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„Wir versuchen, die Lage jederzeit im Griff zu haben. Aber das Land macht es uns sehr schwer.“

Deißlingens Bürgermeister Ralf Ulbrich ist sauer, wie viele seiner Kollegen. Denn die Landesregierung bleibt bei ihrer Praxis, Lockerungen der Corona-Beschränkungen zuerst in einer Pressekonzerenz bekannt zu geben, den Städten und Gemeinden aber erst später die konkreten Regeln für die Umsetzung zu geben. „Wir kriegen die aktuellen Änderungen zum Wochenende hin. Dann können wir am Samstagnachmittag wieder eine Telefonkonferenz machen. Das zieht sich jetzt seit März durch wie ein roter Faden.“

Aktuell steht die Öffnung der Kirchen an. „Wenn mich jetzt Pfarrer Stier anruft, kann ich ihm nicht sagen, wie er ab Montag die Beerdigungen handhaben darf. Das macht keinen Spaß.“ Die Bürgermeister im Landkreis versuchen sich so gut wie möglich zu behelfen, zweimal die Woche gibt es eine Videokonferenz, und man versucht, alle möglichen Quellen anzuzapfen: Oberndorfs Bürgermeister Hermann Acker sitzt in Städtetag, Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr hat gute Kontakte ins Regierungspräsidium, da kommen manche Infos durch, die die Landesregierung noch nicht herausgegeben hat. „Das ist wirklich gut“, so Ulbrich.

Er und seine Kollegen wünschen sich eine andere Art der Kommunikation mit der Landesregierung. Klar könne man keine Telefonkonferenzen mit 1000 Bürgermeistern und der Landesregierung machen, aber dass zuerst die Presse informiert werde und die konkrete Umsetzung vor Ort erst auf den letzten Drücker gemacht werden könne, das sei sehr ärgerlich.

„Wir können ja nicht am Montagmorgen, wenn jemand da steht, sagen, jetzt warten Sie erstmal zwei Stunden, bis wir alles geregelt haben. Wir sind immer die letzten, die informiert werden.“ Dabei seien es ja gerade die Verwaltungen vor Ort, die die die Umsetzung neuer Regelungen organisieren müssen. „Wir müssen uns doch darauf einstellen können!“ Das Problem habe man mehrfach über den Städtetag an die Landesregierung herangetragen, aber bislang habe sich nichts geändert.

Immerhin: Bislang klappt trotzdem alles, eben mit Besprechungen am Samstagnachmittag. Die Schulen und Kindergärten in Deißlingen betreuen derzeit 64 Kinder in Notgruppen, davon sind 46 Kindergartenkinder, das Reinigungspersonal hat mehr Stunden bekommen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Erzieherinnen und Lehrer, die selbst zur Risikogruppe gehören, sind freigestellt. „Das ist jetzt noch händelbar, solange die Gruppen klein sind.“ Sollten sie größer werden, wird es schwierig. So wie vieles andere auch. Die Bürgerversammlung zum Thema Ochsen war für den 21. Mai angesetzt, jetzt wird sie nicht stattfinden können, „wir hatten dafür alles vorbereitet, das ist sehr bedauerlich“, so Ulbrich. Bei der Versammlung sollte es um die Frage gehen, ob das ortsbildprägende Gebäude mit seinem Stufengiebel renoviert oder abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird, ein Thema, das in Deißlingen für viel Wirbel gesorgt hat und noch sorgt.

Auch der Umzug des Kebap-Ladens vom Ochsen in das ehemalige Piccolino am Gupfen werde sich wohl verzögern. Vieles dauere länger, das habe Vor- und Nachteile, sagt der Bürgermeister. „Fast kein Unternehmen oder Planungsbüro arbeitet im Normalbetrieb. Alles ist zäher. Und uns fehlt die komplette Planungssicherheit. Wir können, wie es Ministerpräsident Kretschmann immer sagt, nur auf Sicht fahren.“ Auf der anderen Seite hätten jetzt alle einen Gang zurückgeschaltet, man müsse nicht mehr so schnell reagieren. „Vieles ist sehr entschleunigt, andererseits oft aber auch sehr hemdsärmelig.“

Und dann eben die Landesregierung. „Wir versuchen, die Lage jederzeit im Griff zu haben. Aber das Land macht es uns sehr schwer.“

 

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