Beim Landratsamt Rottweil ist die Stelle eines hauptamtlichen Kreisbrandmeisters – laut Anzeige: männlich, weiblich, divers – neu zu besetzen. Und zwar zum nächstmöglichen Termin, wie es heißt. Was zunächst verwunderte – der amtierende Kreisbrandmeister Nicos Laetsch ist noch recht jung an Jahren, kam erst 2019 hierher und steckt eigentlich mitten in einem Großprojekt der Kreisfeuerwehr – hat einen so einfachen wie unspektakulären Hintergrund: Laetsch plant seinen nächsten Karriereschritt hin zu einer großen Berufsfeuerwehr.
Landkreis Rottweil – Seinen Namen liest man öfter im Zusammenhang mit umfangreicheren Feuerwehreinsätzen, in Berichten über Brände und Unfälle, größeren Ausmaßes: den Namen des Kreisbrandmeisters. Nicos Laetsch heißt dieser im Kreis Rottweil seit 2019, davor war es lange Zeit Mario Rumpf (der, wie man weiß, von seinem Ruhesitz Dunningen aus die Welt der Feuerwehr weiterhin mit Abstand, aber interessiert beobachtet).
Der Name Laetsch tauchte erst vor wenigen Tagen wieder in einem Pressebericht auf, als es um die Umstellung der Feuerwehren in den Städten und Gemeinden auf Digitalfunk ging. Die neue Technik erfordere nicht nur den Umbau der bisherigen Funkanlagen, sondern auch eine entsprechende Ausbildung, hieß es. Mehr als 2100 aktive Feuerwehrleute im ganzen Kreis müssen geschult werden. Den Anfang machte bereits die Feuerwehr Oberndorf. Und das alles unter der Federführung von Kreisbrandmeister Laetsch und seinem Team vom Brand- und Katstrophenschutz.
Abgang mitten im Projekt
„Mit der Einführung des neuen Systems haben wir nun die Gelegenheit, einige Vorgehensweisen neu zu ordnen und neue Vorgaben umzusetzen“, wird Kreisbrandmeister Nicos Laetsch in der Mitteilung des Landratsamts zitiert. Sie stammt vom 1. Juli, ist gerade mal zwei Tage alt. Die Ausbildung werde in einem Zwei-Stufen-Konzept umgesetzt, hieß es. Erst die Schulung der Führungskräfte, dann sollen diese ihr neu erworbenes Wissen weitergeben. Klingt nach einer Aufgabe, die es weiter zu überwachen gilt.
Und genau jetzt verlässt Laetsch den Landkreis. Für einige leitende Feuerwehrleute im Landkreis kommt das überraschend. Sie wissen von der freien Stelle entweder erst seit dem heutigen Mittwochmorgen, als die Anzeige des Landkreises online ging, oder sie erfahren durch die NRWZ-Anfrage davon. Bei manch einem steht das Telefon nach eigenen Angaben seit heute Morgen nicht mehr still.
Und warum geht der amtierende KBM, wie der Job in Feuerwehrkreisen abgekürzt wird? Er selbst steckt in einem internen Vollzeit-Feuerwehrlehrgang, kann auf die NRWZ-Anfrage nicht antworten. Für das Landratsamt Rottweil erklärt dessen Pressesprecherin Andrea Schmider:
Herr Laetsch wird seine Tätigkeit als Kreisbrandmeister für den Landkreis Rottweil auf eigenen Wunsch beenden. Er wird bei einem anderen Arbeitgeber eine Stelle übernehmen, die es ihm ermöglicht, sich beruflich weiterzuentwickeln. Wir bedauern seinen Weggang, können aber nachvollziehen, dass Herr Laetsch diese Chance ergreifen wollte. Wir werden uns nun bemühen, die Stelle schnellstmöglich wieder zu besetzen.
Uneinigkeit als Grund? Wohl kaum
Nachdem die NRWZ an dieser Stelle bereits am Mittwoch über den Weggang von Laetsch berichtet hat, liefen die Telefone heiß. Zunächst, weil die Nachricht viele Feuerwehrleute überraschte. Auch Kommandanten, denn Laetsch hat diese nach Kenntnis der NRWZ erst am Mittwochmorgen über seine Entscheidung, Rottweil zu verlassen, informiert. Dann folgten Erklärungsversuche: dass der amtierende Kreisbrandmeister gehe, weil er jüngst mit der Feuerwehr Rottweil aneinandergeraten sei, weil er zuletzt zwei von vier Zuschussanträgen für neue Fahrzeuge bisher nicht beantwortet und die anderen beiden abgelehnt habe.
Am Donnerstagmorgen bezeichnet ein Kommandant einer Feuerwehr im Landkreis diese Darstellung gegenüber der NRWZ als nicht nachvollziehbar. Ein KBM gehe nicht, weil er mit einer Feuerwehr vielleicht im Clinch liege. Ein KBM, und so habe er Laetsch kennen und schätzen gelernt, kümmere sich gleichermaßen um die Belange aller Feuerwehren in seinem Zuständigkeitsbereich, benachteilige, aber bevorzuge auch keine.
Und Uneinigkeit über Beschaffungsmaßnahmen gehörten doch zum Tagesgeschäft. Deshalb gebe ein KBM nicht auf. Es könne schon mal zu einer Missstimmung kommen, wenn ein Kreisbrandmeister die Wünsche einer Wehr nicht erfüllen könne. Doch seien das behördlich nachvollziehbare Verfahren, die auch einer Kontrolle unterlägen. Ein KBM könne nicht nach Belieben handeln, sondern unterliege klaren Vorgaben. Und er arbeite in einem großen Team, finde Entscheidungen mit mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam.
Karriereschritt
Und tatsächlich: Bei allem Gemunkel aus Rottweiler Sicht (siehe unten) ist der Grund für Laetschs Weggang ganz simpel: Es handelt sich um einen nächsten Karriereschritt. Wie die NRWZ erfuhr, wird Laetsch die Position eines leitenden Angestellten einer großen Berufsfeuerwehr übernehmen. Wann ist unklar, da müssen sich der bisherige und der neue Dienstherr einig werden, hieß es aus Laetschs Umfeld. Und wohin geht es? In Laetschs Heimatland, nach Sachsen.
Mehr über die Uneinigkeit
Unwidersprochen bleibt, dass es zwischen dem Landratsamt und etwa der Stadt Rottweil zuletzt geknirscht hat, lieferte derweil Rottweils Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf im Rahmen der eigentlich erfreulichen Einweihung der neuen Drehleiter der Rottweiler Feuerwehr am Samstag. So berichtete er, der Landkreis – und damit der amtierende KBM – habe einen Zuschussantrag für ein neues Löschfahrzeug für die Abteilung Hausen negativ beschieden. Er sehe den Bedarf nicht. Dagegen habe die Stadt Widerspruch eingelegt – das ist nun also ein offen ausgetragener Streit. Zumal die Stadt hier den TÜV auf ihrer Seite weiß. Der hat Bedenken gegenüber dem Weiterbetrieb Hausener Fahrzeugs geäußert.
Und es geht nicht um einen, es geht der Stadt Rottweil und deren Feuerwehr um vier Zuschussanträge für neue Fahrzeuge. Auch den Ersatz eines sogenannten Vorausgerätewagens hat das Landratsamt bereits abgelehnt, hier geht es um einen 25 Jahre alten Kleinbus, orangefarben, der das schwere Gerät zu Unfallstellen transportiert. Ob ein neuer KBM diesen Anträgen wohlwollender gegenübersteht, bleibt allerdings abzuwarten. Klar ist, dass die Feuerwehren im gesamten Landkreis erwarten werden, dass sie auch von der oder dem neuen KBM den Regeln gemäß und gleichermaßen berücksichtigt werden.
Aufgaben für den KBM
Der oder die neue KBM wird die Aufgaben erhalten, die Laetsch zu erledigen hatte, darunter: die „Sachgebietsleitung Feuerwehrwesen, Brand- und Katastrophenschutz, die Aufsicht über die Zentrale Feuerwehrwerkstatt des Kreises (die in Schramberg-Sulgen stationiert ist), die Fachaufsicht über die Integrierte Leitstelle für den Bereich Brand- und Katastrophenschutz, die Leitung des Führungsstabs sowie die technische Einsatzleitung.“ Außerdem ist der Kreisbrandmeister Mitglied im Bereichsausschuss Rettungsdienst, übernimmt repräsentative Aufgaben im Bereich des Feuerwehrwesens und verfasst Stellungnahmen zu Bauvorhaben im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes. Kurz: Der Kreisbrandmeister ist der ranghöchste Feuerwehrmann im Landkreis, er oder sie erledigt alle Aufgaben, die sich beim Landratsamt im Kontext der Feuerwehr ergeben und führt die Aufsicht über alle Gemeindefeuerwehren im Kreis. Der Kreisbrandmeister kann bei Einsätzen und Übungen jederzeit die Einsatzleitung übernehmen.
Der Kreisbrandmeister ist dabei ein feuerwehrtechnischer Beamter des gehobenen Dienstes. Im Kreis Rottweil verdient er nach A 13 bei einer 39-Stunden-Woche.
Der scheidende Kreisbrandmeister Nicos Laetsch war vor seiner Station in Rottweil ab 2016 als Feuerwehrbeamter in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover, zuvor sieben Jahre als Feuerwehrbeamter in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden im Bereich Brand- und Katastrophenschutzamt tätig.