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    Münster: Für Sänze ist Merkel schuld

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    (him, gg). Die Amokfahrt in Münster, bei der am Anfang April zwei Menschen getötet und 20 verletzt worden sind, hat keinen islamistischen Hintergrund. Das ist auch bei dem Landtagsabgeordneten der AfD für den Wahlkreis Rottweil, Emil Sänze, angekommen. Und doch hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Schuld an dem Verbrechen – so jedenfalls Sänze. Seine durchaus abenteuerliche Argumentation hat die NRWZ einem kleinen Faktencheck unterzogen.

    Hinweis: Sänze hat sein Posting inzwischen gelöscht – es war auf seiner offiziellen Seite „Emil Sänze MdL stellv. Fraktionsvorsitzender AfD Fraktion Baden-Württemberg“ erschienen. Im Netz kursieren allerdings Screenshots. Oder, für aufrechte Deutsche: Bildschirmfotos.

    Sänze hat seine Sicht der Dinge seinerzeit auch per Pressemitteilung verbreiten lassen.

    Nach der Amokfahrt von Münster gab es aus der rechten Ecke rasch eindeutige Zuweisungen. Als sich herausstellte, der Täter war ein psychisch kranker 49-jähriger Mann aus dem Sauerland, hatte der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Rottweil, Emil Sänze, den Dreh dennoch gefunden, wie die schreckliche Tat in seine Gedankenwelt einzuordnen wäre. Er schrieb (Rechtschreibung im Original):

    „Welch Erleichterung für Angela Merkel, es waren nicht ihre geliebten Gäste, es war ein verwirrter kranker ‚Deutscher‘ aus dem Sauerland … Die Frage stellt sich nur … mussten friedliche Bürger, die nur ihren Kaffee in der lauen Frühlingssonne genießen wollten, sterben weil psychisch Kranke aus allen Herren Ländern therapiert werden und die notwendigen Kapazitäten für die Kranken der eigenen Bevölkerung fehlen?”

    Bei solchen Sätzen kann man sich natürlich fragen, wie ein Facebook-Kommentator das auch tat, ob Sänze beim Verfassen dieses Textes angetrunken war. Man kann sich dafür „fremdschämen” oder das „an den Haaren herbeigezogen” finden, wie das selbst eine „große Unterstützerin der AfD” tut. Oder, wie es jemand formuliert:

    „Eine gute Portion Kreativität kann man Ihnen nicht absprechen, Emil Sänze: Dreht man einen Sachverhalt lang genug hin und her, findet man beim dritten Ums-Eck-Denken dann doch noch den gewünschten „Danke-Merkel”-Bezug. Vermutlich würden Sie dieses Kunststück auch dann noch hinkriegen, falls eines Tages ein AfD-Politiker durchdrehen und in einer Grundschule Amok laufen sollte …”

    Sänze, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag, bleibt auch auf diesen Kommentar hin dabei (O-Ton): „Man muss nicht um die Ecke denken, es gibt Kausalitäten… die nicht von der Hand zu weisen sind … Wenn ein Volk, je nach Berechnungsart, seine Steuern in konsumtive Ausgaben steckt, wird es für die anstehenden Herausforderungen keine Mittel mehr haben … Altersversorgung, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Kultur, Wissenschaft, Polizei, Bundeswehr und vieles mehr… Und angesicht eines Gesamtaufwands von bis zu 90Mrd. /jährlich, nur um eine angebliche Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen, zeigt das gesamte Dilemma auf.”

    Gut. Dann halten wir fest: Der Mann mit den vielen Pünktchen glaubt, dass psychiatrische Einrichtungen durch Flüchtlinge belegt seien, weshalb „Kranke der eigenen Bevölkerung” nicht unterkämen und am Ende exakt das auf den Attentäter zutrifft.

    Die NRWZ versucht daher einen kurzen Faktencheck. Wir können nicht überprüfen, wie die Lage für Jens R., den Amokfahrer, persönlich war. Aber wir können schauen, wie stellt sich die Lage für seelisch Kranke im Land und konkret im Kreis Rottweil dar. Im Wahlkreis des Abgeordneten. Wurde jemals ein Mensch, der selbstmordgefährdet ist, in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus abgewiesen, weil keine Kapazitäten frei waren? Das haben wir das Landesgesundheitsministerium gefragt. Antwort von Ministeriumssprecher Markus Jox: „Uns ist kein Fall bekannt.”

    Beim Gesundheitsamt im Kreis Rottweil versichert Dr. Heinz-Joachim Adam: „Wir haben eine gute psychiatrische Versorgung und hohe Kapazitäten.” Das gelte sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Behandlung. „Von unzumutbaren Wartezeiten ist mir nichts bekannt”, so der Chef des Gesundheitsamtes. In dringenden Fällen gebe es die Notfallambulanzen. Dr. Adam betont aber, dass die Behandlung freiwillig ist. Taten wie die in Münster seien nicht zu verhindern. Seine Kollegin Dr. Christiane Ranke weist darauf hin, dass nach einer Untersuchung der Ärzteschaft nur 43 Prozent der psychisch Kranken Kontakt zum Gesundheitswesen, also Psychiatern oder Kliniken, haben. Seelische Erkrankungen würden immer noch stigmatisiert.

    Rainer Pfautsch, Sprecher des Vinzenz-von-Paul-Hospitals in Rottweil – nach Unternehmensangaben ein  psychiatrisch-neurologisches Kompetenzzentrum -, erklärt, eine Statistik darüber, „wie viele ausländische Patienten bei uns im Haus behandelt werden, wird nicht geführt, da dies für uns abrechnungstechnisch nicht relevant ist.” Das Rottenmünster mit 467 Klinikbetten, 93 tagesklinischen Plätzen sowie verschiedenen ambulanten Behandlungsangeboten versorge vier Landkreise mit mehr als 600.000 Einwohnern.

    Pfautsch betont: „Behandlungsbedürftige Patienten und insbesondere akut suizidgefährdete Menschen werden grundsätzlich nicht abgewiesen.”

    Eine Zahl zur Herkunft der Patienten in Rottenmünster hat Pfautsch aber doch, und die betrifft „Merkels geliebte Gäste”, wie sie Sänze nennt: Die Behandlungszahlen von Asylbewerbern im stationären psychiatrischen Bereich würden nämlich erfasst. Sie seien „mit einem Anteil von unter einem Prozent unserer behandelten Patienten allerdings recht gering”.

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    Hinweis: Sänze hat sein Posting inzwischen gelöscht – es war auf seiner offiziellen Seite „Emil Sänze MdL stellv. Fraktionsvorsitzender AfD Fraktion Baden-Württemberg“ erschienen. Im Netz kursieren allerdings Screenshots. Oder, für aufrechte Deutsche: Bildschirmfotos.

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    Nach der Amokfahrt von Münster gab es aus der rechten Ecke rasch eindeutige Zuweisungen. Als sich herausstellte, der Täter war ein psychisch kranker 49-jähriger Mann aus dem Sauerland, hatte der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende und Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Rottweil, Emil Sänze, den Dreh dennoch gefunden, wie die schreckliche Tat in seine Gedankenwelt einzuordnen wäre. Er schrieb (Rechtschreibung im Original):

    „Welch Erleichterung für Angela Merkel, es waren nicht ihre geliebten Gäste, es war ein verwirrter kranker ‚Deutscher‘ aus dem Sauerland … Die Frage stellt sich nur … mussten friedliche Bürger, die nur ihren Kaffee in der lauen Frühlingssonne genießen wollten, sterben weil psychisch Kranke aus allen Herren Ländern therapiert werden und die notwendigen Kapazitäten für die Kranken der eigenen Bevölkerung fehlen?”

    Bei solchen Sätzen kann man sich natürlich fragen, wie ein Facebook-Kommentator das auch tat, ob Sänze beim Verfassen dieses Textes angetrunken war. Man kann sich dafür „fremdschämen” oder das „an den Haaren herbeigezogen” finden, wie das selbst eine „große Unterstützerin der AfD” tut. Oder, wie es jemand formuliert:

    „Eine gute Portion Kreativität kann man Ihnen nicht absprechen, Emil Sänze: Dreht man einen Sachverhalt lang genug hin und her, findet man beim dritten Ums-Eck-Denken dann doch noch den gewünschten „Danke-Merkel”-Bezug. Vermutlich würden Sie dieses Kunststück auch dann noch hinkriegen, falls eines Tages ein AfD-Politiker durchdrehen und in einer Grundschule Amok laufen sollte …”

    Sänze, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag, bleibt auch auf diesen Kommentar hin dabei (O-Ton): „Man muss nicht um die Ecke denken, es gibt Kausalitäten… die nicht von der Hand zu weisen sind … Wenn ein Volk, je nach Berechnungsart, seine Steuern in konsumtive Ausgaben steckt, wird es für die anstehenden Herausforderungen keine Mittel mehr haben … Altersversorgung, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Kultur, Wissenschaft, Polizei, Bundeswehr und vieles mehr… Und angesicht eines Gesamtaufwands von bis zu 90Mrd. /jährlich, nur um eine angebliche Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen, zeigt das gesamte Dilemma auf.”

    Gut. Dann halten wir fest: Der Mann mit den vielen Pünktchen glaubt, dass psychiatrische Einrichtungen durch Flüchtlinge belegt seien, weshalb „Kranke der eigenen Bevölkerung” nicht unterkämen und am Ende exakt das auf den Attentäter zutrifft.

    Die NRWZ versucht daher einen kurzen Faktencheck. Wir können nicht überprüfen, wie die Lage für Jens R., den Amokfahrer, persönlich war. Aber wir können schauen, wie stellt sich die Lage für seelisch Kranke im Land und konkret im Kreis Rottweil dar. Im Wahlkreis des Abgeordneten. Wurde jemals ein Mensch, der selbstmordgefährdet ist, in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus abgewiesen, weil keine Kapazitäten frei waren? Das haben wir das Landesgesundheitsministerium gefragt. Antwort von Ministeriumssprecher Markus Jox: „Uns ist kein Fall bekannt.”

    Beim Gesundheitsamt im Kreis Rottweil versichert Dr. Heinz-Joachim Adam: „Wir haben eine gute psychiatrische Versorgung und hohe Kapazitäten.” Das gelte sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Behandlung. „Von unzumutbaren Wartezeiten ist mir nichts bekannt”, so der Chef des Gesundheitsamtes. In dringenden Fällen gebe es die Notfallambulanzen. Dr. Adam betont aber, dass die Behandlung freiwillig ist. Taten wie die in Münster seien nicht zu verhindern. Seine Kollegin Dr. Christiane Ranke weist darauf hin, dass nach einer Untersuchung der Ärzteschaft nur 43 Prozent der psychisch Kranken Kontakt zum Gesundheitswesen, also Psychiatern oder Kliniken, haben. Seelische Erkrankungen würden immer noch stigmatisiert.

    Rainer Pfautsch, Sprecher des Vinzenz-von-Paul-Hospitals in Rottweil – nach Unternehmensangaben ein  psychiatrisch-neurologisches Kompetenzzentrum -, erklärt, eine Statistik darüber, „wie viele ausländische Patienten bei uns im Haus behandelt werden, wird nicht geführt, da dies für uns abrechnungstechnisch nicht relevant ist.” Das Rottenmünster mit 467 Klinikbetten, 93 tagesklinischen Plätzen sowie verschiedenen ambulanten Behandlungsangeboten versorge vier Landkreise mit mehr als 600.000 Einwohnern.

    Pfautsch betont: „Behandlungsbedürftige Patienten und insbesondere akut suizidgefährdete Menschen werden grundsätzlich nicht abgewiesen.”

    Eine Zahl zur Herkunft der Patienten in Rottenmünster hat Pfautsch aber doch, und die betrifft „Merkels geliebte Gäste”, wie sie Sänze nennt: Die Behandlungszahlen von Asylbewerbern im stationären psychiatrischen Bereich würden nämlich erfasst. Sie seien „mit einem Anteil von unter einem Prozent unserer behandelten Patienten allerdings recht gering”.

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