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    NRWZ.deLandkreis RottweilNach tödlichem Messerangriff in Wellendingen: Lebenslang für Ondrej O.

    Nach tödlichem Messerangriff in Wellendingen: Lebenslang für Ondrej O.

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    Wegen Mordes ist der heute 36-jährige Ondrej O. am Freitag zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. „Wir haben uns in acht Verhandlungstagen ein umfangreiches Bild von der Tat machen können“, so der Vorsitzende Richter. Für die Kammer gilt damit als erwiesen: O. hat am Morgen des 25. Januars 2020 seine Lebensgefährtin Monika L. in der gemeinsamen Wohnung in Wellendingen ermordet. Nach einem jahrelangen Niedergang einer Beziehung, die nie unter einem guten Stern gestanden hatte. Das Urteil fiel am Vortag des Geburtstags des ersten Kindes der beiden. Die an jenem Morgen von den Todesschreien ihrer Mutter geweckt wurde. Die besondere Schwere der Schuld O.s wollte die Kammer nicht feststellen.

    Das Gericht lobte die akribische Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei, die das Umfeld des in der Slowakei Geborenen erleuchtet, seine persönlichen Verhältnisse und vor allem die Tat ins Licht gesetzt habe. Der Vorsitzende Richter lobte auch die sachliche Aussagebereitschaft der Zeugen. Es seien keine Fragen offen geblieben. Die Tat: ermittelt. Der Ablauf lag offen zutage. Die Hintergründe: aufgezeigt. Die Frage für die Große Strafkammer am Rottweiler Landgericht daher: die juristische, sogenannte Würdigung. Zu welcher Bestrafung die Tat zu führen habe.

    Die Urteilsbegründung, zusammengefasst: O. und seine Lebensgefährtin hätten versucht, hier in Deutschland Fuß zu fassen. Seiner Partnerin sei das gelungen, ihm nicht. Er habe sich die Sozialhilfe allenfalls mit Betteln aufgebessert, habe in der Zeit vor der Übersiedlung nach Deutschland zu jenen Bettelgruppen gehört, die man aus Großstädten kennt. Er habe auch in Wellendingen nicht gearbeitet – nach Erkenntnissen des Gerichts nicht nur, weil er nicht gewollt hätte, sondern weil er es auch nicht mehr gekonnt habe, angesichts seiner sozialen Entwicklung. Also aus eigenem Willen und Unvermögen arbeitsunfähig. Sein längstes Engagement: drei Monate als Industriereiniger in einer Fleischfabrik. Nachdem er einmal das Fahrtgeld zu einer Betteltour aus dem Heimatland der beiden, Slowenien, nach Deutschland verspielt hatte, kam es zur ersten Trennung. Sie fanden wieder zusammen, die Trennung dauerte acht Monate.

    2005 kam die erste Tochter zur Welt. Sie feiert morgen ihren 16. Geburtstag. Die Kinder leben heute bei der Großmutter in Slowenien.

    Im Februar 2019 kam die Familie nach Wellendingen. „Eine schöne Vierzimmerwohnung mit Bad und Küche“, so der Richter. Für Kaution und Miete sorgte die Frau. Nicht O. Er kam nie über Probe-Arbeitsverhältnisse hinaus. Das Geld war knapp. Weswegen es immer wieder Streit gab. Selbst einen Integrationskurs brach er ab. Nahm lieber Drogen, etwa Cannabis und Amphetamine. Was ebenfalls zu Streit führte. Drogen sind teuer.

    Es kam zu körperlichen Übergriffen auf Monika L. Zunächst auch zu Ausreden, sie sei gestolpert, gefallen, habe sich dabei verletzt. Sie baute derweil einen eigenen Bekanntenkreis auf, integrierte sich, arbeitete. Emanzipierte sich zunehmend von ihrem Lebensgefährten, ging nicht mehr ins Bett mit ihm. Seine Antwort: Er werde eine Trennung nicht akzeptieren, drohte er ihr. Er werde sie umbringen. Er werde sie und dann sich töten. Erstmals war ein Messer im Spiel. Noch nur drohend.

    Eine neue Chance, eine Anstellung in einem kleinen fleischverarbeitenden Betrieb in Blumberg, für beide in Vollzeit, scheiterte nach Auffassung des Gerichts an seinem Unwillen.

    An Silvester 2020 offenbart sie sich ihrer Familie. Sie wolle sich endgültig trennen. Tut es aber nicht gleich. „Sie bleibt dennoch dort“, das seien „ambivalente Signale“ an ihren Partner, so der Richter, die das spätere Opfer die nächsten Tage ausgesandt habe. Dann die Fahrt in die Schweiz, die der Mann nicht verhindert habe. Die Frau und die inzwischen drei Kinder: damit endgültig von ihm getrennt, scheinbar. Er verkriecht sich in seiner Wohnung. Leidet vor sich hin, wird von seinem Kumpel besucht, der ihm rät, „keinen Blödsinn“ zu machen. Er „bombardiert“ sie derweil mit Messenger-Nachrichten, er wolle sich ändern, er liebe sie, wolle sie nicht verlieren, sie sei das Wichtigste in seinem Leben. Fordert sie zugleich auf, sich von Facebookfreunden zum trennen, die ihm nicht passen. Sie macht ihm eindeutig klar, dass es das für sie jetzt gewesen ist.

    Am 24. Januar 2020 kommt sie dennoch zurück nach Wellendingen. Vom Wunsch getrieben, das Leben in Deutschland fortzusetzen – allerdings ohne ihren Partner. Sie hatte gehofft, dass er weg sein würde. „Er war aber noch da“, so der Richter. Er habe sich Hoffnungen gemacht. Habe aber nichts vorweisen können, keine Arbeit.

    Es gab wieder Streit, am Vorabend des Mordes. „Wenn Du in dieser Wohnung bleibst, gehe ich zurück in die Slowakei“, soll sie gedroht haben. Und habe sich dann wieder ins gemeinsame Bett gelegt, den jüngsten Sohn zwischen beiden. Ambivalente Signale.

    Der Morgen der Tat. „Er hatte immer noch die Hoffnung, dass er sie überzeugen könnte“, so der Richter. Der Kleinste geht in die Schule, O. frühstückt in Ruhe, raucht eine, sucht das Gespräch. Sie macht ihm klar: „Ich verlasse Dich, es gibt kein Weiter so, die Trennung steht fest.“ In ihm steigen Wut und Ärger hoch. „Nun hat er sich entschlossen, Monika L. zu töten.“ Er habe ein Küchenmesser genommen, eines mit einer 18 Zentimeter langen, vier Zentimeter breiten, spitz zulaufenden Klinge. Habe seine Frau angegriffen. Und getötet. „Ohne Vorwarnung, mit voller Wucht hat er auf sie eingestochen, durchtrennte ihr zwei Rippen.“ Während die beiden Kinder noch schliefen.

    Allerdings: Das Gericht sah das Opfer als abgestumpft gegenüber den immer wieder ausgestoßenen Drohungen. Sie war schon mehrfach von ihm bedroht worden, auch mit einem Messer. Deshalb habe sie nicht damit gerechnet, dass er es nun tatsächlich tun würde. „Sie hatte keine Angst um ihr Leben, sie dachte nicht, dass der Mann diese Drohungen auch umsetzt“, so der Richter. Sie habe gedacht, dass er ihr nur droht, um sie zu halten. Sie habe sich zudem nicht wehren können, es gebe keine Abwehrverletzungen.

    Die Tochter versucht, noch Hilfe zu holen. Die Retter kommen zu spät. Ihn können sie versorgen, er habe sich lediglich sogenannte „Zauderverletzungen“ zugefügt, keine ernsthaften Stichverletzungen. Der Sohn hatte ihm noch ein Glas Wasser bringen müssen. Dann hielt der Junge die Mutter in seinen Armen, während sie stirbt.

    Die Geschichte des Paares habe vor allem dank der Hinterbliebenen der Getöteten so deutlich aufgezeigt werden können, dank ihrer Mutter und ihrer Schwester, so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Diese beiden hätten dem Opfer einen großen letzten Dienst erwiesen.

    Die Kammer wertete die Tat als heimtückischen Mord. Das Opfer sei arg- und wehrlos gewesen. O.s Verteidiger hatte in seinem Plädoyer darauf abgestellt, dass das spätere Opfer habe wissen können, dass der Mann sie angreifen würde. Insofern nicht arglos gewesen sei, weshalb die Tat als Totschlag zu werten sei. Zu bestrafen mit zwölfeinhalb Jahren Haft. Das sah die Kammer anders. Sie habe nie mit einem tatsächlichen Messerangriff gerechnet, nicht damit, getötet zu werden. Sie habe mehrfach im Vorfeld erklärt, keine Angst vor ihm zu haben. Sie sei immerhin mit ihren drei Kindern in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt. Eben arglos. Und diese Schutzlosigkeit des Opfers habe der Mann erkannt und ausgenutzt.

    Niedere Beweggründe sah die Kammer allerdings nicht als gegeben an. „Jeder Mord ist verwerflich“, so der Richter. Dieser Mann habe seine „szenischen Affekte“ abreagieren wollen, Wut, Verzweiflung. Es sei eine Beziehungstat, nicht zu befürchten, dass der Mann nach mehrjähriger Haftdauer erneut zum Mörder werde. Es sei ihm um dieses eine Opfer gegangen.

    Die Kammer verneinte zudem, die Besondere Schwere der Schuld festzustellen. Dazu hätten mehrere Mordmerkmale gegeben sein müssen, mehrere Straftaten im Kontext der Tötung, etwa um sie zu verschleiern, erklärte der Richter. Das bedeute aber auch, dass es nach 15 Haftjahren nur eine erste Prüfung geben könne, ob der Täter entlassen werden könne. Das müsse gegenüber dem Sicherheitsinteresse der Bevölkerung gerechtfertigt werden können. „Von einer automatischen Aussetzung nach 15-jähriger Haftverbüßungsdauer kann nicht ausgegangen werden“, so der Richter. Durchschnittlich dauere eine lebenslange Haft in Deutschland 19 Jahre.

    O.s Schuldfähigkeit sei allerdings nicht eingeschränkt. Er sei „herzlos und unbeteiligt“ anderen Menschen gegenüber, insofern sozial gestört. Nicht aber psychisch, seelisch krank in einem Sinne, dass es das Strafmaß einschränken könne.

    Von drei Justizbeamten hineingeführt, an den Händen zunächst gefesselt, an den Füßen durchgehend, nahm O. das Urteil wieder mit gesenktem Kopf wahr. Es wurde für ihn simultan in seine Muttersprache Ungarisch übersetzt.

    Er hat nun das Rechtsmittel der Revision.

    Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten eine Verurteilung zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes gefordert. Die Anklägerin zudem auch die Feststellung der Besonderen Schwere der Schuld.

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    Es kam zu körperlichen Übergriffen auf Monika L. Zunächst auch zu Ausreden, sie sei gestolpert, gefallen, habe sich dabei verletzt. Sie baute derweil einen eigenen Bekanntenkreis auf, integrierte sich, arbeitete. Emanzipierte sich zunehmend von ihrem Lebensgefährten, ging nicht mehr ins Bett mit ihm. Seine Antwort: Er werde eine Trennung nicht akzeptieren, drohte er ihr. Er werde sie umbringen. Er werde sie und dann sich töten. Erstmals war ein Messer im Spiel. Noch nur drohend.

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    An Silvester 2020 offenbart sie sich ihrer Familie. Sie wolle sich endgültig trennen. Tut es aber nicht gleich. „Sie bleibt dennoch dort“, das seien „ambivalente Signale“ an ihren Partner, so der Richter, die das spätere Opfer die nächsten Tage ausgesandt habe. Dann die Fahrt in die Schweiz, die der Mann nicht verhindert habe. Die Frau und die inzwischen drei Kinder: damit endgültig von ihm getrennt, scheinbar. Er verkriecht sich in seiner Wohnung. Leidet vor sich hin, wird von seinem Kumpel besucht, der ihm rät, „keinen Blödsinn“ zu machen. Er „bombardiert“ sie derweil mit Messenger-Nachrichten, er wolle sich ändern, er liebe sie, wolle sie nicht verlieren, sie sei das Wichtigste in seinem Leben. Fordert sie zugleich auf, sich von Facebookfreunden zum trennen, die ihm nicht passen. Sie macht ihm eindeutig klar, dass es das für sie jetzt gewesen ist.

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    Niedere Beweggründe sah die Kammer allerdings nicht als gegeben an. „Jeder Mord ist verwerflich“, so der Richter. Dieser Mann habe seine „szenischen Affekte“ abreagieren wollen, Wut, Verzweiflung. Es sei eine Beziehungstat, nicht zu befürchten, dass der Mann nach mehrjähriger Haftdauer erneut zum Mörder werde. Es sei ihm um dieses eine Opfer gegangen.

    Die Kammer verneinte zudem, die Besondere Schwere der Schuld festzustellen. Dazu hätten mehrere Mordmerkmale gegeben sein müssen, mehrere Straftaten im Kontext der Tötung, etwa um sie zu verschleiern, erklärte der Richter. Das bedeute aber auch, dass es nach 15 Haftjahren nur eine erste Prüfung geben könne, ob der Täter entlassen werden könne. Das müsse gegenüber dem Sicherheitsinteresse der Bevölkerung gerechtfertigt werden können. „Von einer automatischen Aussetzung nach 15-jähriger Haftverbüßungsdauer kann nicht ausgegangen werden“, so der Richter. Durchschnittlich dauere eine lebenslange Haft in Deutschland 19 Jahre.

    O.s Schuldfähigkeit sei allerdings nicht eingeschränkt. Er sei „herzlos und unbeteiligt“ anderen Menschen gegenüber, insofern sozial gestört. Nicht aber psychisch, seelisch krank in einem Sinne, dass es das Strafmaß einschränken könne.

    Von drei Justizbeamten hineingeführt, an den Händen zunächst gefesselt, an den Füßen durchgehend, nahm O. das Urteil wieder mit gesenktem Kopf wahr. Es wurde für ihn simultan in seine Muttersprache Ungarisch übersetzt.

    Er hat nun das Rechtsmittel der Revision.

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