Der Singener Investor hat sein Vorhaben, im ehemaligen Pfaff und Schlauder Gebäude etwa 200 Geflüchtete unterzubringen, nicht aufgegeben. Am Montag erhielten die Nachbarn Post vom Baurechtsamt der Stadt. Nachbarschaftsanhörung. Ende 2023 hatte der Gemeinderat die Sanierungssatzung für das Gebiet geändert und solche Massenunterkünfte als mit den Sanierungszielen unvereinbar erklärt.
Schramberg. Die Baurechtsbehörde hat nun die Nachbarn an der Berneckstraße angeschrieben und ihnen einen Fragebogen zu dem Vorhaben zugesandt. Im Rahmen der Anliegerbeteiligung sollen sie zum Baugenehmigungsverfahren Stellung beziehen.
Nach dem Oktoberbeschluss des Gemeinderats habe es ein Gespräch mit dem Investor gegeben, hatte im Dezember der Sprecher der Stadt der NRWZ berichtet.
Investor hält an Plänen fest
Dies hat aber beim Investor kein Umdenken ausgelöst, bestätigt die Sprecherin des Landratsamtes Andrea Schmider: „Wir haben kein Signal des Investors, dass er von seinem Vorhaben abrücken und das Projekt nicht weiterverfolgen möchte.“
Aber auch für das Schramberger Baurechtsamt scheint der Gemeinderatsbeschluss ohne Bedeutung zu sein. Ansonsten hätte es den Bauantrag ablehnen müssen mit der Begründung, das Vorhaben stehe nicht im Einklang mit den Zielen der Sanierungssatzung. Doch die Baurechtsbehörde hat ganz im Gegenteil den Bauantrag weiterbearbeitet und jetzt die Nachbarschaftsanhörung begonnen.
In dem Schreiben vom 19. Januar, das der NRWZ vorliegt, heißt es, die Antragstellerin “Immobilienkonzept Bodensee“ mit Geschäftsführer Horst Schikorr beabsichtige „die Nutzungsänderung/Umbau der ehemaligen Gewerbeimmobilie in Asylunterkunft, auf dem Grundstück Berneckstraße 68,70,72 74, 74/1 und 76 … in Schramberg-Tal.“
Rat mehrheitlich dagegen
Im Oktober allerdings hatte der Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, dass eine Flüchtlingsunterkunft im Sanierungsgebiet Bühlepark nicht gewünscht sei, weil sie den Sanierungszielen widerspreche.
Statt diesen Beschluss umzusetzen und den Bauantrag mit dieser Begründung abzulehnen, hat die Baurechtsbehörde offenbar den Antrag weiterbearbeitet. Wenn die Baurechtsbehörde den Bauantrag abgelehnt hätte, hätte der Investor dagegen klagen können. OB Dorothee Eisenlohr widerspricht dieser Darstellung – siehe unten.
Auch im Gemeinderat ist von der neuen Entwicklung bisher wohl nichts bekannt. Die Sprecherin der Fraktion SPD-Buntspecht Tanja Witkowski beispielsweise hat das Schreiben ebenfalls gesehen und erklärt, sie wundere sich darüber und habe „keine Nachricht von der Verwaltung zum Sachstand“.
Landratsamt: Mietvertrag gilt
Für das Landratsamt ist klar: „Wir haben einen gültigen Mietvertrag mit dem Investor“, so Schmider, „wenn der Investor bis zum vereinbarten Zeitpunkt die Räume bereitstellt, werden wir den Vertrag erfüllen.“ Danach ist als Termin für den Einzug der 1. Juli 2024 vorgesehen. Bis dahin müssen auch alle Gutachten und Genehmigungen vorliegen.
Eisenlohr: Ganz normaler Verfahrensschritt
Auf unsere Anfrage von Dienstagmorgen antwortet Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr am Mittwochmittag: „Bauanträge, die gestellt werden, sind von der Baurechtsbehörde ganz normal zu bearbeiten.“ Die Nachbaranhörung sei ein von der Landesbauordnung vorgeschriebener Verfahrensschritt.
„Was den Gemeinderatsbeschluss zur Bekräftigung der Sanierungsziele im Sanierungsgebiet Bühlepark, zu dem ‚Pfaff und Schlauder‘ gehört, betrifft, so fließt dieser in die Frage nach der Erteilung oder Nicht-Erteilung der sogenannten ’sanierungsrechtlichen Genehmigung‘ ein“, teilt Eisenlohr weiter mit.
Sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich
Baurecht und Sanierungsrecht seien grundsätzlich zwei voneinander getrennte Rechtsgebiete. Auch wenn die Zuständigkeit für beide sich innerhalb der Stadtverwaltung Schramberg befinde.
Um das „Go“ zur Realisierung zu bekommen, bräuchte das Vorhaben im ehemaligen Pfaff- und Schlauder-Areal sowohl eine Baugenehmigung als auch eine sanierungsrechtliche Genehmigung, erläutert Eisenlohr in ihrer Antwort auf unsere Anfrage.
„Der Gemeinderatsbeschluss wird also, das kann ich Ihnen versichern, vollumfänglich berücksichtigt“, betont Eisenlohr abschließend.