Eine Vermisstensuche nur per Hubschrauber? Ohne die dafür ausgebildeten Hunde einer Rettungshundestaffel? Dieser Fall wirft Fragen auf. Der Vorsitzende der BRH-Rettungshundestaffel etwa fragt, ob hier grob fahrlässiges Handeln vorliege. Doch liegt der Fall offenbar ganz individuell.
Am 6. Mai hatte die Polizei per Hubschrauber im Bereich Dietingen (Kreis Rottweil) nach einem Vermissten gesucht (wir berichteten). Eine Aufsehen erregende Suche, die am frühen Abend begann, gegen 21 Uhr ergebnislos abgebrochen und erst am darauf folgenden Tag wieder aufgenommen worden ist. Dann ist der Gesuchte bald gefunden worden. Tot.
Ein Fall, der besonders diese Fragen aufwirft: Warum hat die Polizei nicht die Rettungshunde zu Hilfe gerufen? Hätten die ausgebildeten Tiere nicht helfen können?
Die NRWZ hatte zunächst von der Vermisstensuche berichtet. Das haben viele Leser verfolgt. Dann von deren Abbruch gegen 21 Uhr – was ein Mitglied der Malteser-Rettungshundestaffel veranlasst hat, uns zu schreiben: „Hubschraubersuche abgebrochen. Ich erwarte eine Alarmierung.“ Das war gegen 22 Uhr. Am darauf folgenden Morgen fragte die NRWZ knapp nach: „Und?“ Der Rettungshundeführer antwortete ebenso knapp: „Nix.“
Die NRWZ meldete noch am Montag kurz nach 21 Uhr, dass die Suche abgebrochen worden sei. Darauf reagierte Markus Mike Bumiller, FDP-Kommunalpolitiker aus Singen (Hohentwiel) und der Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau nahe stehend:
Der Irrsinn geht weiter… gerade aktuell folgende Meldung bekommen. Bisher wurde KEINE der regionalen Hundestaffeln alarmiert!
Es geht um Menschenleben Polizei Rottweil
Die Staffeln stehen 24/7 bereit und haben bestens ausgebildete Teams… warum hier nicht auf regionale Unterstützung gesetzt wird, ist mir schleierhaft,
… schrieb er auf seiner Facebookseite.
Später forderte er, die Polizeipräsidien hätten darauf zu achten, dass sie die Einsätze „gerecht und sinnvoll“ an die entsprechenden Organisationen verteilten.
Nichts dergleichen geschah. Vielmehr nahm die Polizei am frühen Morgen des 7. Mai wieder die Suche per Hubschrauber auf. Die Besatzung wurde nur wenig später fündig. Der Vermisste, ein Mann mittleren Alters, war gefunden worden. Er war verstorben.
Wiederum einen Tag später kam eine weitere Reaktion aus den Reihen der Rettungshundeführer. Heiko Schütt, Vorsitzender der BRH Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau, äußerte sein Unverständnis für die Einsatztaktik der Polizei. Er schrieb an die NRWZ: „Am 6. Mai wurde eine Person mittels Polizeihubschrauber gesucht. Hierbei handelte es sich um keinen Kriminalfall, sondern vielmehr um eine vermisste Person mittleren Alters.“ Dass die Person, nach der nächtlichen Suchpause dann am Morgen gegen 8.30 Uhr gefunden wurde – „ist das ein großer Erfolg oder eher eine fahrlässige Vorgehensweise?“, fragt sich Schütt.
Der Vereinsvorsitzende legt sich fest: „Mit großer Wahrscheinlichkeit“ hätte die Person deutlich früher gefunden werden können, hätte die Einsatzleitung die regionalen Hundestaffeln alarmiert.
„Wir stehen 24 Stunden an 7 Tagen die Woche kostenlos zur Verfügung und können mit unseren Flächenhunden und denen des Malteser-Hilfsdiensts ein Gebiet von mehreren 100.000 Quadratmetern absuchen“, so Heiko Schütt von der Staffel Rottweil-Hegau.
Da es sich bei einer Vermisstensuche zumeist um eine Person in Lebensgefahr handele, stelle sich die Frage, ob das Verhalten der Polizei nicht als ein „grob fahrlässiges Handeln einzustufen“ sei. Auch von Seiten der Malteser Rottweil gebe es Unverständnis am Vorgehen der Polizei, da die Staffel zur Zeit über zehn geprüfte Mantrailer verfüge – speziell zur Personensuche ausgebildete Hunde.
Gerade bei den aktuellen Temperaturen ist eine Unterkühlung der vermissten Person sehr wahrscheinlich und es besteht akute Lebensgefahr. Nicht auf alle verfügbaren Möglichkeiten zurückzugreifen, ist schlichtweg für die vermisste Person und deren Familie unverantwortlich,
… so Schütt.
Die NRWZ wollte von der Polizei wissen, wie der Einsatz ablief. Und bat um eine Stellungnahme. Es dauert ein paar Tage – erst ist der Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit krank, der die Anfrage der NRWZ an sich gezogen habe, wie sein Mitarbeiter berichtet. Und dann hat der Polizeiführer frei, der in jener Nacht des 6. Mai Dienst und damit den Einsatz zu verantworten hat.
Am heutigen Dienstag nun meldet sich der Sprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen. „Wir haben das Protokoll nochmals angeschaut“, schreibt er. Der Mann mittleren Alters sei seit dem 6. Mai vermisst worden. Die Suche startete.
Doch es habe ein Problem gegeben: „Der Gesuchte war mit seinem Fahrzeug unterwegs und wir wussten nicht, wo er sich aufhält“, so der Polizeisprecher. Der Hubschrauber sei „sehr unverzüglich alarmiert“ worden. Und:
Ein Mantrailer-Einsatz hätte während der Nacht absolut keinen Sinn gemacht,
… so Michael Aschenbrenner, Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit im Polizeipräsidium Tuttlingen.
Erst am frühen Dienstagmorgen (ab 4.36 Uhr) sei das Fahrzeug des Gesuchten von einer Streife der Kriminalpolizei entdeckt worden. Danach sei nochmals intensiv nach ihm gesucht worden. Auch der Hubschrauber war wieder im Einsatz. „Die Besatzung“, so Polizist Aschenbrenner, „entdeckte den Mann dann um 7.38 Uhr.“ Wie die NRWZ erfuhr, handelte es sich um einen Suizid.
Dass die Polizei Hunde als Helfer im Hinterkopf hat, bestätigt der Polizeisprecher: „Auch ein polizeieigener Mantrailer-Hund wurde angefordert.“ Ein Einsatz des Hundes sei indes am Morgen aber nicht mehr erforderlich gewesen.
Anmerkung des Verfassers: In einer ersten Version dieses Beitrags haben wir vermeldet, der Gesuchte habe nur noch tot geborgen werden können. So unser Recherchestand am Tag nach der Suche. Ein Leser hat sich gemeldet, es habe zwei Suchen gegeben, diese hier sei glimpflich verlaufen, der Gesuchte lebend gefunden worden, wohingegen eine weitere Suche nach einem Vermissten im Zollernalbkreis nicht so gut ausgegangen sei. Wir können das erst morgen klären und haben den Beitrag entsprechend geändert.
Update: Unsere Recherche war richtig.