back to top
...
    NRWZ.deLandkreis RottweilPfaff und Schlauder: Sanierungssatzung soll es retten

    Pfaff und Schlauder: Sanierungssatzung soll es retten

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Die Pläne eines Investors, im ehemaligen Fabrikgebäude von Pfaff und Schlauder eine Flüchtlingsunterkunft einzurichten und an den Landkreis zu vermieten, sind in der Bevölkerung, im Gemeinderat, aber auch bei Haus- und Grundbesitzerverein auf starke Kritik gestoßen. Nun will die Stadt versuchen, die Pläne durch eine „Aktualisierung und Bekräftigung der Sanierungsziele“ im Sanierungsgebiet Bühlepark zu durchkreuzen. Ob das klappt, ist juristisch umstritten.

    Schramberg. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr erklärte im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT), es gehe darum, die klaren Ziele aus der Sanierungssatzung zu bekräftigen. Diese Ziele besagten, die Stadt wolle die städtebaulichen Missstände in dem Gebiet beseitigen.

    „Massive Missstände“

    Stadtplaner Joschka Joos führte dazu aus, diese „massiven städtebaulichen Missstände“ seien „die bedeutenden Leerstände des ehemaligen Krankenhauses, des Personalwohnheims und von Pfaff und Schlauder“. Zudem gebe es auch Sanierungsbedarf an etlichen privaten Gebäuden. Diese Missstände schwächten den Wohnstandort Talstadt gravierend und ließen „einen ‚Trading down-Effekt‘ für die Talstadt erkennen“.

    Außerdem seien eine bessere Erschließung einzelner Gebäude an der Schillerstraße und eine Verbesserung der Verkehrssituation an der Ecke Berneckstraße/Schillerstraße als Sanierungsziele genannt.

    Joos verwies auf den Bauantrag des Investors, einer Singener Kanzlei, der im Juli bei der Stadt eingegangen sei und in dem die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft für „ca. 200 Personen“ beantragt werde.

    Dies solle in einem Gebiet erfolgen, das jetzt schon städtebauliche Missstände aufweise, so Joos. „Das bringt keine Verbesserung der Wohnsituation.“ Um das zu verhindern, soll nun in der Sanierungssatzung ausdrücklich aufgenommen werden, dass Sammelunterkünfte im Gebiet ausgeschlossen werden.

    Angebote an den Kreis – Eisenlohr: Nicht zuständig

    Als Vertreter der SPD-Buntspechtfraktion freute sich Mirko Witkowski, dass sich alle einig seien, dass diese Sammelunterkunft „überdimensioniert“ wäre. „Weder für die Betroffenen noch für die Anwohner ist das eine vernünftige Lösung.“

    Witkowski wollte wissen, ob der Mietvertrag zwischen Kreis und Investor unterschrieben sei und fragte nach möglichen Regressforderungen. Auch wollte er wissen, ob die Verwaltung dem Kreis Alternativen anbieten könne, wenn der Plan so nicht umzusetzen sei.

    Er erwähnte die Kreissporthalle, die der Kreis gegebenenfalls nutzen könnte – mit entsprechenden Auswirkungen auf die hiesigen Vereine. Es sei ganz klar, die Menschen müssten untergebracht werden. „Aber wenn nicht dort, wo dann?“

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, die das Landratsamt am 5. Januar 2023 über die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen im Pfaff-und-Schlauder-Gebäude unterrichtet hatte, erklärte, sie sei vom Landkreis im Mai 2023 informiert worden, dass der Mietvertrag geschlossen sei. „Das ist unser Kenntnisstand.“

    Eisenlohr verwies auf den Verantwortungsbereich des Kreises für die “vorläufige Unterbringung“ der Geflüchteten während der ersten 24 Monate. „Dafür steht das gesamte Kreisgebiet zur Verfügung.“

    Alternativen

    Volker Liebermann (ÖDP) sah ebenfalls die Gefahr, dass der Kreis seine Sporthalle in Sulgen nutzen müsste, falls Pfaff und Schlauder scheitert. Er fragte nach einer dezentralen Unterbringung auch in Sulgen. Er habe von Angeboten gehört.

    Die Stadt sei sehr für dezentrale Unterbringung im Anschluss. „Da sind wir zuständig“, erwiderte Eisenlohr, „wir bringen es noch hin.“ Ob der Kreis die Kreissporthalle nutzen werde, wenn Pfaff und Schlauder nicht klappe, sei „ein Blick in die Glaskugel“.

    Bei einer Enthaltung von Volker Liebermann stimmte der Ausschuss für die Beschlussempfehlung an den Gemeinderat, in die Sanierungssatzung ausdrücklich den Ausschluss von Sammelunterkünften aufzunehmen.

    Irgendjemand hat vergessen, das Licht bei Pfaff und Schlauder auszumachen. Aufgenommen vom Seilerwegle aus nach der AUT-Sitzung am Donnerstag. Foto: him

    Juristische Fragen

    Zum ‚Trading down-Effekt‘ hatte sich der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins, Jürgen Bett bei der Jahreshauptversammlung geäußert. Bett hatte sich im Namen des Vereins an die Stadt Schramberg und den Gemeinderat gewandt und hier ebenfalls „eine dezentrale Unterbringung der Geflüchteten gefordert“.

    Die Grundeigentümer fürchten, die Flüchtlingsunterkunft könnte die Preise für die umliegenden Immobilien unter Druck geraten lassen.

    Ob die Aktualisierung und Bekräftigung der Sanierungssatzung und der – nachträgliche – Ausschluss von Sammelunterkünften juristisch Bestand haben wird, ist unter Verwaltungsfachleuten umstritten. Ein Jurist sagt der NRWZ: „Das riecht sehr nach Verhinderungsplanung.“

    Der Verwaltungsgerichtshof München entschied im Jahr 2021: „Eine unzulässige Verhinderungsplanung ist gegeben, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit eine auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken.“ Ob das im Fall Pfaff und Schlauder gegeben ist, werden möglicherweise Gerichte entscheiden.

    Liegen die Gutachten zu Altlasten und Denkmalschutz vor?

    Es sei denn der Investor verzichtet von sich aus auf sein Vorhaben, oder es gibt andere gewichtige Gründe, wie die Altlastenproblematik oder den Denkmalschutz, die den Umbau der alten Fabrik in eine Flüchtlingsunterkunft verhindern.

    Da der Bauherr entsprechende Gutachten dem Bauantrag beigefügt haben dürfte, müsste zumindest der Gemeinderat über den Inhalt der Gutachten Bescheid wissen können. Der Öffentlichkeit dürfe sie nicht einmal sagen, ob die Gutachten schon vorlägen, so Eisenlohr im August auf Nachfrage der NRWZ.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Martin Himmelheber (him)
    Martin Himmelheber (him)
    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

    Beiträge

    Dolomiti-Eigentümer klagt gegen Abrissverfügung

    Eine schlechte Nachricht hatte Matthias Rehfuß am Ende der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Der Fachbereichsleiter Recht und Sicherheit musste mitteilen, dass der Eigentümer des ehemaligen Dolomiti...

    Zollfahnder im Rathaus

    Ermittlungen wegen Schwarzarbeit haben zu einer Durchsuchung im Schramberger Rathaus geführt. Vergangene Woche waren Zollfahnder der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor Ort. Dabei gehe es...

    Schramberg drohen magere Jahre

    Eine Haushaltseinbringung ohne Haushaltsrede – das geschieht äußerst selten. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin ist eigentlich der Kern der Haushaltsberatungen. Darin legt...

    Kunst verbindet

    Fünf Künstlerinnen und Künstler haben sich zusammengetan und zeigen ihre Werke in der Vorweihnachtszeit in Schramberg. Im früheren Quickschuhmarkt an der Steige haben sie...

    Stadt bittet Raser zur Kasse

    Die Anschaffung mehrerer stationärer Messanlagen und des mobilen Messfahrzeugs lohnt sich in zweierlei Hinsicht. Davon ist Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß überzeugt. Zum einen hätte die...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Nächster Meilenstein beim Glasfaserausbau

    Der Landkreis Rottweil macht einen großen Schritt in Richtung Gigabitgesellschaft: Mit einem Zuwendungsbescheid in Höhe von 28 Millionen Euro unterstützt der Bund ein weiteres...

    Kran donnert gegen Brücke: 550.000 Euro Schaden

    Massive Verkehrsbehinderungen - nicht durch Schneefall, sondern durch einen Mobilkran. Ein solcher blieb am Freitag an einer Brücke über die B27 bei Dotternhausen hängen.Update,...

    Dolomiti-Eigentümer klagt gegen Abrissverfügung

    Eine schlechte Nachricht hatte Matthias Rehfuß am Ende der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Der Fachbereichsleiter Recht und Sicherheit musste mitteilen, dass der Eigentümer des ehemaligen Dolomiti...

    Zollfahnder im Rathaus

    Ermittlungen wegen Schwarzarbeit haben zu einer Durchsuchung im Schramberger Rathaus geführt. Vergangene Woche waren Zollfahnder der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor Ort. Dabei gehe es...

    Schramberg drohen magere Jahre

    Eine Haushaltseinbringung ohne Haushaltsrede – das geschieht äußerst selten. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin ist eigentlich der Kern der Haushaltsberatungen. Darin legt...

    Sterbefälle, Geburten, Eheschließungen: die Familiennachrichten für Oktober 2024

    Hier veröffentlichen wir die uns von den Standesämtern im Landkreis Rottweil und von unseren Lesern zur Verfügung gestellten Informationen zu den Geburten, Eheschließungen und...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Das interessiert heute

    Die Pläne eines Investors, im ehemaligen Fabrikgebäude von Pfaff und Schlauder eine Flüchtlingsunterkunft einzurichten und an den Landkreis zu vermieten, sind in der Bevölkerung, im Gemeinderat, aber auch bei Haus- und Grundbesitzerverein auf starke Kritik gestoßen. Nun will die Stadt versuchen, die Pläne durch eine „Aktualisierung und Bekräftigung der Sanierungsziele“ im Sanierungsgebiet Bühlepark zu durchkreuzen. Ob das klappt, ist juristisch umstritten.

    Schramberg. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr erklärte im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT), es gehe darum, die klaren Ziele aus der Sanierungssatzung zu bekräftigen. Diese Ziele besagten, die Stadt wolle die städtebaulichen Missstände in dem Gebiet beseitigen.

    „Massive Missstände“

    Stadtplaner Joschka Joos führte dazu aus, diese „massiven städtebaulichen Missstände“ seien „die bedeutenden Leerstände des ehemaligen Krankenhauses, des Personalwohnheims und von Pfaff und Schlauder“. Zudem gebe es auch Sanierungsbedarf an etlichen privaten Gebäuden. Diese Missstände schwächten den Wohnstandort Talstadt gravierend und ließen „einen ‚Trading down-Effekt‘ für die Talstadt erkennen“.

    Außerdem seien eine bessere Erschließung einzelner Gebäude an der Schillerstraße und eine Verbesserung der Verkehrssituation an der Ecke Berneckstraße/Schillerstraße als Sanierungsziele genannt.

    Joos verwies auf den Bauantrag des Investors, einer Singener Kanzlei, der im Juli bei der Stadt eingegangen sei und in dem die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft für „ca. 200 Personen“ beantragt werde.

    Dies solle in einem Gebiet erfolgen, das jetzt schon städtebauliche Missstände aufweise, so Joos. „Das bringt keine Verbesserung der Wohnsituation.“ Um das zu verhindern, soll nun in der Sanierungssatzung ausdrücklich aufgenommen werden, dass Sammelunterkünfte im Gebiet ausgeschlossen werden.

    Angebote an den Kreis – Eisenlohr: Nicht zuständig

    Als Vertreter der SPD-Buntspechtfraktion freute sich Mirko Witkowski, dass sich alle einig seien, dass diese Sammelunterkunft „überdimensioniert“ wäre. „Weder für die Betroffenen noch für die Anwohner ist das eine vernünftige Lösung.“

    Witkowski wollte wissen, ob der Mietvertrag zwischen Kreis und Investor unterschrieben sei und fragte nach möglichen Regressforderungen. Auch wollte er wissen, ob die Verwaltung dem Kreis Alternativen anbieten könne, wenn der Plan so nicht umzusetzen sei.

    Er erwähnte die Kreissporthalle, die der Kreis gegebenenfalls nutzen könnte – mit entsprechenden Auswirkungen auf die hiesigen Vereine. Es sei ganz klar, die Menschen müssten untergebracht werden. „Aber wenn nicht dort, wo dann?“

    Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, die das Landratsamt am 5. Januar 2023 über die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen im Pfaff-und-Schlauder-Gebäude unterrichtet hatte, erklärte, sie sei vom Landkreis im Mai 2023 informiert worden, dass der Mietvertrag geschlossen sei. „Das ist unser Kenntnisstand.“

    Eisenlohr verwies auf den Verantwortungsbereich des Kreises für die “vorläufige Unterbringung“ der Geflüchteten während der ersten 24 Monate. „Dafür steht das gesamte Kreisgebiet zur Verfügung.“

    Alternativen

    Volker Liebermann (ÖDP) sah ebenfalls die Gefahr, dass der Kreis seine Sporthalle in Sulgen nutzen müsste, falls Pfaff und Schlauder scheitert. Er fragte nach einer dezentralen Unterbringung auch in Sulgen. Er habe von Angeboten gehört.

    Die Stadt sei sehr für dezentrale Unterbringung im Anschluss. „Da sind wir zuständig“, erwiderte Eisenlohr, „wir bringen es noch hin.“ Ob der Kreis die Kreissporthalle nutzen werde, wenn Pfaff und Schlauder nicht klappe, sei „ein Blick in die Glaskugel“.

    Bei einer Enthaltung von Volker Liebermann stimmte der Ausschuss für die Beschlussempfehlung an den Gemeinderat, in die Sanierungssatzung ausdrücklich den Ausschluss von Sammelunterkünften aufzunehmen.

    Irgendjemand hat vergessen, das Licht bei Pfaff und Schlauder auszumachen. Aufgenommen vom Seilerwegle aus nach der AUT-Sitzung am Donnerstag. Foto: him

    Juristische Fragen

    Zum ‚Trading down-Effekt‘ hatte sich der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins, Jürgen Bett bei der Jahreshauptversammlung geäußert. Bett hatte sich im Namen des Vereins an die Stadt Schramberg und den Gemeinderat gewandt und hier ebenfalls „eine dezentrale Unterbringung der Geflüchteten gefordert“.

    Die Grundeigentümer fürchten, die Flüchtlingsunterkunft könnte die Preise für die umliegenden Immobilien unter Druck geraten lassen.

    Ob die Aktualisierung und Bekräftigung der Sanierungssatzung und der – nachträgliche – Ausschluss von Sammelunterkünften juristisch Bestand haben wird, ist unter Verwaltungsfachleuten umstritten. Ein Jurist sagt der NRWZ: „Das riecht sehr nach Verhinderungsplanung.“

    Der Verwaltungsgerichtshof München entschied im Jahr 2021: „Eine unzulässige Verhinderungsplanung ist gegeben, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit eine auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken.“ Ob das im Fall Pfaff und Schlauder gegeben ist, werden möglicherweise Gerichte entscheiden.

    Liegen die Gutachten zu Altlasten und Denkmalschutz vor?

    Es sei denn der Investor verzichtet von sich aus auf sein Vorhaben, oder es gibt andere gewichtige Gründe, wie die Altlastenproblematik oder den Denkmalschutz, die den Umbau der alten Fabrik in eine Flüchtlingsunterkunft verhindern.

    Da der Bauherr entsprechende Gutachten dem Bauantrag beigefügt haben dürfte, müsste zumindest der Gemeinderat über den Inhalt der Gutachten Bescheid wissen können. Der Öffentlichkeit dürfe sie nicht einmal sagen, ob die Gutachten schon vorlägen, so Eisenlohr im August auf Nachfrage der NRWZ.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]