back to top
...
    NRWZ.deLandkreis RottweilLähmende Abhängigkeit vom Landrat? Dr. Aden hält Bürgermeister im Kreistag für...

    Lähmende Abhängigkeit vom Landrat? Dr. Aden hält Bürgermeister im Kreistag für fehl am Platz

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Dr. Gerhard Aden ist ehemaliger Landtagsabgeordneter der FDP, sitzt jetzt für die Partei im Gemeinderat von Rottweil und im Kreistag (Bild). Und er ist bekanntermaßen ein streitbarer Geist. Vergangene Woche hat er mal wieder an ein altes Thema erinnert: die vermeintlich nicht gegebene Unabhängigkeit von Bürgermeistern, die ein Kreistagsmandat innehaben. Das solle man gesetzlich verbieten, fordert Aden. Die NRWZ hat diese Forderung im Kreistag Rottweil vertretenden Bürgermeistern vorgelegt. Sie sind, wen wundert’s, anderer Meinung als Aden.

    Dr. Gerhard Aden

    Warum dürfen Mitarbeiter der Stadt, Angestellte und Beamte des Kreises ein errungenes Mandat nicht annehmen, wenn diese nicht gleichzeitig ihre Funktion bei der Stadt oder dem Kreis aufgeben?” Das fragte Dr. Gerhard Aden am vergangenen Freitagmorgen auf Facebook. Die Antwort lieferte er gleich mit, denn die liege auf der Hand: „Wie soll ein Mandatsträger frei entscheiden, wenn sein Vorgesetzter (Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landrat) die Sitzung leitet?”

    Im Landtag ist wegen der gleichen Überlegung die Abgeordnetentätigkeit der Landräte verboten. 2016 gab es eine Parlamentsreform, seither gilt eine strikte Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Das heißt, dass etwa Lehrer, Bürgermeister oder Landräte nicht gleichzeitig berufstätig und Mitglied im Landtag sein können. „Eine Interessenkollision wäre ansonsten vorprogrammiert”, so Aden. Er hat zudem ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus dem vergangenen Jahr gefunden, „in dem genau diese Interessenkollision dazu geführt hat, dass ein Oberbürgermeister sein errungenes Kreistagsmandat nicht annehmen durfte”, so der Kommunalpolitiker. Das Gericht stellte damals fest: „Ein Oberbürgermeister einer großen selbständigen Stadt kann nicht zugleich Abgeordneter im Kreistag des Landkreises sein, dem diese Stadt angehört” (OVG Lüneburg 10. Senat, Urteil vom 03.09.2019 – 10 LC 231/18).

    Aden schreibt weiter: „Ich bin jetzt zum vierten Mal in den Kreistag gewählt worden. Auch wenn ich die Kompetenz der Bürgermeister schätzen gelernt habe, ist es mir immer wieder ein Dorn im Auge, wie sich die Abhängigkeit dieses Personenkreises vom Landrat doch manchmal lähmend auf die Diskussion auswirkt.” Hinzu komme, dass die vielen Bürgermeister zunächst an das Wohl ihrer Gemeinden denken würden, obwohl sie Mandatsträger für den ganzen Kreis seien. „Schon die eigene Mitgliedschaft im Gemeinderat der Stadt Rottweil und im Kreistag führt bei der Festlegung der Kreisumlage, um nur ein Beispiel zu nennen, zur Interessenkollision”, so Aden.

    Er legt sich fest: „Der Landesgesetzgeber muss hier tätig werden, um diese Interessenkollision im Sinne einer ‚lupenreinen Demokratie’ zu verändern. Im Klartext: Aden will, dass Bürgermeister nicht mehr Kreistagsmitglieder sein dürfen. Nur noch Ärzte, wie er, beispielsweise, Handwerker, Angestellte und so weiter.

    Die NRWZ hat Adens Angriff auf die Bürgermeister im Landkreis einigen von ihnen vorgelegt. Sie haben teils pointiert, teils ausführlich reagiert. Wir bringen ihre Erwiderungen allenfalls mäßig gekürzt; die Reihenfolge: alphabetisch:

    Thomas Albrecht, Wellendingen

    Thomas Albrecht.

    „In Teilen kann ich die Aussage von Herrn Dr. Aden nachvollziehen. Es kann durchaus in manchen Belangen zu einer Interessenskollision kommen. Ich denke aber, dass es durchaus gute Gründe gibt, dass auch Bürgermeister in den Kreistag gewählt werden dürfen. Und die übertreffen oben gemachte Aussage: Ein Bürgermeister ist sehr nah dran an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort. Er kann Belange der Bürgerschaft einschätzen und diese gesammelt in politische Entscheidungen im Kreistag einfließen lassen. Dass ein Bürgermeister auf das Wohl seiner Gemeinde achtet, ist nichts Verwerfliches.

    Im Gegenteil: Das erwarten seine Wählerinnen und Wähler. Wir Bürgermeister haben aber von Berufs wegen den großen Vorteil, dass wir auch über den Tellerrand rausschauen können und sehr wohl wissen, dass wir als Kreistagsmitglieder dem ganzen Kreis gegenüber verpflichtet sind.

    Die Frage an Dr. Aden müsste vielmehr lauten: Was wäre, wenn es einen FDP-Bürgermeister im Landkreis gäbe, würde er ihn dann nicht fragen, für den Kreistag zu kandidieren? Aber vielleicht hat sich Dr. Aden auch nur verschrieben: Statt einer ‚lupenreinen Demokratie’ wollte er eventuell eine ‚liberale Demokratie’ fordern …”

    Michael Lehrer, Aichhalden

    Michael Lehrer.

    „Ich bin erst ein halbes Jahr lang Mitglied im Kreistag – vielleicht sind die Diskussionen, in der Bürgermeister gelähmt sind, bisher noch nicht geführt worden. Ich konnte noch keinen Einfluss durch ein ‚Abhängigkeitsverhältnis’ der Bürgermeister auf das Diskussionsverhalten feststellen.

    Durch die starke Position des Bürgermeisters, legitimiert von der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung, sehe ich persönlich keine Abhängigkeit vom Landrat beziehungsweise vom Landratsamt. Eine ähnliche Kon­stellation gibt es im Übrigen in vielen Gemeinderäten. Dort ist es selbstverständlich, dass ehrenamtliche Ortsvorsteher Mitglied im Gremium sind, obwohl der Bürgermeister nach Paragraf 71, Absatz 4 der Gemeindeordnung diesem Personenkreis teilweise weisungsberechtigt ist. Ferner geht die baden-württembergische Gemeindeordnung noch einen Schritt weiter und räumt allen Ortsvorstehern, egal ob gewähltes Gemeinderatsmitglied oder nicht, ein Teilnahmerecht an Sitzungen mit beratender Stimme ein.

    Dass Kreistagsabgeordnete die Interessen ihrer Gemeinden vertreten, kommt immer wieder vor. Das gilt aber nicht nur für Bürgermeister, sondern für jeden Kreistagsabgeordneten, der zugleich im Gemeinderat sitzt und dort etwa wie Herr Dr. Aden stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist.

    Auch glaube ich nicht, dass man durch eine einzelne, einseitige, gemeindebezogene Argumentation, ein Gremium mit 47 Mitgliedern überzeugen kann. So wie ich das Gremium kennengelernt habe, werden solche Wortäußerungen sehr schnell in die Kategorie Kirchturm einsortiert.

    Denkt man aber den Gedanken von Herrn Aden weiter, wäre es nur konsequent, zu fordern, dass Kreisräte keine weiteren politischen Funktionen wie Mitgliedschaft im Ortschaftsrat, Gemeinderat oder auch als Landtags- beziehungsweise Bundestagsabgeordnete ausüben dürfen.

    Vielmehr denke ich, dass durch die Mitgliedschaft von politisch interessierten und engagierten Menschen Entscheidungen im Kreistag breiter getragen werden können. Gemeinden und Landkreis müssen gemeinsam miteinander arbeiten. Ohne Bürgermeister im Kreistag wären Beschlüsse wie zum Beispiel die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen oder der Breitbandausbau im Landkreis wohl nie umgesetzt worden.

    Zudem würde durch den Ausschluss von Bürgermeistern ein erhebliches Informationsdefizit entstehen.“

    Dr. Christian Ruf, Rottweil

    Dr. Christian Ruf.

    „Über dieses Thema habe ich mich mit Herrn Dr. Aden in der Vergangenheit auch schon das ein oder andere Mal ausgetauscht. In Niedersachsen ist eine Zugehörigkeit von Bürgermeistern zum Kreistag ausgeschlossen, in Baden-Württemberg ist dies – wie in vielen anderen Bundesländern auch – dagegen seit vielen Jahren gute Praxis. Das funktioniert.

    Aus meiner Sicht ist es durchaus sinnvoll, dass Bürgermeister mit ihrer Verwaltungskompetenz als Vertreter der Städte und Gemeinden im Kreistag vertreten sind. Eine Abhängigkeit zum Landratsamt konnte ich bei den Diskussionen im Kreistag und seiner Ausschüsse bislang nicht ausmachen.

    Mir ist als Rottweiler Bürgermeister eine positive Entwicklung des gesamten Landkreises wichtig. Eine Große Kreisstadt kann sich nur dann gut entwickeln, wenn auch die Kreisgemeinden gut aufgestellt sind. Gerade bei Kreisthemen, die auch die Stadt betreffen, ist es mir wichtig, mitgestalten zu können. Das gilt auch für den Regionalverband, wo ich selbstverständlich die Interessen der Stadt, des Kreises und der Region gleichermaßen vertrete.”

    Peter Schumacher, Dunningen

    Peter Schumacher.

    „Das Spannungsverhältnis zwischen Bürgermeistern und Landrat ist sicherlich ein Thema, über das man hinsichtlich eines Kreistagsmandats offen diskutieren muss. Sicherlich gibt es Gründe, die dagegen sprechen, aber auch Gründe dafür. Wie immer in der Gesetzgebung ist es letztlich ein Abwägungsprozess, welcher in meinen Augen aber dazu führt, dass durchaus die Gründe überwiegen, dass Bürgermeister im Kreistag vertreten sind.

    Auf Ebene der Landespolitik wird annähernd in jeder Legisaturperiode hier­über beraten und es hat sich letztlich noch keine Mehrheit gefunden, die Bürgermeistern einen Einzug in den Kreistag verwehrt. Dies zurecht, auch wenn ich das Spannungsverhältnis zwischen den Bürgermeistern und den Landräten durchaus für nicht wegzudiskutieren halte. Die hohe Sachkompetenz der Bürgermeister spielt hierbei übrigens meines Erachtens keine übergeordnete Rollte. Diese ist bei den anderen Kreistagskollegen, welche keine Bürgermeister sind, auch vorhanden.

    Zu allererst erhalten Bürgermeister stets hohe Stimmenzahlen aus der Bevölkerung. Dies bedeutet, dass die Bevölkerung Bürgermeister im Kreistag vertreten sehen will. Und ich traue der Bevölkerung durchaus zu, dass sie das Spannungsverhältnis sieht, es aber nicht so gravierend einschätzt, wie Herr Dr. Aden. Die aktuelle Rechtslage ist also zutiefst basisdemokratisch. Bürgermeister aus den Kreistagen zu verbannen, ist nicht der Wille der Wählerinnen und Wähler.

    Herr Aden hat hierbei die Diskussion um die Kreisumlage angesprochen. Gerade hier ist es eminent wichtig, dass Bürgermeister im Kreistag vertreten sind, um einen soliden Gegenpol zu schaffen. Die Kreisumlage dringt in erheblichem Maße in die Kommunalfinanzen und somit in die kommunale Selbstverwaltung ein.

    Die Kommunen haben jedoch kein gesetzliches Mitspracherecht bei der Festsetzung der Kreisumlage. Wenn die Mitsprache nicht auf Ebene des Kreistags geschieht, könnte sich gerade bei einer umlagefinanzierten Körperschaft wie dem Landkreis durchaus ein Stück weit eine Selbstbedienungsmentalität entwickeln, der es entgegenzuwirken gilt. Sollten Bürgermeister tatsächlich keine Kreistagsmitglieder mehr sein dürfen, müsste der Landesgesetzgeber im Gegenzug dafür sorgen, dass Kommunen ein gesetzlich verankertes Mitspracherecht bei der Festsetzung der Kreisumlage bekommen, wie immer das auch dann in der Praxis aussehen wird.

    Ich persönlich halte das Spannungsverhältnis zwischen Landrat und Bürgermeister nicht für derart relevant, dass dies zu einem Ausschluss der Bürgermeister führen sollte. Sowohl Bürgermeister als auch die Landräte können mit dieser Situation durchaus professionell umgehen. Was Herr Aden genau meint, wenn er ausführt, dass sich dieses angebliche Abhängigkeitsverhältnis lähmend auf die Diskussion auswirkt, vermag ich nicht zu sagen. Es wäre schön gewesen, wenn Herr Dr. Aden dies auch mit Belegen aus der Praxis untermauert hätte. Und selbst wenn man dies bejahen würde, darf doch ein ‚Lähmen der Diskussion’ nicht dazu führen, dass eine ganze Personengruppe ausgeschlossen wird.

    Ich könnte noch viele weitere Gründe nennen, möchte es aber dabei belassen.”

    Norbert Swoboda, Lauterbach

    Norbert Swoboda.

    „Herr Dr. Aden wiederholt diese Äußerungen in regelmäßigen Abständen. Der Landtag hat erst vor wenigen Tagen diesem Ansinnen eine Abfuhr erteilt, und dies ist aus meiner Sicht auch gut so. Die Abhängigkeit vom Landrat sehe ich als äußerst gering, da der Landrat als Dienstherr ja nur einschreiten muss, wenn es erhebliche Beanstandungen gibt. Meist sind es auch die Bürgermeister, die Kritik an der Verwaltung äußern, weil die Vorlagen unzureichend sind. Auch wird von unserer Seite immer wieder kritisiert, dass der Landrat zahlreiche Eil-Entscheidungen trifft, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Kreistages oder seiner Ausschüsse gehören.

    Im Gegenteil, gerade die Fachkompetenz der Bürgermeister ist das entscheidende Plus eines Kreistages, da sie ja Kolleginnen und Kollegen, die entweder über keine Gremienerfahrung oder über keine Fachkompetenz verfügen, unterstützen und beraten können.

    Auch die Höhe der Kreisumlage, die sich unmittelbar auf die Finanzkraft einer Gemeinde auswirkt, wird nach dem Motto ‚Leben und leben lassen’ mit Weitsicht festgelegt. Bürgermeistern zu unterstellen, dass sie zunächst immer nur an das Wohl ihrer Gemeinden denken und nicht an den restlichen Kreis, entbehrt jeder Grundlage. Auch die gewählten Vertreter des Wahlkreises denken an ihre Kommunen, nichtsdestotrotz ist das Wohl des Kreises letztlich entscheidend. Ohne Bürgermeister würde aber auch die Kreisumlage zum Teil in astronomische Höhen entschwinden, was die Finanz- und Gestaltungskraft der Kommunen nachhaltig schwächen würde.

    Da ich ja selbst ebenfalls seit 1999 im Kreistag und inzwischen auch dienstältester Bürgermeister des Landkreises bin, kann ich dies sehr gut beurteilen.

    Im Übrigen sind Bürgermeister wie auch alle anderen Personen darauf angewiesen, dass sie überhaupt gewählt werden. Bürgermeister haben wie auch Ärzte sicherlich einen höheren Bekanntheitsgrad, dies erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, gewählt zu werden. Demzufolge sind Kreistagswahlen wie auch Gemeinderatswahlen Persönlichkeitswahlen. In dem Zusammenhang darf ich noch darauf hinweisen, dass ich 1999 in einem anderen Wahlkreis (Eschach) als Mitglied des Kreistages gewählt wurde, obwohl Lauterbach zum Wahlkreis Schwarzwald gehörte. Hier wurde also die Persönlichkeit gewählt und nicht der Bürgermeister einer zum Wahlkreis gehörenden Gemeinde.”

    Marcus Türk, Villingendorf

    Marcus Türk.

    „Als betroffener Bürgermeister sehe ich die Sachlage natürlich etwas anders. Viele Entscheidungen auf Kreisebene haben direkten Einfluss auf die Kommunen. Von daher ist es von Vorteil, wenn diejenigen, die die Kommunen vertreten, also die Bürgermeister, ihren Sachverstand im Kreistag mit einbringen. Dadurch ist auch ein direkter Bezug zu den Kommunen gewährleistet.

    Außerdem wurden die Bürgermeister bereits von ihrer Bevölkerung gewählt. Nach einer erneuten Wahl in den Kreistag sind sie somit durch zweimalige Urwahl quasi doppelt vom Volk als dessen Vertreter legitimiert. Viel mehr an ‚lupenreiner Demokratie’ geht also nicht.

    Darüber hinaus ist ein Bürgermeister nicht nur dem Wohl der eigenen Kommune verpflichtet, sondern hat selbstverständlich auch das Wohl des gesamten Landkreises im Blick, denn das Wohlergehen der Kommunen ist auch abhängig vom Wohlergehen des Landkreises.

    Ralf Ulbrich, Deißlingen

    Ralf Ulbrich.

    „Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass der Landkreis beziehungsweise das Landratsamt nur für den Bereich der staatlichen Verwaltungsangelegenheiten (Untere Verwaltungsbehörde) den Gemeinden gegenüber als übergeordnete Behörde agiert. In diesen Bereichen kann aber auch der Kreistag mit Ausnahme der Stellenbesetzungen keinen Einfluss nehmen, da es nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, dort Sachentscheidungen zu treffen.

    In den Bereichen, die der kommunalen Selbstverwaltung unterliegen, ist es jedoch richtig und angemessen, dass die Städte und Gemeinden dort in Form ihrer gesetzlichen Vertreter mitwirken dürfen. Gerade die von Herrn Dr. Aden angesprochene Kreisumlage ist ein bedeutender Ausgabeposten der Städte und Gemeinden, und die Mitwirkung der Bürgermeister trägt zu einer maßvollen Haushaltswirtschaft des Kreises bei.

    Angeregt durch die Bürgermeister sind nicht zuletzt bedeutende Projekte auf Kreisebene angestoßen worden, wie zum Beispiel der Breitbandausbau. Hier versteht sich der Landkreis als Dienstleister für seine Kommunen, und diese Definition zeigt die enge Verflechtung dieser beiden Ebenen.

    Einen Konflikt zwischen den Kreisgemeinden und dem Landkreis kann ich jedenfalls nicht erkennen.“

    Stellungnahme des Landrats

    Dr. Wolf-Rüdiger Michel.

    „Die Regelung, dass Bürgermeister durch die Bevölkerung in den Kreistag gewählt werden können, hat sich jahrzehntelang bewährt.” Das sagt die Sprecherin des Landratsamts Rottweil, die Referentin des Landrats Brigitte Stein, auf Nachfrage der NRWZ. Die Oberbürgermeister und Bürgermeister seien „wie alle anderen Kreisrätinnen und Kreisräte verpflichtet – und gewohnt –, im Sinne des allgemeinen Wohls zu denken und zu handeln, auch in ihrer Funktion als Kreistagsmitglied”, so Stein weiter.

    Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel könne keine Abhängigkeit dieses Personenkreises erkennen. „Im Gegenteil, die Bürgermeister bringen, wie jede Berufsgruppe, ihre Sach- und Fachkenntnis selbstbewusst und gemeinwohlorientiert ein”, so seine Sprecherin.

    Sie fügt an: „Im übrigen denken die FDP-Bürgermeister im Land sicher anders als Herr Dr. Aden.”

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    3 Kommentare

    3 Kommentare
    Neueste
    Älteste Meist bewertet
    Inline Feedbacks
    Alle Kommentare anzeigen
    Rolf Edler
    Rolf Edler
    4 Jahre her

    G.E. H. Aden hat den Durch & Weitblick. Wer es in kleinen Dingen mit der Wahrheit nicht ernst nimmt dem, kann mann auch in großen Dingen nicht trauen MfG G. E

    Rottweiler Adler
    Rottweiler Adler
    4 Jahre her

    Herr Dr. Aden hat es richtig erkannt. Der Bürgermeister muss im Kreistag im Sinne des Kreises entscheiden und ggf. eine höhere Umlage fordern und beschließen. Das wir er aber als Bürgermeister der Gemeinde aber nicht wollen. De facto 2 Herzen schlagen in der Brust.
    Nur Herr Dr. Aden übersieht, dass dies auch bei Gemeinderatsmitglieder die zugleich Kreistagsmitglieder sind und ggf. auch noch Landtagsabgeordnete sind was er z.B. ja war …. gilt. Man kann nur wirklich einem Herrn dienen!!!

    Uwe Ortwich
    Uwe Ortwich
    4 Jahre her

    Aden liegt vollkommen richtig. Bürgermeister dürfen bei der heutigen Rechtslage in Baden-Württemberg ihren Vorgesetzten de facto selbst bestimmen. Es gibt kein einziges Bundesland, das Bürgermeistern derart viel Macht, derart lange Amtszeiten und entsprechend oft abgehobene Amtsführung zugesteht. Hier besteht dringend Reformbedarf.
    Das gilt übrigens auch für das Verfahren zur Wahl von Landräten.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

    Beiträge

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Dr. Gerhard Aden ist ehemaliger Landtagsabgeordneter der FDP, sitzt jetzt für die Partei im Gemeinderat von Rottweil und im Kreistag (Bild). Und er ist bekanntermaßen ein streitbarer Geist. Vergangene Woche hat er mal wieder an ein altes Thema erinnert: die vermeintlich nicht gegebene Unabhängigkeit von Bürgermeistern, die ein Kreistagsmandat innehaben. Das solle man gesetzlich verbieten, fordert Aden. Die NRWZ hat diese Forderung im Kreistag Rottweil vertretenden Bürgermeistern vorgelegt. Sie sind, wen wundert’s, anderer Meinung als Aden.

    Dr. Gerhard Aden

    Warum dürfen Mitarbeiter der Stadt, Angestellte und Beamte des Kreises ein errungenes Mandat nicht annehmen, wenn diese nicht gleichzeitig ihre Funktion bei der Stadt oder dem Kreis aufgeben?” Das fragte Dr. Gerhard Aden am vergangenen Freitagmorgen auf Facebook. Die Antwort lieferte er gleich mit, denn die liege auf der Hand: „Wie soll ein Mandatsträger frei entscheiden, wenn sein Vorgesetzter (Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landrat) die Sitzung leitet?”

    Im Landtag ist wegen der gleichen Überlegung die Abgeordnetentätigkeit der Landräte verboten. 2016 gab es eine Parlamentsreform, seither gilt eine strikte Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Das heißt, dass etwa Lehrer, Bürgermeister oder Landräte nicht gleichzeitig berufstätig und Mitglied im Landtag sein können. „Eine Interessenkollision wäre ansonsten vorprogrammiert”, so Aden. Er hat zudem ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus dem vergangenen Jahr gefunden, „in dem genau diese Interessenkollision dazu geführt hat, dass ein Oberbürgermeister sein errungenes Kreistagsmandat nicht annehmen durfte”, so der Kommunalpolitiker. Das Gericht stellte damals fest: „Ein Oberbürgermeister einer großen selbständigen Stadt kann nicht zugleich Abgeordneter im Kreistag des Landkreises sein, dem diese Stadt angehört” (OVG Lüneburg 10. Senat, Urteil vom 03.09.2019 – 10 LC 231/18).

    Aden schreibt weiter: „Ich bin jetzt zum vierten Mal in den Kreistag gewählt worden. Auch wenn ich die Kompetenz der Bürgermeister schätzen gelernt habe, ist es mir immer wieder ein Dorn im Auge, wie sich die Abhängigkeit dieses Personenkreises vom Landrat doch manchmal lähmend auf die Diskussion auswirkt.” Hinzu komme, dass die vielen Bürgermeister zunächst an das Wohl ihrer Gemeinden denken würden, obwohl sie Mandatsträger für den ganzen Kreis seien. „Schon die eigene Mitgliedschaft im Gemeinderat der Stadt Rottweil und im Kreistag führt bei der Festlegung der Kreisumlage, um nur ein Beispiel zu nennen, zur Interessenkollision”, so Aden.

    Er legt sich fest: „Der Landesgesetzgeber muss hier tätig werden, um diese Interessenkollision im Sinne einer ‚lupenreinen Demokratie’ zu verändern. Im Klartext: Aden will, dass Bürgermeister nicht mehr Kreistagsmitglieder sein dürfen. Nur noch Ärzte, wie er, beispielsweise, Handwerker, Angestellte und so weiter.

    Die NRWZ hat Adens Angriff auf die Bürgermeister im Landkreis einigen von ihnen vorgelegt. Sie haben teils pointiert, teils ausführlich reagiert. Wir bringen ihre Erwiderungen allenfalls mäßig gekürzt; die Reihenfolge: alphabetisch:

    Thomas Albrecht, Wellendingen

    Thomas Albrecht.

    „In Teilen kann ich die Aussage von Herrn Dr. Aden nachvollziehen. Es kann durchaus in manchen Belangen zu einer Interessenskollision kommen. Ich denke aber, dass es durchaus gute Gründe gibt, dass auch Bürgermeister in den Kreistag gewählt werden dürfen. Und die übertreffen oben gemachte Aussage: Ein Bürgermeister ist sehr nah dran an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort. Er kann Belange der Bürgerschaft einschätzen und diese gesammelt in politische Entscheidungen im Kreistag einfließen lassen. Dass ein Bürgermeister auf das Wohl seiner Gemeinde achtet, ist nichts Verwerfliches.

    Im Gegenteil: Das erwarten seine Wählerinnen und Wähler. Wir Bürgermeister haben aber von Berufs wegen den großen Vorteil, dass wir auch über den Tellerrand rausschauen können und sehr wohl wissen, dass wir als Kreistagsmitglieder dem ganzen Kreis gegenüber verpflichtet sind.

    Die Frage an Dr. Aden müsste vielmehr lauten: Was wäre, wenn es einen FDP-Bürgermeister im Landkreis gäbe, würde er ihn dann nicht fragen, für den Kreistag zu kandidieren? Aber vielleicht hat sich Dr. Aden auch nur verschrieben: Statt einer ‚lupenreinen Demokratie’ wollte er eventuell eine ‚liberale Demokratie’ fordern …”

    Michael Lehrer, Aichhalden

    Michael Lehrer.

    „Ich bin erst ein halbes Jahr lang Mitglied im Kreistag – vielleicht sind die Diskussionen, in der Bürgermeister gelähmt sind, bisher noch nicht geführt worden. Ich konnte noch keinen Einfluss durch ein ‚Abhängigkeitsverhältnis’ der Bürgermeister auf das Diskussionsverhalten feststellen.

    Durch die starke Position des Bürgermeisters, legitimiert von der Baden-Württembergischen Gemeindeordnung, sehe ich persönlich keine Abhängigkeit vom Landrat beziehungsweise vom Landratsamt. Eine ähnliche Kon­stellation gibt es im Übrigen in vielen Gemeinderäten. Dort ist es selbstverständlich, dass ehrenamtliche Ortsvorsteher Mitglied im Gremium sind, obwohl der Bürgermeister nach Paragraf 71, Absatz 4 der Gemeindeordnung diesem Personenkreis teilweise weisungsberechtigt ist. Ferner geht die baden-württembergische Gemeindeordnung noch einen Schritt weiter und räumt allen Ortsvorstehern, egal ob gewähltes Gemeinderatsmitglied oder nicht, ein Teilnahmerecht an Sitzungen mit beratender Stimme ein.

    Dass Kreistagsabgeordnete die Interessen ihrer Gemeinden vertreten, kommt immer wieder vor. Das gilt aber nicht nur für Bürgermeister, sondern für jeden Kreistagsabgeordneten, der zugleich im Gemeinderat sitzt und dort etwa wie Herr Dr. Aden stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist.

    Auch glaube ich nicht, dass man durch eine einzelne, einseitige, gemeindebezogene Argumentation, ein Gremium mit 47 Mitgliedern überzeugen kann. So wie ich das Gremium kennengelernt habe, werden solche Wortäußerungen sehr schnell in die Kategorie Kirchturm einsortiert.

    Denkt man aber den Gedanken von Herrn Aden weiter, wäre es nur konsequent, zu fordern, dass Kreisräte keine weiteren politischen Funktionen wie Mitgliedschaft im Ortschaftsrat, Gemeinderat oder auch als Landtags- beziehungsweise Bundestagsabgeordnete ausüben dürfen.

    Vielmehr denke ich, dass durch die Mitgliedschaft von politisch interessierten und engagierten Menschen Entscheidungen im Kreistag breiter getragen werden können. Gemeinden und Landkreis müssen gemeinsam miteinander arbeiten. Ohne Bürgermeister im Kreistag wären Beschlüsse wie zum Beispiel die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen oder der Breitbandausbau im Landkreis wohl nie umgesetzt worden.

    Zudem würde durch den Ausschluss von Bürgermeistern ein erhebliches Informationsdefizit entstehen.“

    Dr. Christian Ruf, Rottweil

    Dr. Christian Ruf.

    „Über dieses Thema habe ich mich mit Herrn Dr. Aden in der Vergangenheit auch schon das ein oder andere Mal ausgetauscht. In Niedersachsen ist eine Zugehörigkeit von Bürgermeistern zum Kreistag ausgeschlossen, in Baden-Württemberg ist dies – wie in vielen anderen Bundesländern auch – dagegen seit vielen Jahren gute Praxis. Das funktioniert.

    Aus meiner Sicht ist es durchaus sinnvoll, dass Bürgermeister mit ihrer Verwaltungskompetenz als Vertreter der Städte und Gemeinden im Kreistag vertreten sind. Eine Abhängigkeit zum Landratsamt konnte ich bei den Diskussionen im Kreistag und seiner Ausschüsse bislang nicht ausmachen.

    Mir ist als Rottweiler Bürgermeister eine positive Entwicklung des gesamten Landkreises wichtig. Eine Große Kreisstadt kann sich nur dann gut entwickeln, wenn auch die Kreisgemeinden gut aufgestellt sind. Gerade bei Kreisthemen, die auch die Stadt betreffen, ist es mir wichtig, mitgestalten zu können. Das gilt auch für den Regionalverband, wo ich selbstverständlich die Interessen der Stadt, des Kreises und der Region gleichermaßen vertrete.”

    Peter Schumacher, Dunningen

    Peter Schumacher.

    „Das Spannungsverhältnis zwischen Bürgermeistern und Landrat ist sicherlich ein Thema, über das man hinsichtlich eines Kreistagsmandats offen diskutieren muss. Sicherlich gibt es Gründe, die dagegen sprechen, aber auch Gründe dafür. Wie immer in der Gesetzgebung ist es letztlich ein Abwägungsprozess, welcher in meinen Augen aber dazu führt, dass durchaus die Gründe überwiegen, dass Bürgermeister im Kreistag vertreten sind.

    Auf Ebene der Landespolitik wird annähernd in jeder Legisaturperiode hier­über beraten und es hat sich letztlich noch keine Mehrheit gefunden, die Bürgermeistern einen Einzug in den Kreistag verwehrt. Dies zurecht, auch wenn ich das Spannungsverhältnis zwischen den Bürgermeistern und den Landräten durchaus für nicht wegzudiskutieren halte. Die hohe Sachkompetenz der Bürgermeister spielt hierbei übrigens meines Erachtens keine übergeordnete Rollte. Diese ist bei den anderen Kreistagskollegen, welche keine Bürgermeister sind, auch vorhanden.

    Zu allererst erhalten Bürgermeister stets hohe Stimmenzahlen aus der Bevölkerung. Dies bedeutet, dass die Bevölkerung Bürgermeister im Kreistag vertreten sehen will. Und ich traue der Bevölkerung durchaus zu, dass sie das Spannungsverhältnis sieht, es aber nicht so gravierend einschätzt, wie Herr Dr. Aden. Die aktuelle Rechtslage ist also zutiefst basisdemokratisch. Bürgermeister aus den Kreistagen zu verbannen, ist nicht der Wille der Wählerinnen und Wähler.

    Herr Aden hat hierbei die Diskussion um die Kreisumlage angesprochen. Gerade hier ist es eminent wichtig, dass Bürgermeister im Kreistag vertreten sind, um einen soliden Gegenpol zu schaffen. Die Kreisumlage dringt in erheblichem Maße in die Kommunalfinanzen und somit in die kommunale Selbstverwaltung ein.

    Die Kommunen haben jedoch kein gesetzliches Mitspracherecht bei der Festsetzung der Kreisumlage. Wenn die Mitsprache nicht auf Ebene des Kreistags geschieht, könnte sich gerade bei einer umlagefinanzierten Körperschaft wie dem Landkreis durchaus ein Stück weit eine Selbstbedienungsmentalität entwickeln, der es entgegenzuwirken gilt. Sollten Bürgermeister tatsächlich keine Kreistagsmitglieder mehr sein dürfen, müsste der Landesgesetzgeber im Gegenzug dafür sorgen, dass Kommunen ein gesetzlich verankertes Mitspracherecht bei der Festsetzung der Kreisumlage bekommen, wie immer das auch dann in der Praxis aussehen wird.

    Ich persönlich halte das Spannungsverhältnis zwischen Landrat und Bürgermeister nicht für derart relevant, dass dies zu einem Ausschluss der Bürgermeister führen sollte. Sowohl Bürgermeister als auch die Landräte können mit dieser Situation durchaus professionell umgehen. Was Herr Aden genau meint, wenn er ausführt, dass sich dieses angebliche Abhängigkeitsverhältnis lähmend auf die Diskussion auswirkt, vermag ich nicht zu sagen. Es wäre schön gewesen, wenn Herr Dr. Aden dies auch mit Belegen aus der Praxis untermauert hätte. Und selbst wenn man dies bejahen würde, darf doch ein ‚Lähmen der Diskussion’ nicht dazu führen, dass eine ganze Personengruppe ausgeschlossen wird.

    Ich könnte noch viele weitere Gründe nennen, möchte es aber dabei belassen.”

    Norbert Swoboda, Lauterbach

    Norbert Swoboda.

    „Herr Dr. Aden wiederholt diese Äußerungen in regelmäßigen Abständen. Der Landtag hat erst vor wenigen Tagen diesem Ansinnen eine Abfuhr erteilt, und dies ist aus meiner Sicht auch gut so. Die Abhängigkeit vom Landrat sehe ich als äußerst gering, da der Landrat als Dienstherr ja nur einschreiten muss, wenn es erhebliche Beanstandungen gibt. Meist sind es auch die Bürgermeister, die Kritik an der Verwaltung äußern, weil die Vorlagen unzureichend sind. Auch wird von unserer Seite immer wieder kritisiert, dass der Landrat zahlreiche Eil-Entscheidungen trifft, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Kreistages oder seiner Ausschüsse gehören.

    Im Gegenteil, gerade die Fachkompetenz der Bürgermeister ist das entscheidende Plus eines Kreistages, da sie ja Kolleginnen und Kollegen, die entweder über keine Gremienerfahrung oder über keine Fachkompetenz verfügen, unterstützen und beraten können.

    Auch die Höhe der Kreisumlage, die sich unmittelbar auf die Finanzkraft einer Gemeinde auswirkt, wird nach dem Motto ‚Leben und leben lassen’ mit Weitsicht festgelegt. Bürgermeistern zu unterstellen, dass sie zunächst immer nur an das Wohl ihrer Gemeinden denken und nicht an den restlichen Kreis, entbehrt jeder Grundlage. Auch die gewählten Vertreter des Wahlkreises denken an ihre Kommunen, nichtsdestotrotz ist das Wohl des Kreises letztlich entscheidend. Ohne Bürgermeister würde aber auch die Kreisumlage zum Teil in astronomische Höhen entschwinden, was die Finanz- und Gestaltungskraft der Kommunen nachhaltig schwächen würde.

    Da ich ja selbst ebenfalls seit 1999 im Kreistag und inzwischen auch dienstältester Bürgermeister des Landkreises bin, kann ich dies sehr gut beurteilen.

    Im Übrigen sind Bürgermeister wie auch alle anderen Personen darauf angewiesen, dass sie überhaupt gewählt werden. Bürgermeister haben wie auch Ärzte sicherlich einen höheren Bekanntheitsgrad, dies erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, gewählt zu werden. Demzufolge sind Kreistagswahlen wie auch Gemeinderatswahlen Persönlichkeitswahlen. In dem Zusammenhang darf ich noch darauf hinweisen, dass ich 1999 in einem anderen Wahlkreis (Eschach) als Mitglied des Kreistages gewählt wurde, obwohl Lauterbach zum Wahlkreis Schwarzwald gehörte. Hier wurde also die Persönlichkeit gewählt und nicht der Bürgermeister einer zum Wahlkreis gehörenden Gemeinde.”

    Marcus Türk, Villingendorf

    Marcus Türk.

    „Als betroffener Bürgermeister sehe ich die Sachlage natürlich etwas anders. Viele Entscheidungen auf Kreisebene haben direkten Einfluss auf die Kommunen. Von daher ist es von Vorteil, wenn diejenigen, die die Kommunen vertreten, also die Bürgermeister, ihren Sachverstand im Kreistag mit einbringen. Dadurch ist auch ein direkter Bezug zu den Kommunen gewährleistet.

    Außerdem wurden die Bürgermeister bereits von ihrer Bevölkerung gewählt. Nach einer erneuten Wahl in den Kreistag sind sie somit durch zweimalige Urwahl quasi doppelt vom Volk als dessen Vertreter legitimiert. Viel mehr an ‚lupenreiner Demokratie’ geht also nicht.

    Darüber hinaus ist ein Bürgermeister nicht nur dem Wohl der eigenen Kommune verpflichtet, sondern hat selbstverständlich auch das Wohl des gesamten Landkreises im Blick, denn das Wohlergehen der Kommunen ist auch abhängig vom Wohlergehen des Landkreises.

    Ralf Ulbrich, Deißlingen

    Ralf Ulbrich.

    „Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass der Landkreis beziehungsweise das Landratsamt nur für den Bereich der staatlichen Verwaltungsangelegenheiten (Untere Verwaltungsbehörde) den Gemeinden gegenüber als übergeordnete Behörde agiert. In diesen Bereichen kann aber auch der Kreistag mit Ausnahme der Stellenbesetzungen keinen Einfluss nehmen, da es nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt, dort Sachentscheidungen zu treffen.

    In den Bereichen, die der kommunalen Selbstverwaltung unterliegen, ist es jedoch richtig und angemessen, dass die Städte und Gemeinden dort in Form ihrer gesetzlichen Vertreter mitwirken dürfen. Gerade die von Herrn Dr. Aden angesprochene Kreisumlage ist ein bedeutender Ausgabeposten der Städte und Gemeinden, und die Mitwirkung der Bürgermeister trägt zu einer maßvollen Haushaltswirtschaft des Kreises bei.

    Angeregt durch die Bürgermeister sind nicht zuletzt bedeutende Projekte auf Kreisebene angestoßen worden, wie zum Beispiel der Breitbandausbau. Hier versteht sich der Landkreis als Dienstleister für seine Kommunen, und diese Definition zeigt die enge Verflechtung dieser beiden Ebenen.

    Einen Konflikt zwischen den Kreisgemeinden und dem Landkreis kann ich jedenfalls nicht erkennen.“

    Stellungnahme des Landrats

    Dr. Wolf-Rüdiger Michel.

    „Die Regelung, dass Bürgermeister durch die Bevölkerung in den Kreistag gewählt werden können, hat sich jahrzehntelang bewährt.” Das sagt die Sprecherin des Landratsamts Rottweil, die Referentin des Landrats Brigitte Stein, auf Nachfrage der NRWZ. Die Oberbürgermeister und Bürgermeister seien „wie alle anderen Kreisrätinnen und Kreisräte verpflichtet – und gewohnt –, im Sinne des allgemeinen Wohls zu denken und zu handeln, auch in ihrer Funktion als Kreistagsmitglied”, so Stein weiter.

    Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel könne keine Abhängigkeit dieses Personenkreises erkennen. „Im Gegenteil, die Bürgermeister bringen, wie jede Berufsgruppe, ihre Sach- und Fachkenntnis selbstbewusst und gemeinwohlorientiert ein”, so seine Sprecherin.

    Sie fügt an: „Im übrigen denken die FDP-Bürgermeister im Land sicher anders als Herr Dr. Aden.”

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]