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Update für den Gemeindeentwicklungsplan

DEISSLINGEN – Vor fast zehn Jahren entstand der erste Gemeindeentwicklungsplan in Deißlingen: Bürger setzten sich in Gruppen zusammen, um zu überlegen, wie die Gemeinde zukunftsfähig werden kann. Jetzt soll der Plan weiterentwickelt werden, diesesmal sollen aber in den Arbeitsgruppen nicht solche Leute, die sich freiwillig melden, sitzen, sondern zufällig ausgewählt Bürger.

„Es ist Zeit für ein update“, meint Bürgermeister Ralf Ulbrich. Zeit dafür, zu reflektieren, wie weit man gekommen ist und ob sich die Ziele vielleicht verändert haben. Dafür zufällig ausgewählte Leute einzubinden, das wurde in Dornbirn und Filderstadt bereits erfolgreich getestet, „sie hatten dort extrem gute Erfahrungen gemacht“, so Ulbrich, drum versucht man es in Deißlingen nun auch. Allerdings unter erschwerten Bedingungen, denn wo die Städte ihre Sozialmilieus statistisch abbilden können und dann aus den einzelnen Gruppen nach dem Zufallsprinzip Leute anschreiben können, muss man in Deißlingen improvisieren.

„Wir wissen ja, dass in den Neubaugebieten eher junge Familien wohnen und im Ortskern die älteren Leute.“ Bei Rest wird es etwas schwieriger, „aber wir versuchen das so zu steuern, dass alle Bevölkerungsgruppen abgebildet sind.“ Die Leute in die Zukunftsplanung des eigenen Orts miteinzubeziehen, hat mehrere Ziele: „Wir wollen mal andere Leute zu Wort kommen lassen“, und sie natürlich einbinden.

„Unsre Demokratie hat nicht mehr den Rückhalt, den sie haben sollte“, weiß Ulbrich. Leute, die sonst nur über „die da oben“ schimpfen, können hier selbst feststellen, dass alles Vor- und Nachteile hat und ein auf der einen Seite gedrehtes Rädchen Auswirkungen auf der anderen Seite hat. So könnten sich auch neue Blickwinkel ergeben, denn der Gemeinderat spiegele ja nicht alle Schichten wieder: älter als der Durchschnitt, höheres Bildungsniveau und Einkommen. „Wir müssen Demokratie in die Breite tragen!“

Für Ulbrich ist es in heutigen Zeiten aber genauso wichtig, die Menschen an einem Tisch zusammenzubringen. „Hass kommt fast ausschließlich aus Vorurteilen!“ Sein Beispiel, was solche Projekte bewirken können: Irland hat vor einiger Zeit die eigene Verfassung von einem Bürgerrat überarbeiten lassen, dabei begegneten sich konservative Landbewohner und progressive Städter, es entstanden Freundschaften, wo man es nicht erwartet hatte, und am Ende fiel der Paragraph, der bislang gleichgeschlechtliche Ehen verboten hatte.

Durch die Einbindung der Bürger soll der Politikverdrossenheit entgegengewirkt, die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden. Los geht es im Herbst, dann werden die ausgelosten Bürger in verschiedenen Runden nicht öffentlich zu verschiedenen Themen zusammensitzen, moderiert von Thomas Haigis aus Filderstadt, der viel Erfahrung damit hat, und der die richtigen Voraussetzungen mitbringt: Hier braucht es jemanden, der absolut neutral ist und keinerlei Ortskenntnis hat, weiß Ralf Ulbrich.

Dann wird zunächst nicht öffentlich diskutiert, anschließend werden die Ergebnisse an die Öffentlichkeit gebracht und dort weiter diskutiert. Ausgelost und angeschrieben werden für jedes Thema ungefähr 150 Leute, denn auch die Erfahrung hat man in Dornbirn und Filderstadt gemacht: Etwa jeder zehnte Auserwählte macht am Ende tatsächlich auch mit.

 

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