Drei Abende haben sich die Landtagskandidatinnen und Kandidaten der sechs aussichtsreicheren Parteien frei genommen, um virtuell mit jungen Leuten über Politik zu beraten. Am Dienstagabend starteten Jugendliche aus der Raumschaft Schamberg bei der vom JUKS³, dem Kommunalen Jugendreferat Dunningen/Eschbronn und dem Kreisjugendring Rottweil organisierten virtuellen Debatte mit ihren Fragen an die Bewerberinnen und Bewerber.
Sonja Rajsp (Bündnis 90/ Die Grünen), Stefan Teufel, MdL (CDU), Torsten Stumpf (SPD), Emil Sänze, MdL (AfD) und Daniel Karrais, MdL (FDP) waren zunächst gesetzt. Dann kam noch Sven Pfanzelt von der Linken hinzu, da seine Partei bei der letzten Wahl zumindest mehr als drei Prozent erreicht hatte.
Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr begrüßte im Namen der drei Gemeinden Schramberg, Dunningen und Eschbronn die etwa 125 zugeschalteten Diskussionsteilnehmer und das Moderatorenteam Fidelis Stehle, den Vorsitzenden des Kreisjugendring Rottweil, und Natalia Nagel, Jungmoderatorin der Landeszentrale für politische Bildung. Sie freue sich sehr, dass so viele Jugendliche und junge Erwachsene dabei sind. Jugendbeteiligung sei wichtig, aber in der aktuellen Zeit sehr schwierig umzusetzen, so Eisenlohr.
Gut vorbereitet
Für die Jugendkonferenz in Schramberg hatten sich Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen Schramberg und des Gymnasiums Schramberg vorbereitet und dann auch Fragen gestellt. Nach einer Vorstellungsrunde baten die Moderatorinnen zur Auflockerung zu einer Schnellfragerunde. Dabei brauchten die Kandidierenden nur mit „Daumen hoch“ oder „Daumen runter“ antworten.
Beim Thema Wählen mit 16 waren Sonja Rajsp, Sven Pfanzelt und Torsten Stumpf dafür. Stumpf hat deutlich gemacht, dass er für das Wahlrecht ab 16 sei und die SPD das einführen wolle. Die Vertreter von AfD, CDU und FDP waren eher dagegen, sie fanden, wählen bedeute Verantwortung zu übernehmen, und das solle man erst mit der Volljährigkeit.
Bildung und Beruf
Beim Thema „Bildung und Beruf“ ging es auch um die geforderten Mindestzahlen bei Berufsschulklassen. Aktueller Anlass: Das Auslaufen des „Technischen Gymnasiums mit Umweltschwerpunkt“ in Schramberg und das weitere Fehlen einer Mechatronikerklasse dort. Für variablere Lösungen plädierten da alle. Sänze fand, je mehr Schularten man anbiete, desto weniger Schüler fänden sich. Stumpf forderte „eine regionale Lösung“. Es gelte, die zentralen Schulstandorte zu stärken. Rajsp kritisierte den Landkreisegoismus. Statt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, sollten die Kreise gemeinsam etwas machen. Teufel plädierte dafür, “artverwandte Berufe“ gemeinsam zu unterrichten, um Berufsschulklassen zu erhalten.
Die Probleme in der Pflege waren ein weiteres Thema, Sänze sah den Staat in der Pflicht, Pflege sei ein Bereich der Daseinsvorsorge. Karrais möchte die Finanzierung der Pflege „auf neue Füße stellen“ und die Bürokratie abbauen. Stumpf verlangte, die Pflegenden müssten „mehr Zeit am Menschen“ bekommen. Pfanzelt fordert bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege.
Schulpolitik und ÖPNV
Wie sie denn die Arbeit von Kultusministerin (und CDU-Spitzenkandidatin) Susanne Eisenmann bewerteten, lautete die nächste Frage: Selbst CDU-Kandidat Stefan Teufel sah da, wie bei allen Kultusministern, „Luft nach oben“. Rajsp kritisierte – auch als Elternbeiratsvorsitzende – die mangelnde Vorbereitung im Sommer auf den zweiten Lockdown. Pfanzelt bemängelte die überfüllten Busse und Sänze kritisierte die vielen Schulexperimente.
Beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wünschten sich alle Kandidatinnen und Kandidaten ein einfaches Tarifsystem. Am besten ein 365 Euro Ticket, das Landesweit in allen Bussen und Bahnen gelten sollte. Hinzu kommen sollte ein Stundentakt, so Rajsp und Stumpf. Teufel möchte das Anrufsammelbussystem ausbauen. Karrais fordert wie Sänze den Ausbau der Gäubahn. Im ländlichen Raum könne der ÖPNV aber nicht alle Bedürfnisse befriedigen, so Karrais. Ein Dieselfahrverbot hielt nur Sonja Rajsp für sinnvoll, wenn wie in Stuttgart die Luftschadstoffe extrem hoch seien.
Wie halten Sie es mit Corona?
In einer offenen Runde am Ende ging es um die Corona-Pandemie. Sänze erklärte, er trage keine Maske, er glaube, bei der COVID-19-Erkrankung handle es sich nur um eine normale Grippe-Pandemie. „Der eine sieht es so, der andere so“, sagte Sänze. „Das soll jeder selbst entscheiden.“ Rajsp mahnte mit Blick auf Italien im vergangenen Frühjahr zur Vorsicht. „Was wäre bei uns wohl passiert ohne den Lockdown?“ Sie kritisierte „ein paar Unbelehrbare“, die in Rottweil und anderswo unbedingt Fasnet machen wollten. Das, wie Sänze mit „Freiheitsliebe“ zu beschönigen, gehe gar nicht.
Stumpf erklärte: „Ich trage eine Maske – und schütze damit andere.“ Auch Teufel warb dafür, „die Pandemie ernst zu nehmen“. Gleichzeitig müsse man einen Weg zur „Öffnung mit Augenmaß“ finden und dabei die AHA-Regeln einhalten. Auch Karrais mahnte, sich “an der eigenen Nase zu fassen und Kontakte zu vermeiden“. Wichtig sei, die „vulnerablen Gruppen zu schützen“. Er forderte klare Kriterien für eine Öffnung.
Zukunft des Autos
Wie die Schlüsselindustrie im Land erhalten werden könnte, lautete eine weitere Frage. Rajsp warb dafür, in Forschung und Entwicklung für alternative Antriebe zu investieren, denn in zehn bis 15 werde der Verbrennungsmotor keine Rolle mehr spielen. Für Stumpf ist wichtig, die Arbeitsplätze zu erhalten. Dazu sei Weiterbildung entscheidend.
Sänze kritisierte, dass der Verbrennungsmotor „verteufelt“ werde. Er sieht die Gefahr, dass Deutschland den Anschluss an die Welt verlieren könnte. Karrais ist überzeugt, nicht der Motor, sondern der Kraftstoff sei das Problem. Er möchte den Wasserstoff voranbringen, auch wenn der „nicht der alleinige Heilsbringer“ sei. Pfanzelt warb für Klimagerechtigkeit und sah in der E-Mobilität wegen ihrer Umweltprobleme bei der Batterieherstellung eine „Übergangstechnologie“.
Cannabis
Weiter ging es um die Legalisierung von Cannabis. Da waren die meisten eher skeptisch, außer für den medizinischen Bereich. Die Gefahr der Einstiegsdroge sprach für Teufel, Sänze und Stumpf gegen eine Freigabe. Pfanzelt warb für eine vorsichtige Legalisierung, Rajsp möchte den Besitz von Cannabis entkriminalisieren. Aber auch für sie steht die „Prävention im Mittelpunkt“.
Einig waren sich schließlich alle von rechts bis links, dass Wählen wichtig ist. So habe man die Chance an der Gesellschaft teilzunehmen. Wählen ist eine Bürgerpflicht. Nur wer gewählt hat, kann hinterher auch kritisieren. Beim Wählen können wir mitentscheiden und die Demokratie mit Leben erfüllen. Da waren sich die Kandidatinnen und Kandidaten einig.