DEISSLINGEN – Auf Einladung der grünen Landtagsabgeordneten Martina Braun besuchte Verkehrsminister Winfried Hermann am Montag Deißlingen. Im Mittelpunkt stand dabei das betriebliche Mobilitätsmanagement, also die Frage, wie die Leute in ihre Firma und wieder nach Hause kommen. Zur Runde gehörten daher auch Firmen-, Ringzug- und IHK-Vertreter sowie die Bürgermeister von Deißlingen und Niedereschach und Vertreter der Landratsämter Rottweil und Schwarzwald-Baar. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Bahn, die trotz Versprechen weder den Güterverkehr noch den Ausbau der Gäubahn vorantreibt.
„Es
gibt keinen Stall, in dem ich so oft war wie hier“, witzelte Hermann in
Anspielung auf den Hagestall, in dem man sich traf. Deißlingens
Schultes Ralf Ulbrich hatte auch gleich Kritik: Ein 250 Meter langer
Radstreifen zwischen zwei Ortsschildern wird vom MInisterium
ausgebremst, das doch eigentlich auf Radeln setzt. Und sein
Niedereschacher Kollege kritisierte einen Engpass bei der den Ort
durchlaufenden Landstraße, wo LKWs auf Gehwege ausweichen müssen und ein
Vertreter des Ministeriums einst meinte, wenn hier ein Unfall passiere,
werde man die Strecke für LKWs sperren. Soweit werde er es nicht kommen
lassen, versprach der Minister, er werde sich persönlich darum kümmern,
und in Sachen Radschutzstreifen außerorts seien nun die Regeln geändert
worden, da müsste sich also auch bald was tun.
Viel
Ärger hatte auch Bettina Schuler-Kargoll von Schuler Rohstoffe
mitgebracht: „Schrott gehört auf die Bahn!“, doch von der höre sie seit
29 Jahren, man habe nicht genug Waggons, mal wegen der Rübenernte, dann
wegen Niedrigwassers. Ihre Firma wolle mehr mit der Bahn verladen, habe
die Infrastruktur, das teuer geschulte Personal, werde aber seit Jahren
ausgebremst und müsse auf LKWs setzen. „So handelt man sich den Ärger
der Bürger ein!“, so die Firmenchefin zum grünen Minister. Der ihr
anbot, ihren Ärger aufzuschreiben, das werde er an die zuständigen
Stellen weiterleiten. Er selbst hat da auch einen dicken Hals: „Seit 20
Jahren sagen alle Verkehrsminister, sie wollen Güter auf die Bahn
bringen, und die baut die Infrastruktur dafür ab.“
Hermanns
liebe Not mit der Bahn betrifft auch die Gäubahn: die habe zwar seit er
in der Politik sei nur Befürworter, dennoch tue sich nichts. Für die
Entscheider bei Bund und Bahn sei das eine Krautbahn am Südwestende des
Landes, schon des Namens wegen. „Sie haben jetzt ein Jahr lang
gebraucht, nur um die Finanzierungsvereinbarung zu unterschreiben.“ Er
habe da schon viele böse Briefe geschrieben. Dabei sei der Ausbau
vergleichsweise einfach zu machen, der Platz für die Gleise sei da, es
gebe keine seltenen Tiere, „und es gibt keine Bürgerinitiative“, wie
Martina Braun schmunzelnd einwandte. „Nach meiner Beobachtung gibt es
bei Bund und Bahn Leute, die das eigentlich nicht wollen.“ so Hermann.
Er könne inzwischen sogar das Referat in Berlin nennen, das immer einen
Grund finde, dass der Ausbau nicht kommt. Das Land habe inzwischen
Neigetechzüge ausgeschrieben, obwohl es dafür eigentlich nicht zuständig
wäre. „Wir bleiben dran.“
Thomas
Albiez, IHK-Geschäftsführer, mahnte einen Kümmerer für die Koordination
der betrieblichen Mobilität an, den es einmal gab, doch im Rahmen einer
Projektförderung, wie Hermann erläuterte, das ginge nicht dauerhaft.
Sein Vorschlag: Die Firmen sollten sich zusammenschließen und selbst
jemanden anstellen, das könne man dann wieder als Projekt fördern. Dass
das Thema für den Klimawandel enorm wichtig ist, da war man sich einig,
machen doch die Fahrten zur Arbeit und zurück einen großen Anteil am
Individualverkehr aus. Mehr ÖPNV, Fahrgemeinschaften, E-Bike-Förderung
durch die Firmen, damit könnte viel erreicht werden, aber dafür brauche
man eben jemanden, so Albiez. Hermann wies auch darauf hin, dass die
Firmen mit in der Verantwortung seien: Früher habe man dem Personal
Häuser hingestellt oder die Leute mit dem Bus zur Arbeit geholt.
Gute
Nachrichten hatte der Minister für den Ringzug: Die Elektrifizierung
werde kommen, Berlin habe viel Geld und wenig Projekte, da sollten sich
die Zuständigen vom Ringzug also beeilen mit dem Planen. Und schließlich
outete er sich als Maut-Fan, allerdings sollte das eine Nutzer-Maut
werden, keine für Ausländer. Und eine mit unterschiedlichen Preisen zu
bestimmten Zeiten, damit könne man die Verkehrsströme steuern. „Wenn die
Schulen einen gestaffelten Anfang wagen würden“, hätte man das Problem
morgens übervoller und danach halbleerer Busse auch nicht mehr.