Proteste von Rüstungsgegnern: Oberndorf im Ausnahmezustand

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Polizei in den Straßen, Stau auf dem Lindenhof, ein Hubschrauber über der Stadt: Oberndorf, Sitz der Rüstungsfirmen Heckler & Koch sowie Rheinmetall, ist an diesem Morgen im Ausnahmezustand. „Wir werden den Produktionsstandort von Heckler & Koch in Oberndorf am Neckar blockieren“, haben Waffen- und Rüstungsgegner für diesen Freitag angekündigt. Die Polizei hat sich entsprechend vorbereitet.

19.18 Uhr: Die Polizei hat einen ausführlichen Bericht veröffentlicht. Wir geben ihn im Wortlaut wieder:

Mit einer starken Präsenz hat die Polizei die angemeldete Demonstration des Aktionsbündnisses „Reinmetall entwaffnen“ am Freitag begleitet. Neben der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und einer ungehinderten Durchführung der Versammlung, war es erklärtes Ziel des Polizeipräsidiums Konstanz, das unter anderem auch für Landkreis Rottweil zuständig ist, einen reibungslosen Ablauf des Schichtdienstbetriebes der Firma Heckler & Koch am Freitag zu gewährleisten. Die Polizei hat sich in den letzten Tagen intensiv mit der Lage beschäftigt und auf einen Einsatz vorbereitet, da im Internet und anderen Kanälen verschiedene Blockadeaktionen in Zusammenhang mit der Versammlung angekündigt worden waren. Daher waren am Freitag von morgens bis abends mehrere Hundert Beamte auch anderer Polizeidienststellen im Einsatz und in der Reserve, darunter Beamte des Polizeipräsidiums „Einsatz“ mit der Polizeireiterstaffel und neben weiteren Spezialisten auch eine Besatzung mit einem Polizeihubschrauber.

Dank der für die Stadt Oberndorf ungewöhnlich hohen Präsenz der Polizei weist die Einsatzbilanz der Polizei am Ende des Tages nur wenige Störungen aus. Schon frühmorgens gegen 5 Uhr stellten Beamte auf der Hochmössinger Straße bei Beffendorf eine Gruppe von rund 100 Personen fest, die zu Fuß in Richtung Oberndorf unterwegs waren. Bei Erkennen der Polizeikräfte flüchteten diese über Ackerflächen und splittete sich in mehrere Gruppen auf. Einsatzkräfte umschlossen zunächst etwa 30 Personen kurzzeitig, kontrollierten diese und erteilten ihnen einen Platzverweis für das Heckler & Koch-Gelände. Eine weitere Gruppe meldete eine Spontanversammlung auf der Fahrbahn zu den Themen „Polizeigewalt, Waffengewalt, Kriegstreiber“ an und führte einen Demonstrationszug auf der Landesstraße 419 in Richtung Heckler-und-Koch-Straße durch, der polizeilich begleitet und abgesichert wurde. Hierdurch kam es zeitweise zu Verkehrsbeeinträchtigungen. Rund 30 weitere Personen blockierten den Kreisverkehr vor dem Werksgelände der Firma Heckler & Koch auf dem Lindenhof. Diese Gruppe wurde auf den festgelegten Versammlungsraum verwiesen. Hierbei kam es durch eine Person zu Widerstandshandlungen. Den anderen Personen wurde ein Platzverweis erteilt. Durch begleitete Polizeikräfte konnten die Mitarbeiter der Firma Heckler & Koch den Schichtwechsel ohne Verzögerungen vornehmen.

Am Nachmittag zog ein Demonstrationszug mit etwa 50 Teilnehmern über die Lindenstraße und Schützensteige in die Oberstadt und dann zu Bahnhof, wo gegen 15 Uhr eine Abschlusskundgebung stattfand. Auf dem Weg dorthin kam es wegen der Enge auf dem Fußweg vom Lindenhof zu kleineren Rangeleien zwischen Polizeibeamten und Versammlungsteilnehmern. Hierbei wurden zwei Polizeibeamte leicht verletzt. Insgesamt wurden von der Polizei 40 Platzverweise ausgesprochen. Eine Person wurde vorübergehend in Gewahrsam genommen. Ein Teilnehmer wurde mit einer leichten Kopfverletzung ins Krankenhaus gebracht.

Zu der angemeldeten Versammlung reisten Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet mit Bussen und anderen Fahrzeugen an. Mehrere Transparente und Fahnen sowie Stangen für Transparente, die gegen die Auflagen der Versammlungsbörde verstießen, wurden von der Polizei sichergestellt.

Die Polizei zieht insgesamt ein positives Fazit. Zu schweren Straftaten oder Ausschreitungen kam es nicht. Auch zum Wochenende hin sind noch verstärkt Einsatzkräfte in Oberndorf vorhanden.

12.45 Uhr: Die Kundgebung in Form eines Tribunals ist seit wenigen Minuten zu Ende. Die Demonstranten ziehen nun noch Richtung Bahnhof. Weiterhin friedlich. Über die Versammlung selbst werden wir noch berichten.

10.18 Uhr: Die Kundgebung der Aktionsgruppe „Rheinmetall entwaffnen“ läuft. Sie soll eine Anklage aus linker Perspektive werden. Kernpunkt: Deutsche Waffen seien für tausende Tote verantwortlich, die Produktion werde staatlich gestützt. Wir werden später ausführlich berichten.

Ort der Kundgebung ist derweil Heckler & Koch, bei Rheinmetall haben sich laut Polizei keine Demonstranten versammelt

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10.12 Uhr: Das Tribunal, die eigentliche Kundgebung, verzögert sich. Es werden noch Teilnehmer erwartet.

10 Uhr: Die Zahl der Demonstrationsteilnehmer ist auf etwa 100 angewachsen. Es ist weiterhin ruhig. 

9.50 Uhr: Ein Demonstrant befinde sich im Krankenhaus, sei von Polizisten niedergeknüppelt worden, heißt es aus den Reihen der Protestierer. Laut Polizei Fake News. Andere berichten, sie hätten einen Demonstranten mit blauem Auge gesehen. Die gegenseitigen Neckereien gehen weiter. Ein Stab, einige Zentimeter länger als erlaubt, muss vor den Augen von Beamten zerbrochen werden.

9.20 Uhr: Die Demonstranten nennen es Schikane: Die Polizei lässt den Bus entladen, die mitgebrachten Stühle müssen getragen werden, der Bus wird nicht vorgelassen.

9.05 Uhr: Die Polizei hat einen Bus mit weiteren Demonstranten gestoppt. Er ist von Beamten umstellt worden. Der Verkehr steht.

8.50 Uhr: Etwa 20 weitere Demonstrierende treffen ein. Transparente werden aufgebaut. Unterdessen gibt es Stress, die Polizei kontrolliere unnötig, heißt es. Der Versammlungsleiter, ein junger Mann, macht den Beamten per Megafon eine Ansage. Es gibt Uneinigkeit zu den Auflagen.

8.45 Uhr: Man will noch das Tribunal halten. Es komme aus Frankfurt, heißt es.

8.20 Uhr: Frierende Demonstranten rufen „Hoch die internationale Solidarität“, beobachtet von Bereitschaftspolizisten und Werksmitarbeitern auf der anderen Seite des Zauns.

8.07 Uhr: Etwa 30 Demonstranten haben sich an der Zufahrt versammelt. Die Polizeipräsenz ist stark.

7.50 Uhr: Die Polizei hat die Demonstranten zunächst aufgefordert, die Zufahrt zu Heckler & Koch zu räumen. Dem seien die Leute nachgekommen. Mit entsprechendem Nachdruck, man habe ein paar von ihnen weg begleitet, so ein eingesetzter Beamter. Die Demonstranten haben sich aufgemacht zu einem örtlichen Supermarkt. Ab acht Uhr dürfen sie zu den Werkstoren von Heckler & Koch zurückkehren.

Unterdessen gab es einen Auffahrunfall: Ein Kleinwagen donnerte in einen Transporter der Polizei. Blechschaden. Der Fahrer des Kleinwagens soll ein Handy in der Hand gehabt haben. Streifenbeamte nehmen den Unfall auf. Er sorgt für zusätzliches Verkehrschaos.

Von der Polizei umstellt: Zufahrt zu Heckler & Koch. Fotos: gg

Unser Erstbericht: Wie viele Demonstranten die kleine Stadt am Neckar aufsuchen werden, ist noch unklar. Fest steht nach Informationen der NRWZ, dass sie auf etwa acht Uhr in großer Zahl anreisen wollen. Dann soll vom Bahnhof aus ein Shuttle-Bus starten. Die Ziele: die Rüstungsunternehmen Rheinmetall am Neckar und Heckler & Koch auf dem Lindenhof. Ein sogenanntes Tribunal soll um 10 Uhr beginnen, eine Kundgebung ist aber ab 9 Uhr in der Heckler-und-Koch-Straße angemeldet, so die Demonstrationsleitung vorab. Bei dem Tribunal soll „die NS-Vergangenheit und die tödlichen Folgen der Waffenproduktion von Heckler & Koch thematisiert werden“, heißt es seitens der Organisatoren. Es sei ihnen wichtig, „klarzumachen, dass wir uns nicht gegen die Werkstätigen richten, sondern gegen die deutsche Waffenindustrie und die Profiteure von imperialistischen Kriegen.“

Etwa 20 Demonstranten haben nach ersten Angaben eines Polizeisprechers die Zufahrt zu Heckler & Koch in den frühen Morgenstunden besetzt.

Die Polizei hat vorgesorgt, ist mit starken Kräften vor Ort. Sie erwartet einen „Blockadetag“ bei den Rüstungsfirmen „Heckler & Koch“ und „Rheinmetall“ in Oberndorf, zu dem ein bundesweit agierende Bündnis „Reinmetall entwaffnen“ aufgerufen gat. Das Bündnis habe diesen Blockadetag entsprechend angemeldet und von der Versammlungsbehörde unter Auflagen genehmigt bekommen, hieß es seitens der Polizei vorab.

„Die Aktion wird von überregional agierenden Gruppierungen mitorganisiert beziehungsweise mitgetragen, unter denen sich polizeilichen Erkenntnissen zufolge teilweise feste Bestandteile gewaltorientierter Angehöriger der linksextremistischen Szene befinden“, teilte ein Polizeisprecher vorab. Die Polizei rechne daher mit verschiedenen Aktionsformen der Gruppierungen, darunter auch Blockadeaktionen mit dem Ziel der Unterbrechung der Produktion bei den Firmen Rheinmetall und Heckler & Koch und Sitzblockaden vor den Zufahrten.

Man habe sich auf die zu erwartende Lage am Freitag mit einer „Besonderen Aufbauorganisation“ für einen Einsatz eingestellt und mit zusätzlich angeforderten Kräften und Polizeieinheiten vorbereitet. Darunter seien auch Beamte der Bereitschaftspolizei sowie ein eigens dafür abgestellter Polizeihubschrauber. „An verschiedenen Punkten in der Kernstadt und auf dem Lindenhof werden am Freitag daher vermehrt Polizeieinsatzkräfte mit Polizeifahrzeugen vorhanden sein, die auch schon in der Nacht zum Freitag verstärkt Kontrollen vornehmen werden“, so die Ankündigung am Donnerstag. Es könne daher zu Verkehrsbehinderungen vor allem in den frühen Morgenstunden und auch im Verlauf des Tages kommen.

Bei dem für den Einsatz zuständigen Polizeipräsidium in Konstanz ist während der Einsatzdauer ein Einsatzstab eingerichtet, der den Polizeieinsatz in Oberndorf koordiniert.

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