Ab voraussichtlich 15. Januar sollen die Kreisimpfzentren in den Landkreisen für die Corona-Impfung bereitstehen. In Rottweil soll es in der Stadthalle eingerichtet werden. Jetzt bereits werden Ärzte gesucht – die Landesregierung macht diesen ein gutes Angebot. 60 stehen nach Informationen der NRWZ bereits bereit, 98 werden wohl gebraucht.
130 Euro in der Stunde. So viel könnte nach aktueller Lage ein Arzt verdienen, der in einem der Impfzentren arbeitet. Das sei überraschend viel oder auch verhältnismäßig wenig, je nach Sichtweise, meint dazu Dr. Jochen Scherler, Vorsitzender der Kreisärzteschaft Rottweil, im Gespräch mit der NRWZ. Für ihn als inzwischen 70-jährigem Arzt im Ruhestand sei das recht viel Geld, „ich war ziemlich überrascht“, sagt er, „ich habe schon für 50 Euro die Stunde Vertretung gemacht.“ Für einen noch praktizierenden Arzt sei es dagegen eher wenig Honorar, „ein Kassenarzt muss mit 200 Euro pro Stunde im Praxisbetrieb rechnen“, so Scherler. Er selbst wolle im Januar zur Verfügung stehen, im Rottweiler Impfzentrum in der Stadthalle mitmachen.
Der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisvereins Rottweil ist derzeit auf der Suche nach Mitstreitern. Er hat sich an die praktizierenden und nicht mehr aktive Ärzte im Kreis gewandt. In seinem Schreiben heißt es:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, … im Kreisgebiet sollen ein bis zwei Impfzentren eingerichtet werden. In denen wird in zwei 2 Schichten (von 6 bis 22) je sieben Ärzte sieben Tage/Woche gearbeitet. Das wären 98 Ärzte/Woche. Dazu werden noch mobile Impfteams gebildet. Dieses Verfahren soll bis Ende Juni fortgesetzt werden. Dann soll die Impfung in der Regelversorgung stattfinden. Die Honorierung soll sportliche 130 bis 150 EUR pro Stunde betragen.
Dr. Jochen Scherler in einem Infoschreiben an Ärzte im Kreis Rottweil
Etwa 60 Ärzte hätten sich bereits bei ihm gemeldet, so Scherler. Er wirbt weiter.
Scherler aber gibt zu bedenken, dass die Ärzte für dieses „sportliche Honorar“ nur die Impfwilligen aufklären sollen und den Betrieb überwachen. Er hält das für ein wenig unsinnig. „Während ich die anstehende Impfung erkläre, kann ich doch schon die Spritze aufziehen.“ Dafür aber werden medizinisch-technische Assistenten gesucht, MTAs, die allerdings nur 27,50 Euro die Stunde bekommen sollen für ihre Tätigkeit. So jedenfalls sei das derzeit geplant. Insgesamt könne man den Betrieb eines solchen Impfzentrums „sicher schlanker machen“, so der Rottweiler Arzt schmunzelnd.
Die Vorgaben aber macht nicht er, die macht die Landesregierung. In deren Auftrag ist die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) derzeit aktiv, um für die geplanten Impfzentren Ärzte und nicht-ärztliches Personal zu gewinnen. Das bestätigt deren Sprecher, Kai Sonntag, auf Nachfrage der NRWZ. Die KVBW sei dann aber nicht der Betreiber der Impfzentren – laut Scherler stehe dieser aktuell noch gar nicht fest. Die Höhe des Honorars für die Ärzte hat laut Sonntag das Land festgelegt, das auch die Kosten übernimmt. „Die Abrechnung wird aber über die KV erfolgen“, so deren Sprecher.
Es scheint aber noch vieles in der Schwebe zu sein. „Es wird eventuell nicht so umgesetzt werden, wie es jetzt klingt“, sagt Dr. Scherler. Und: „Ob das in Manpower aufwendige Verfahren so umgesetzt werden wird, ist fraglich.“ Es würden dennoch „viele Kollegen gebraucht“. Er bitte deshalb „alle Kollegen im Ruhestand, nicht Tätige und Kollegen in Elternzeit, sowie auch Vertragsärzte, die bereit wären mitzuwirken“, sich bei ihm zu melden.
Auch das Rottweiler Gesundheitsamt sucht Ärzte. „Ich habe bei allen Ärzten, auch den nicht mehr aktiven, angefragt, wer denn bereit sei, die Impfungen dann vorzunehmen“, sagte vor wenigen Tagen etwa der Leiter der Behörde, Dr. Heinz-Joachim Adam, in einem Pressegespräch. Außerdem müsse das auch mit den Hilfsdiensten abgesprochen werden. Eine solche Impfstelle schaffe am Tag bis zu 750 Impfungen – dann ließe sich ausrechnen, wie lange es braucht, wenn sich viele Menschen impfen lassen. Zum Vergleich: Der Landkreis hat rund 140.000 Einwohner, Kinder und Senioren eingeschlossen.
Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel appellierte im selben Pressegespräch an die Menschen im Kreis, sich impfen zu lassen – nicht nur wegen der eigenen Gesundheit, sondern auch, weil sich anders die Pandemie nicht in den Griff kriegen lasse. „Ich hoffe da auf die Einsicht der Bürgerinnen und Bürger“, fand er: „Jeder muss sich fragen, kann ich es verantworten, mich nicht impfen zu lassen.“