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    Prozess um Dreifachmord von Villingendorf: „Warum hast Du das getan?“

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    Im Prozess um den Dreifachmord in Villingendorf ist nun das Martyrium von zwei Frauen deutlich geworden. Ein Mann steht vor Gericht, weil ihm vorgeworfen wird, drei Menschen erschossen zu haben. Darunter seinen eigenen Sohn. Seine Verteidiger versuchen, ihn als vermindert steuerungsfähig einstufen zu lassen.

    Sie spricht leise, mit Akzent, aber wortgewandt, und schaut immer wieder den Vater und mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes auf der Anklagebank an, die Mutter des kleinen Dario, der am 14. September letzten Jahres, am Tag seiner Einschulung, erschossen wurde. Gefasst wirkt die junge, blonde Frau, nur als sie die Tat selbst beschreiben soll, kommt sie ins Stocken, bricht ihr die Stimme, sie weint. Und schaut wieder auf den Angeklagten, Drazen D., der mit niedergeschlagenen Augen da sitzt, ihren Blick nicht erwidert. Bis der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer sie freundlich auffordert: „Schauen Sie mich an, Frau B.“

    Es herrscht vollkommene Stille im vollbesetzten Schwurgerichtssaal, als sie von dem Abend erzählt, wie sie mit ihrem neuen Lebensgefährten und dessen Cousine auf die Terrasse der Einliegerwohnung ging, um eine Zigarette zu rauchen. Und plötzlich D. vor ihnen stand, „schönen Abend“ sagte und sofort schoss. „Er kam wie eine Ratte, nicht wie ein Mann.“ Ihr Lebensgefährte ging sofort zu Boden, erzählt sie mit leiser Stimme, die Cousine brach auf dem Stuhl zusammen. Sie habe Dario an der Terrassentür gesehen, mit zitternden Beinchen, er habe versucht, sich hinterm Vorhang zu verstecken. Der letzte Moment, als sie ihn lebend sah. Die dreijährige Tochter der Cousine habe als einzige geschrieen und sei dann verschwunden. Die Kleine hatte sich in einer Duschkabine versteckt, wo die Polizei sie später fand. Ihr sterbender Lebensgefährte hatte ihr auf russisch gesagt, „Renn, renn, hol die Polizei!“ Und weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass D. auf seinen eigenen Sohn schießen würde, rannte sie, klingelte in mehreren Nachbarhäusern, bis ihr schließlich jemand öffnete. Auf der Flucht hörte sie drei weitere Schüsse. Sie galten ihrem Sohn. „Die Schüsse höre ich heute noch“, sagt sie.

    Es war viel Gewalt in der Beziehung, „das alles zu erzählen, würde drei Tage dauern“, nur einmal gab es eine Gerichtsverhandlung. Damals hatte D. sie zu Boden geprügelt, und sie war geflohen, als er betrunken eingeschlafen war. Nebenan, in die Rettungswache, mit ihrem damals anderthalb Jahre alten Sohn. Doch vor dem Gericht in Konstanz sagte sie nichts, aus Angst. „In Konstanz kriegt man immer Bewährung“, also habe sie so getan, als ob sie ihm verzeihe. „Ich wusste, dass wir sonst nicht sicher sind.“ Sicher wähnte sie sich anfangs in der Wohnung in Villingendorf, doch schließlich wurde ihr und ihrem neuen Partner klar, dass D. sie aufgestöbert hatte. Möglicherweise durch ein Schreiben vom Jugendamt, so vermutet sie. Nachts habe sie jemanden mit Taschenlampe durch den Garten gehen sehen, dann sei ein Rollladen kaputt gewesen, ihr Auto zerkratzt, und ihr Freund habe den roten Kangoo gesehen, den D. damals fuhr.

    Schon zuvor habe D. sie bedroht, einmal auf einem Parkplatz in Singen. Dario habe an der Kasse des Einkaufcenters den Vater entdeckt, sie seien dann ins Auto geflohen, doch D. sei ihnen nachgerannt, habe geschrien und gedroht. „Da waren so viele Leute, aber keiner hat geholfen.“ Dario habe seitdem Alpträume gehabt, kaum noch gegessen. Am Tag der Einschulung jedoch sei er so glücklich gewesen, endlich den Schulranzen aufsetzen zu dürfen, endlich Freunde zu finden, und er sei dann sogar der einzige gewesen, der der neuen Lehrerin Blumen überreicht habe. „Er war immer freundlich, hat im Kindergarten den anderen geholfen, sich anzuziehen“. Aber sie erzählt auch, wie er auf dem Heimweg von der Einschulung von seinem Alptraum in der Nacht zuvor berichtete. „Er hatte von Blut geträumt, von Blut an sich selbst.“

    Schließlich blickt sie wieder zu D. auf die Anklagebank. Fragt ihn: „Warum hast Du das getan?“ Eine Antwort bekommt sie nicht, da schreitet der Vorsitzende ein. Es ist noch nicht soweit, dass D. antworten darf. Sie antwortet selbst: „Er ist ein Teufel. Er soll lebendig verbrennen.“

    Auch die Ex-Frau von D. schildert ein jahrelanges Martyrium. Grün und blau habe er sie geschlagen, ihr ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, bis sie fast erstickte. Ihr gedroht, vor den beiden gemeinsamen Kindern, dass er ihr mit einer Zigarette die Augen ausdrücke, dass er ihr die Kniesehnen durchschneide, damit sie den Rest ihres Lebens im Rollstuhl verbringe. Auch die Kinder habe er töten wollen, seine Tochter, die er sehr liebte. Als sie ihn fragte, warum, habe er gesagt, eben, weil er sie liebe. Er werde danach Selbstmord begehen, und er wolle sie mitnehmen.

    Eines Abends dann habe er die Kinder aus dem Bett geholt und sie zwingen wollen, vom Balkon im zweiten Stock zu springen. „Unten war Beton.“ Das war der Punkt, als sie beschloss, ins Frauenhaus zu fliehen. Danach zog sie nach Oberbayern, brach alle Kontakte ab, doch D. habe alles versucht, sie zu finden. Ihre Cousine erzählt von ständigen Anrufen D.s, er sei eines Tages bei ihr vor der Tür gestanden und habe ihr seine Gewaltphantasien erzählt. Dann habe er gesagt, er werde bei ihr übernachten. „Ich dachte, diese Nacht überlebe ich nicht.“ Panik hatte auch die Ex-Frau, als sie von dem Mord in Villingendorf hörte und dass D. auf der Flucht war. „Da habe ich gedacht, ich sehe meine Kinder zum letzten Mal.“

    Darios Mutter hat inzwischen die Behörden angezeigt, denn sie ist sich sicher, dass der Mord vermeidbar gewesen sei, immerhin habe sie mehrfach von der Gefährlichkeit D.s gewarnt. Sie erzählt auch von seiner Besessenheit, seine Ex-Frau und die Kinder zu finden. Nicht, weil er unter der Trennung gelitten habe, er habe gelitten, „weil er Unterhalt zahlen musste.“ Und dass eines Tages ein Brief vom Jugendamt gekommen sei, in dem die neue Adresse der Ex-Frau stand. Da sei sie aber nicht mehr Thema gewesen, „vielleicht, weil ich jetzt da war.“

    D.s Verteidiger haben am Dienstag einen Antrag gestellt, den Angeklagten hirnorganisch zu untersuchen, um nachzuweisen, dass er eine Störung habe, die seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit einschränkte. Das könnte den Prozess verzögern und dazu führen, dass er eine mildere Strafe bekommt. Bisher ist die Urteilsverkündung für de 26. Juni geplant. Am heutigen Mittwoch werden die Kriminaltechniker befragt, morgen die Sachverständigen des Landeskriminalamts.

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    Im Prozess um den Dreifachmord in Villingendorf ist nun das Martyrium von zwei Frauen deutlich geworden. Ein Mann steht vor Gericht, weil ihm vorgeworfen wird, drei Menschen erschossen zu haben. Darunter seinen eigenen Sohn. Seine Verteidiger versuchen, ihn als vermindert steuerungsfähig einstufen zu lassen.

    Sie spricht leise, mit Akzent, aber wortgewandt, und schaut immer wieder den Vater und mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes auf der Anklagebank an, die Mutter des kleinen Dario, der am 14. September letzten Jahres, am Tag seiner Einschulung, erschossen wurde. Gefasst wirkt die junge, blonde Frau, nur als sie die Tat selbst beschreiben soll, kommt sie ins Stocken, bricht ihr die Stimme, sie weint. Und schaut wieder auf den Angeklagten, Drazen D., der mit niedergeschlagenen Augen da sitzt, ihren Blick nicht erwidert. Bis der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer sie freundlich auffordert: „Schauen Sie mich an, Frau B.“

    Es herrscht vollkommene Stille im vollbesetzten Schwurgerichtssaal, als sie von dem Abend erzählt, wie sie mit ihrem neuen Lebensgefährten und dessen Cousine auf die Terrasse der Einliegerwohnung ging, um eine Zigarette zu rauchen. Und plötzlich D. vor ihnen stand, „schönen Abend“ sagte und sofort schoss. „Er kam wie eine Ratte, nicht wie ein Mann.“ Ihr Lebensgefährte ging sofort zu Boden, erzählt sie mit leiser Stimme, die Cousine brach auf dem Stuhl zusammen. Sie habe Dario an der Terrassentür gesehen, mit zitternden Beinchen, er habe versucht, sich hinterm Vorhang zu verstecken. Der letzte Moment, als sie ihn lebend sah. Die dreijährige Tochter der Cousine habe als einzige geschrieen und sei dann verschwunden. Die Kleine hatte sich in einer Duschkabine versteckt, wo die Polizei sie später fand. Ihr sterbender Lebensgefährte hatte ihr auf russisch gesagt, „Renn, renn, hol die Polizei!“ Und weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass D. auf seinen eigenen Sohn schießen würde, rannte sie, klingelte in mehreren Nachbarhäusern, bis ihr schließlich jemand öffnete. Auf der Flucht hörte sie drei weitere Schüsse. Sie galten ihrem Sohn. „Die Schüsse höre ich heute noch“, sagt sie.

    Es war viel Gewalt in der Beziehung, „das alles zu erzählen, würde drei Tage dauern“, nur einmal gab es eine Gerichtsverhandlung. Damals hatte D. sie zu Boden geprügelt, und sie war geflohen, als er betrunken eingeschlafen war. Nebenan, in die Rettungswache, mit ihrem damals anderthalb Jahre alten Sohn. Doch vor dem Gericht in Konstanz sagte sie nichts, aus Angst. „In Konstanz kriegt man immer Bewährung“, also habe sie so getan, als ob sie ihm verzeihe. „Ich wusste, dass wir sonst nicht sicher sind.“ Sicher wähnte sie sich anfangs in der Wohnung in Villingendorf, doch schließlich wurde ihr und ihrem neuen Partner klar, dass D. sie aufgestöbert hatte. Möglicherweise durch ein Schreiben vom Jugendamt, so vermutet sie. Nachts habe sie jemanden mit Taschenlampe durch den Garten gehen sehen, dann sei ein Rollladen kaputt gewesen, ihr Auto zerkratzt, und ihr Freund habe den roten Kangoo gesehen, den D. damals fuhr.

    Schon zuvor habe D. sie bedroht, einmal auf einem Parkplatz in Singen. Dario habe an der Kasse des Einkaufcenters den Vater entdeckt, sie seien dann ins Auto geflohen, doch D. sei ihnen nachgerannt, habe geschrien und gedroht. „Da waren so viele Leute, aber keiner hat geholfen.“ Dario habe seitdem Alpträume gehabt, kaum noch gegessen. Am Tag der Einschulung jedoch sei er so glücklich gewesen, endlich den Schulranzen aufsetzen zu dürfen, endlich Freunde zu finden, und er sei dann sogar der einzige gewesen, der der neuen Lehrerin Blumen überreicht habe. „Er war immer freundlich, hat im Kindergarten den anderen geholfen, sich anzuziehen“. Aber sie erzählt auch, wie er auf dem Heimweg von der Einschulung von seinem Alptraum in der Nacht zuvor berichtete. „Er hatte von Blut geträumt, von Blut an sich selbst.“

    Schließlich blickt sie wieder zu D. auf die Anklagebank. Fragt ihn: „Warum hast Du das getan?“ Eine Antwort bekommt sie nicht, da schreitet der Vorsitzende ein. Es ist noch nicht soweit, dass D. antworten darf. Sie antwortet selbst: „Er ist ein Teufel. Er soll lebendig verbrennen.“

    Auch die Ex-Frau von D. schildert ein jahrelanges Martyrium. Grün und blau habe er sie geschlagen, ihr ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, bis sie fast erstickte. Ihr gedroht, vor den beiden gemeinsamen Kindern, dass er ihr mit einer Zigarette die Augen ausdrücke, dass er ihr die Kniesehnen durchschneide, damit sie den Rest ihres Lebens im Rollstuhl verbringe. Auch die Kinder habe er töten wollen, seine Tochter, die er sehr liebte. Als sie ihn fragte, warum, habe er gesagt, eben, weil er sie liebe. Er werde danach Selbstmord begehen, und er wolle sie mitnehmen.

    Eines Abends dann habe er die Kinder aus dem Bett geholt und sie zwingen wollen, vom Balkon im zweiten Stock zu springen. „Unten war Beton.“ Das war der Punkt, als sie beschloss, ins Frauenhaus zu fliehen. Danach zog sie nach Oberbayern, brach alle Kontakte ab, doch D. habe alles versucht, sie zu finden. Ihre Cousine erzählt von ständigen Anrufen D.s, er sei eines Tages bei ihr vor der Tür gestanden und habe ihr seine Gewaltphantasien erzählt. Dann habe er gesagt, er werde bei ihr übernachten. „Ich dachte, diese Nacht überlebe ich nicht.“ Panik hatte auch die Ex-Frau, als sie von dem Mord in Villingendorf hörte und dass D. auf der Flucht war. „Da habe ich gedacht, ich sehe meine Kinder zum letzten Mal.“

    Darios Mutter hat inzwischen die Behörden angezeigt, denn sie ist sich sicher, dass der Mord vermeidbar gewesen sei, immerhin habe sie mehrfach von der Gefährlichkeit D.s gewarnt. Sie erzählt auch von seiner Besessenheit, seine Ex-Frau und die Kinder zu finden. Nicht, weil er unter der Trennung gelitten habe, er habe gelitten, „weil er Unterhalt zahlen musste.“ Und dass eines Tages ein Brief vom Jugendamt gekommen sei, in dem die neue Adresse der Ex-Frau stand. Da sei sie aber nicht mehr Thema gewesen, „vielleicht, weil ich jetzt da war.“

    D.s Verteidiger haben am Dienstag einen Antrag gestellt, den Angeklagten hirnorganisch zu untersuchen, um nachzuweisen, dass er eine Störung habe, die seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit einschränkte. Das könnte den Prozess verzögern und dazu führen, dass er eine mildere Strafe bekommt. Bisher ist die Urteilsverkündung für de 26. Juni geplant. Am heutigen Mittwoch werden die Kriminaltechniker befragt, morgen die Sachverständigen des Landeskriminalamts.

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