back to top
...
    NRWZ.deLandkreis RottweilLandwirte im Kreis leiden unter Kosten-Explosion

    Landwirte im Kreis leiden unter Kosten-Explosion

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Kein Mehl und Sonnenblumenöl in den Regalen, steigende Preise für viele Lebensmittel: Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Corona-Pandemie sind beim Einkauf derzeit deutlich zu spüren. Aber was bedeuten die Entwicklungen für die Landwirtschaft im Landkreis Rottweil? Die NRWZ hat nachgefragt.

    Bauen die Landwirte jetzt mehr Weizen an?

    Es klingt verlockend: Der Börsen-Preis für die Tonne Weizen hat sich seit Mitte Februar auf über 400 Euro fast verdoppelt – gute Aussichten also für Erzeuger. Der Haken: „Weizen wird im Herbst ausgesät. Die Ernte für Herbst liegt schon lange im Boden“, erklärt Hans Klaiber, der Leiter des Rottweiler Landwirtschaftsamts auf Anfrage der NRWZ.

    Dass die Weizenpreise so durch die Decke gehen und Mehl im Regal zeitweise fehlt, liegt laut Klaiber auch nicht an der hiesigen Produktion. „Wir liegen in Deutschland bei über 100 Prozent Selbstversorgung“, erläutert der Amtsleiter. Aber Agrarmärkte sind international ausgelegt – und derzeit laufen sie, so formuliert es Klaiber, „aus dem Ruder“. Die tatsächlich vorhandenen Mengen spielen da nur bedingt eine Rolle – neben Erwartungen und Spekulationen.

    Gibt es andere Auswirkungen bei der Planung der Landwirte?

    Der Weizenanbau kann also nicht schnell gesteigert werden – auch, weil der für die Fruchtbarkeit der Böden nötige Wechsel der Kulturen die Betriebe über Jahre bindet. Es gibt aber andere Stellschrauben.

    So hat die EU angesichts des Ukraine-Kriegs ermöglicht, dass sogenannte „ökologische Vorrangflächen“ freigegeben werden. Hier handelt es sich um Brachland, das zur Regeneration und Verbesserung der biologischen Vielfalt aus der Nutzung herausgenommen wurde. Vier Prozent der Nutzfläche sollen hierfür freigehalten werden – bei den rund 17.000 Hektar Ackerfläche im Landkreis Rottweil sind es immerhin um die 600 Hektar.

    „Aber Deutschland ist einen Sonderweg gegangen“, erklärt Eugen Haberer, Landwirt in Schenkenzell und Stellvertretender Kreisobmann beim Kreisbauernverband Rottweil im Gespräch mit der NRWZ. Denn hierzulande werden die Vorrangflächen zwar freigegeben. Es blieb jedoch die Beschränkung, dass weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden darf. Das bremse die Nutzung erheblich, sagt Haberer. Weder ihm noch Hans Klaiber ist jedenfalls bislang bekannt, dass Landwirte in der Region diese Ausweitung der Anbaumöglichkeiten in größerem Umfang nutzen.

    Eine Veränderung in näherer Zukunft wäre denkbar, ist aber noch völlig offen: Winterraps, der nun die Felder wieder so herrlich leuchten lässt, zählt ebenfalls zu den neuerdings stark gefragten Kulturpflanzen. „Zuletzt war Winterraps in der Region eher rückläufig“, berichtet Amtsleiter Klaiber. Womöglich ändert sich das nun. Bereits im August muss hier die Saat für die Ernte 2023 ausgebracht werden.

    Welche Rolle spielen die stark gestiegenen Dünger- und Dieselpreise?

    Hochgeschnellt sind freilich nicht nur Preise für Weizen und Raps. Auch der Diesel, den die Landwirte zwingend brauchen, wurde erheblich teurer. Und Dünger: Verdreifacht haben sich die Preise für Stickstoff seit Herbst. „Überhaupt an Dünger heranzukommen, ist schon ein Problem,“ berichtet Eugen Haberer. Solche Unsicherheiten und rasante Kostensteigerungen belasten entsprechend die Kalkulation der Landwirte.

    Fazit

    Gravierende Veränderungen aufgrund der aktuellen Entwicklungen zeichnen sich in der Landwirtschaft im Landkreis Rottweil bislang nicht ab. Die Landwirte könnten teils von steigenden Preisen profitieren. Sie müssen aber auch drastisch gestiegene Betriebskosten stemmen. In Sachen Wirtschaftlichkeit sieht es daher „nicht so rosig aus“, wie Hans Klaiber, Chef des Rottweiler Landwirtschaftsamtes zusammenfasst.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    1 Kommentar

    1 Kommentar
    Neueste
    Älteste Meist bewertet
    Inline Feedbacks
    Alle Kommentare anzeigen
    Siegfried Spengler
    Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Zu den steigenden Priesen für Stickstoffdünger:
    Zur Herstellung muss Stickstoff aus der Luft chemisch an Wasserstoff gebunden werden.

    Dieser Prozess ist energieintensiv.

    Diese Ammoniaksynthese hat jeder im Chemieunterricht als „Haber-Bosch-Verfahren“ kennengelernt, man erinnere sich an die Reaktionsbedingungen hinsichtlich Druck und Temperatur:

    https://www.chemie.de/lexikon/Haber-Bosch-Verfahren.html#:~:text=Das%20Haber%2DBosch%2DVerfahren%20ist,Bosch%20(1874%E2%80%931940).

    Auch die Herstellung von Nitratdünger ist energieintensiv.

    Angesichts steigender Energiepreise braucht sich also niemand zu wundern, wenn auch die Preise für Dünger steigen!

    Phantastisch ist es übrigens, dass die Natur gelernt hat, diese Reaktion unter Normaldruck und -temperatur mit Hilfe von Enzymen durchzuführen!

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Beiträge

    „Bremer Stadtmusikanten“ begeistern

    Als mitreißende Mutmach-Geschichte über die Kraft der Freundschaft und des Optimismus setzt das Rottweiler Zimmertheater „Die Bremer Stadtmusikanten“ in Szene: humorvoll, einfallsreich, kurzweilig –...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Kein Mehl und Sonnenblumenöl in den Regalen, steigende Preise für viele Lebensmittel: Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Corona-Pandemie sind beim Einkauf derzeit deutlich zu spüren. Aber was bedeuten die Entwicklungen für die Landwirtschaft im Landkreis Rottweil? Die NRWZ hat nachgefragt.

    Bauen die Landwirte jetzt mehr Weizen an?

    Es klingt verlockend: Der Börsen-Preis für die Tonne Weizen hat sich seit Mitte Februar auf über 400 Euro fast verdoppelt – gute Aussichten also für Erzeuger. Der Haken: „Weizen wird im Herbst ausgesät. Die Ernte für Herbst liegt schon lange im Boden“, erklärt Hans Klaiber, der Leiter des Rottweiler Landwirtschaftsamts auf Anfrage der NRWZ.

    Dass die Weizenpreise so durch die Decke gehen und Mehl im Regal zeitweise fehlt, liegt laut Klaiber auch nicht an der hiesigen Produktion. „Wir liegen in Deutschland bei über 100 Prozent Selbstversorgung“, erläutert der Amtsleiter. Aber Agrarmärkte sind international ausgelegt – und derzeit laufen sie, so formuliert es Klaiber, „aus dem Ruder“. Die tatsächlich vorhandenen Mengen spielen da nur bedingt eine Rolle – neben Erwartungen und Spekulationen.

    Gibt es andere Auswirkungen bei der Planung der Landwirte?

    Der Weizenanbau kann also nicht schnell gesteigert werden – auch, weil der für die Fruchtbarkeit der Böden nötige Wechsel der Kulturen die Betriebe über Jahre bindet. Es gibt aber andere Stellschrauben.

    So hat die EU angesichts des Ukraine-Kriegs ermöglicht, dass sogenannte „ökologische Vorrangflächen“ freigegeben werden. Hier handelt es sich um Brachland, das zur Regeneration und Verbesserung der biologischen Vielfalt aus der Nutzung herausgenommen wurde. Vier Prozent der Nutzfläche sollen hierfür freigehalten werden – bei den rund 17.000 Hektar Ackerfläche im Landkreis Rottweil sind es immerhin um die 600 Hektar.

    „Aber Deutschland ist einen Sonderweg gegangen“, erklärt Eugen Haberer, Landwirt in Schenkenzell und Stellvertretender Kreisobmann beim Kreisbauernverband Rottweil im Gespräch mit der NRWZ. Denn hierzulande werden die Vorrangflächen zwar freigegeben. Es blieb jedoch die Beschränkung, dass weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden darf. Das bremse die Nutzung erheblich, sagt Haberer. Weder ihm noch Hans Klaiber ist jedenfalls bislang bekannt, dass Landwirte in der Region diese Ausweitung der Anbaumöglichkeiten in größerem Umfang nutzen.

    Eine Veränderung in näherer Zukunft wäre denkbar, ist aber noch völlig offen: Winterraps, der nun die Felder wieder so herrlich leuchten lässt, zählt ebenfalls zu den neuerdings stark gefragten Kulturpflanzen. „Zuletzt war Winterraps in der Region eher rückläufig“, berichtet Amtsleiter Klaiber. Womöglich ändert sich das nun. Bereits im August muss hier die Saat für die Ernte 2023 ausgebracht werden.

    Welche Rolle spielen die stark gestiegenen Dünger- und Dieselpreise?

    Hochgeschnellt sind freilich nicht nur Preise für Weizen und Raps. Auch der Diesel, den die Landwirte zwingend brauchen, wurde erheblich teurer. Und Dünger: Verdreifacht haben sich die Preise für Stickstoff seit Herbst. „Überhaupt an Dünger heranzukommen, ist schon ein Problem,“ berichtet Eugen Haberer. Solche Unsicherheiten und rasante Kostensteigerungen belasten entsprechend die Kalkulation der Landwirte.

    Fazit

    Gravierende Veränderungen aufgrund der aktuellen Entwicklungen zeichnen sich in der Landwirtschaft im Landkreis Rottweil bislang nicht ab. Die Landwirte könnten teils von steigenden Preisen profitieren. Sie müssen aber auch drastisch gestiegene Betriebskosten stemmen. In Sachen Wirtschaftlichkeit sieht es daher „nicht so rosig aus“, wie Hans Klaiber, Chef des Rottweiler Landwirtschaftsamtes zusammenfasst.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]