Minister Lauterbachs Volte in Sachen Corona-Quarantäne bringt für das Gesundheitsamt keine Be- oder Entlastung. Dies sagte Amts-Chef Dr. Heinz-Joachim Adam bei der telefonischen Pressekonferenz heute Vormittag.
Was war geschehen? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich zunächst mit den Bundesländern darauf geeinigt, dass mit Corona Infizierte und ihre Kontaktpersonen, von Ausnahmen abgesehen, freiwillig und nicht zwangsläufig in Quarantäne gehen, die dann auch nicht mehr kontrolliert werden muss. Er begründete dies damit, dass die Gesundheitsämter von der Kontrolle entlastet werden sollen.
Letzte Nacht nun die Kehrtwende vor zwei Millionen Zuschauern in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz: Lauterbach erklärte, dass es doch eine zwingende Absonderung von Infizierten gebe, wenn auch nur noch fünf Tage lang.
Dieses Hin und Her des SPD-Ministers lässt Adam allerdings beruflich ziemlich kalt: In Baden-Württemberg kontrollieren nicht die Gesundheitsämter, ob die Angesteckten auch brav zu Hause bleiben, sondern die Ortspolizeibehörden. „Und bei über tausend Erkrankten werden die nicht viel kontrollieren“, vermutete der Mediziner.
Zahl sinkt deutlich
Die Zahl der mit Corona Infizierten sinkt deutlich, das berichtete Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel: „Wir sind auf Platz eins in Baden-Württemberg!“ Es sei aber auch schon umgekehrt gewesen, erinnerte er sich. Eine ähnliche Entwicklung habe es auch in Nachbarkreisen gegeben – „das zeigt, wie unberechenbar das Virus ist. Wenn es sich in einem Bereich eingenistet hat, ist gleich die ganze Region betroffen.“ Aber: „Es bleibt gefährlich, es ist nicht bloß ein Schnupfen.“ Schwere Erkrankungen und Spätfolgen seien möglich. Er berichtete aus eigener Erfahrung: Wenn er in eine Präsenz-Sitzung gehen müsse, in der keine Masken getragen werden, dann erhalte er regelmäßig Kontaktwarnungen über die Corona-App. Er appellierte daher an die Menschen im Kreis, freiwillig eine Gesichtsmaske zu tragen, um sich zu schützen.
Impfquote über Landes-Schnitt
Die Impfquote im Kreis bezifferte er mit 72,4 Prozent, im Landesdurchschnitt seien es 71,4 Prozent. Und noch zwei Zahlen: Die Sieben-Tage-Inzidenz betrug gestern im Kreis Rottweil 812,6, im Kreis Tuttlingen 896, Konstanz 838,7, der Landesschnitt war 1277,8.
Bei den Alten- und Behindertenheimen sei eine Entspannung feststellbar: 67 Bewohner seien noch erkrankt, 135 waren es in der Vorwoche gewesen, und 57 Beschäftigte nach 101.
Ein Drittel war oder ist angesteckt
Dr. Adam wies darauf hin, dass inzwischen 48.000 Menschen im Kreis eine Corona-Infektion durchgemacht hätten. Das ist, wie wir schnell errechnet haben, etwas über ein Drittel der Bevölkerung. 65 Prozent dieser 48.000 seien in diesem Jahr angesteckt worden.
In Sachen einrichtungsbezogener Impfpflicht hat es laut Adam 400 Meldungen von nicht geimpften Beschäftigten gegeben, davon 181 in Pflegeeinrichtungen, 119 in Krankenhäusern und100 in Praxen.
Geflüchtete
„Die Suche nach Unterkünften läuft auf Hochtouren“, berichtete Sozialdezernentin Angela Jetter. Bis Ende April hat sie 30 Unterkünfte mit 800 Plätzen zur Verfügung, darunter auch das alte Spital in Rottweil, wo in dieser Woche 39 Flüchtlinge einziehen werden, und auch der ehemalige Schafstall auf dem Vaihingerhof. Doch außer dem Spital gebe es nur kleinere Unterkünfte. Als Notunterkunft steht auch wieder die Aula des Berufsschulzentrums in Rottweil mit 155 Plätzen zur Verfügung.
Außer den Neuankömmlingen suchen auch Personen die öffentlichen Unterkünfte, die bislang privat untergebracht waren. Zum einen, weil die Wohnungen für einen längeren Aufenthalt einfach zu klein seien. Und zu anderen gebe es auch Personen, „die schweres Leid erfahren haben“, berichtete Jetter, „sie schreien und verweigern die Nahrungsaufnahme.“
Insgesamt wurden im Kreis laut Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger bis gestern Abend 814 Geflüchtete registriert, davon 194 in Rottweil, 133 in Schramberg und 457 in den übrigen Kreisgemeinden. Die weitaus meisten davon sind Frauen und Kinder, ergänzte Jetter.