Unterbringung von "ca. 200 Personen" würde Sanierungsziel widersprechen / Keine Gespräche mit Investor, keine Angebote an den Kreis

Pfaff und Schlauder: Sanierungssatzung gegen Flüchtlingsunterkunft +++ aktualisiert

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Die Stadt möchte den Plan des Landkreises durchkreuzen, in der ehemaligen Pfaff und Schlauder Fabrik bis zu 200 Geflüchtete unterzubringen. Dazu soll die Satzung des Sanierungsgebiets „Bühlepark“ dienen, zu dem das Gebäude gehört. Der Bebauungsplan ließe die Unterkunft nämlich zu, denn es handelt sich um ein Mischgebiet. Ob Auflagen des Denkmalschutzes und Altlastenprobleme  die Pläne verhindern können, ist zumindest ungewiss.

Schramberg. Nun hat Joschka Joos vom Fachbereich 4 für den Ausschuss für Umwelt und Technik nächste Woche und den Gemeinderat am 26. Oktober vorgeschlagen, man solle die Sanierungsziele für das Sanierungsgebiet „Bühlepark“ aktualisieren und bekräftigen.

Dabei soll insbesondere die Einrichtung von Sammelunterkünften ausgeschlossen werden. Außerdem soll der Gemeinderat die Verwaltung beauftragen, „das Sanierungskonzept möglichst in Abstimmung mit den Eigentümern für das Areal Pfaff und Schlauder zügig zu konkretisieren“.

Schließlich soll der Gemeinderat die Verwaltung ermächtigen, „die erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sanierungsziele auch im Pfaff und Schlauder Areal durchzusetzen“, heißt es im Beschlussvorschlag.

Unterkunft würde Talstadt „gravierend schwächen“

Joos begründet den Vorschlag damit, dass er Gemeinderat im November 2020 in der Sanierungssatzung „Bühlepark“ die „Schaffung eines attraktiven Wohnquartiers und Wohnumfeldes“ als wichtiges Ziel festgelegt habe.

Dabei soll es auch um eine Nachnutzung des seit längerer Zeit leerstehenden denkmalgeschützten Fabrikgebäudes gehen: „Vor allem die Leerstände in exponierter Lage (das ehemalige Krankenhausareal mit Personalwohnheim, die Villa Berneck und das Pfaff & Schlauder Areal) stellen durch ihre untergenutzten Flächen massive städtebauliche Missstände dar, die den Wohnstandort der Talstadt gravierend schwächen und einen Trading-down-Effekt für das Quartier erkennen lassen,“ heißt es im Bericht zu den vorbereitenden Untersuchungen für das Sanierungsgebiet.

Die Stadt strebe weiterhin die Schaffung eines attraktiven Wohnquartiers an. Ziel sei – auch im Bereich der ehemaligen Fabrik – die denkmalschutzgerechte Umgestaltung des Fabrikgebäudes in attraktive Wohnungen.

Jetzt offiziell „ca. 200 Personen“ sollen untergebracht werden

Im Juli 2023 hatte – wie berichtet – die Singener Kanzlei HSG einen Antrag auf Baugenehmigung zur Änderung und Nutzungsänderung der ehemaligen Pfaff und Schlauder Fabrik zur „Asylunterkunft“ eingereicht. Laut der Vorlage sei „ein Umbau des Gebäudes für ca. 200 Personen“ beabsichtigt.

Im Januar hatte das Landratsamt Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr über die Pläne informiert. Mitte Mai hatte das Landratsamt Eisenlohr in einer weiteren Mail geschrieben, man habe einen Mietvertrag mit dem Investor unterschrieben. Im Juni dann hatte Eisenlohr beim Sommerempfang einen entsprechenden Pressebericht bestätigt.

In der Vorlage heißt es dazu: „Nach Kenntnis der Stadt soll das Gebäude für die vorläufige Unterbringung von Geflüchteten durch den Landkreis verwendet werden.“

Stadt für dezentrale Unterbringung

Die Stadt sei sich der großen Herausforderung der Unterbringung geflüchteter Menschen bewusst. „Für die Anschlussunterbringung strebt sie die dezentrale Unterbringung zur besseren Integration an und konnte bislang ausreichend Wohnraum zur Verfügung stellen.“

Zwar gelten für die vorläufige Unterbringung andere Voraussetzungen, die auch eine Unterbringung in größerer Zahl erfordern können. Der Umbau des ehemaligen Fabrikgebäudes mit erheblichen Investitionen bedingt allerdings eine längerfristige Nutzung. Sammelunterkünfte in dieser Größenordnung würden auch funktionierende Stadtteile vor große Herausforderungen stellen.

“Für ein Gebiet, das – wie durch die Sanierungssatzung festgestellt – erhebliche Missstände aufweist, stellt die Ansiedlung einer solchen Sammelunterkunft keine mit dem Sanierungsgebiet bezweckte Verbesserung, sondern eher eine Verschärfung der städtebaulichen Lage dar“, argumentiert Stadtplaner Joos.

Das Sanierungsziel, ein attraktives Wohnquartier und Wohnumfeld sowie weitere Wohneinheiten zu schaffen, werde zumindest erheblich erschwert. Deshalb sollen die Sanierungsziele ausdrücklich um den Ausschluss von Sammelunterkünften im gesamten Sanierungsgebiet ergänzt werden, so Joos abschließend.

Keine Gespräche mit Investor, keine Angebote an den Kreis

Bisher hat die Stadtverwaltung noch nicht mit dem Investor gesprochen, dem Pfaff und Schlauder gehört. Im Beschlussvorschlag heißt es die Stadt solle „möglichst in Abstimmung mit dem Investor“ das Sanierungskonzept zügig konkretisieren. Auf Nachfrage der NRWZ, ob die Stadt bereits im Gespräch mit der Singener Kanzlei HSG sei, antwortet, Stadtsprecher Hannes Herrmann mit „nein.“

Ebenfalls in der Vorlage heißt es, die Stadt strebe die dezentrale Unterbringung an. Gefragt, ob und gegebenenfalls welche Alternativen für die Geflüchtetenunterbringung die Stadt dem Landkreis angeboten habe, antwortet die Verwaltung: “Die Stadt ist nicht verpflichtet, Alternativen anzubieten.“.

 

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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Die Stadt möchte den Plan des Landkreises durchkreuzen, in der ehemaligen Pfaff und Schlauder Fabrik bis zu 200 Geflüchtete unterzubringen. Dazu soll die Satzung des Sanierungsgebiets „Bühlepark“ dienen, zu dem das Gebäude gehört. Der Bebauungsplan ließe die Unterkunft nämlich zu, denn es handelt sich um ein Mischgebiet. Ob Auflagen des Denkmalschutzes und Altlastenprobleme  die Pläne verhindern können, ist zumindest ungewiss.

Schramberg. Nun hat Joschka Joos vom Fachbereich 4 für den Ausschuss für Umwelt und Technik nächste Woche und den Gemeinderat am 26. Oktober vorgeschlagen, man solle die Sanierungsziele für das Sanierungsgebiet „Bühlepark“ aktualisieren und bekräftigen.

Dabei soll insbesondere die Einrichtung von Sammelunterkünften ausgeschlossen werden. Außerdem soll der Gemeinderat die Verwaltung beauftragen, „das Sanierungskonzept möglichst in Abstimmung mit den Eigentümern für das Areal Pfaff und Schlauder zügig zu konkretisieren“.

Schließlich soll der Gemeinderat die Verwaltung ermächtigen, „die erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sanierungsziele auch im Pfaff und Schlauder Areal durchzusetzen“, heißt es im Beschlussvorschlag.

Unterkunft würde Talstadt „gravierend schwächen“

Joos begründet den Vorschlag damit, dass er Gemeinderat im November 2020 in der Sanierungssatzung „Bühlepark“ die „Schaffung eines attraktiven Wohnquartiers und Wohnumfeldes“ als wichtiges Ziel festgelegt habe.

Dabei soll es auch um eine Nachnutzung des seit längerer Zeit leerstehenden denkmalgeschützten Fabrikgebäudes gehen: „Vor allem die Leerstände in exponierter Lage (das ehemalige Krankenhausareal mit Personalwohnheim, die Villa Berneck und das Pfaff & Schlauder Areal) stellen durch ihre untergenutzten Flächen massive städtebauliche Missstände dar, die den Wohnstandort der Talstadt gravierend schwächen und einen Trading-down-Effekt für das Quartier erkennen lassen,“ heißt es im Bericht zu den vorbereitenden Untersuchungen für das Sanierungsgebiet.

Die Stadt strebe weiterhin die Schaffung eines attraktiven Wohnquartiers an. Ziel sei – auch im Bereich der ehemaligen Fabrik – die denkmalschutzgerechte Umgestaltung des Fabrikgebäudes in attraktive Wohnungen.

Jetzt offiziell „ca. 200 Personen“ sollen untergebracht werden

Im Juli 2023 hatte – wie berichtet – die Singener Kanzlei HSG einen Antrag auf Baugenehmigung zur Änderung und Nutzungsänderung der ehemaligen Pfaff und Schlauder Fabrik zur „Asylunterkunft“ eingereicht. Laut der Vorlage sei „ein Umbau des Gebäudes für ca. 200 Personen“ beabsichtigt.

Im Januar hatte das Landratsamt Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr über die Pläne informiert. Mitte Mai hatte das Landratsamt Eisenlohr in einer weiteren Mail geschrieben, man habe einen Mietvertrag mit dem Investor unterschrieben. Im Juni dann hatte Eisenlohr beim Sommerempfang einen entsprechenden Pressebericht bestätigt.

In der Vorlage heißt es dazu: „Nach Kenntnis der Stadt soll das Gebäude für die vorläufige Unterbringung von Geflüchteten durch den Landkreis verwendet werden.“

Stadt für dezentrale Unterbringung

Die Stadt sei sich der großen Herausforderung der Unterbringung geflüchteter Menschen bewusst. „Für die Anschlussunterbringung strebt sie die dezentrale Unterbringung zur besseren Integration an und konnte bislang ausreichend Wohnraum zur Verfügung stellen.“

Zwar gelten für die vorläufige Unterbringung andere Voraussetzungen, die auch eine Unterbringung in größerer Zahl erfordern können. Der Umbau des ehemaligen Fabrikgebäudes mit erheblichen Investitionen bedingt allerdings eine längerfristige Nutzung. Sammelunterkünfte in dieser Größenordnung würden auch funktionierende Stadtteile vor große Herausforderungen stellen.

“Für ein Gebiet, das – wie durch die Sanierungssatzung festgestellt – erhebliche Missstände aufweist, stellt die Ansiedlung einer solchen Sammelunterkunft keine mit dem Sanierungsgebiet bezweckte Verbesserung, sondern eher eine Verschärfung der städtebaulichen Lage dar“, argumentiert Stadtplaner Joos.

Das Sanierungsziel, ein attraktives Wohnquartier und Wohnumfeld sowie weitere Wohneinheiten zu schaffen, werde zumindest erheblich erschwert. Deshalb sollen die Sanierungsziele ausdrücklich um den Ausschluss von Sammelunterkünften im gesamten Sanierungsgebiet ergänzt werden, so Joos abschließend.

Keine Gespräche mit Investor, keine Angebote an den Kreis

Bisher hat die Stadtverwaltung noch nicht mit dem Investor gesprochen, dem Pfaff und Schlauder gehört. Im Beschlussvorschlag heißt es die Stadt solle „möglichst in Abstimmung mit dem Investor“ das Sanierungskonzept zügig konkretisieren. Auf Nachfrage der NRWZ, ob die Stadt bereits im Gespräch mit der Singener Kanzlei HSG sei, antwortet, Stadtsprecher Hannes Herrmann mit „nein.“

Ebenfalls in der Vorlage heißt es, die Stadt strebe die dezentrale Unterbringung an. Gefragt, ob und gegebenenfalls welche Alternativen für die Geflüchtetenunterbringung die Stadt dem Landkreis angeboten habe, antwortet die Verwaltung: “Die Stadt ist nicht verpflichtet, Alternativen anzubieten.“.

 

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