahren, „aber ein solcher Hilfseinsatz in einem (westlichen) Land, das man sonst auch als Urlauber besuchen würde, war eine neue Erfahrung für alle.“
Alle Kontingentmitglieder erhielten vor Abflug eine COVID-19-Impfung, berichtet der Presseoffizier weiter. „Wir wurden direkt am Flugzeug unmittelbar nach der Landung vom deutschen Botschafter sowie des portugiesischen Verteidigungs- und der Gesundheitsministerin begrüßt. Es waren viele Medien dort, die die Ankunft begleiteten.Der Empfang war sehr herzlich, der Gruppe ist vom ersten Moment an Dankbarkeit entgegengebracht worden. Auch auf der Straße, wenn die Menschen von außen durch die Busscheiben schauten und sahen, wer dort drin saß. Die meisten hatten es ja zuvor schon im TV gesehen.“
Die Neuankömmlinge seien dann vom Vorgängerkontingent im Hotel in Empfang genommen und unmittelbar in die aktuelle Lage mittels einer Powerpoint-Präsentation eingewiesen worden. „Wir landeten nachmittags und einige mussten sich direkt auf die Nachtschicht vorbereiten“, erzählt Voßen. Eineinhalb Tage lang seien beide Kontingente gemeinsam auf der Intensivstation beschäftigt gewesen. Die Soldatinnen und Soldaten des 1. Kontingents wiesen die des 2. an den Patienten in ihre Aufgaben ein. „Das lief alles sehr professionell ab – aber natürlich konnte nicht jeder auf alle Eventualitäten vorbereitet werden. Es war trotzdem noch zu Beginn ein Learning by doing.“
Die Verständigung ist mit den Menschen vor Ort läuft laut dem Presseoffizier ganz individuell: „Zum einen sprechen drei Soldatinnen und Soldaten aus dem Kontingent Portugiesisch – ein Arzt ist vor Jahrzehnten nach Portugal ausgewandert, kam aber zwischenzeitlich wieder zurück nach Deutschland, eine Ärztin ist gebürtige Kolumbianerin, hat einen Brasilianer als Lebenspartner und ein Teil ihrer Familie wohnt in Lissabon. Außerdem hat ein Notfallsanitäter eine brasilianische Mutter.“ Daneben gebe es noch zwei zivile Krankenpfleger aus dem Krankenhaus – eine junge Frau und ein junger Mann. Mit der Frau verständigen sich die Deutschen auf Englisch, der Mann ist der Sohn deutscher Auswanderer und spreche fließend deutsch und portugiesch. „Ansonsten verständigen sich die deutschen Soldatinnen und Soldaten mit Händen und Füßen, das funktioniert auch.“
Ursprünglich sei geplant gewesen, drei Kontingente á drei Wochen nach Lissabon zu entsenden, sodass der Einsatz bis in die erste Aprilhälfte hätte laufen können. „Da sich die 7-Tage-Inzidenz in Portugal aber sehr gut entwickelte, kommunizierten die portugiesischen Behörden, dass Sie uns für unseren Einsatz sehr dankbar und ab dem 26. März 2021 nicht mehr auf unsere Unterstützung angewiesen seien“, so Presseoffizier Voßen abschließend.