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Impfstoff ist da, die Delta-Variante auch

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Monatelang hat es im Kreis Rottweil an Impfstoff gefehlt, was auch Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel kräftig geärgert hat – erst in der vorigen Woche. Jetzt ist Impfstoff da, in rauen Mengen – und keiner will ihn haben. So jedenfalls stellte sich die Lage beim telefonischen Pressegespräch mit der Kreisverwaltung dar.

20 Prozent Nachfrage

3500 Dosen des Impfstoffs von Biontech, 7500 von AstraZeneca und 700 von Johnson & Johnson sind da oder für die nächsten Tage angekündigt – „so viel haben wir noch nie gehabt“, freute sich der Landrat über den Segen aus Stuttgart. Doch der Andrang auf die Termine lässt zu wünschen übrig. Etwa 1000 Termine hätte das Kreisimpfzentrum (KIZ) für die kommende Woche bereit, „gebucht sind vielleicht 20 Prozent“, berichtete Hielscher. „Wir müssen die Bevölkerung aufrütteln, damit die Impfmüdigkeit nicht steigt“, forderte Michel auf. Und Hielscher machte noch einmal deutlich, dass der Impfschutz schon nach der ersten Impfung bestehe –  bei Biontech beispielsweise betrage er sieben Tage nach der Erstimpfung 50 bis 60 Prozent, bei AstraZeneca sogar knapp 90 Prozent. Vor allem im Anbetracht der Tatsache, dass die hoch ansteckende Delta-Variante des Corona-Virus inzwischen auch im Kreis angekommen sei.

Rückkehrer schleppen Delta-Variante ein

Die bereitet nicht nur dem Landrat Sorgen. 20.000 Fälle in Großbritannien – da blickte er „fassungslos“ auf die UEFA, die so viele Zuschauer im Stadion zulasse. Und Michel hoffte auf die Vernunft der Urlauber. Ohne Überprüfung der Rückkehrer werde es nicht gelingen, den Virus im Griff zu behalten, warnte er.

Drei Rückkehrer aus Russland und Afrika seien es auch, die den Virus in den Kreis Rottweil gebracht hätten, berichtete Dr. Heinz-Joachim Adam, der Leiter des Gesundheitsamts. Alle drei hätten Symptome gezeigt, einer musste ins Krankenhaus. Und keiner der drei sei geimpft gewesen. Inzwischen sei die Quarantäne der drei beendet, die Absonderung der Kontaktpersonen ende in der kommenden Woche.

Bei dieser Variante seien auch Kinder gefährdet, sagte Adam. Es sei daher auch aus diesem Grund wichtig, dass sich die Erwachsenen impfen lassen, um nämlich nicht die Kinder anzustecken. Aktuell sind zwei Personen bis zehn Jahre angesteckt (und keine über 70).

Ausgezeichneter Inzidenz-Wert

Die aktuelle Situation ist erfreulich: Mit einem Sieben-Tage-Inzidenzwert von 2,1 liegt der Kreis landesweit auf einem der vorderen Plätze. In den Pflegeheimen gebe es derzeit keine Infizierten.

100.000 Impfungen

Das KIZ hat inzwischen 57.200 Impfungen vorgenommen, die Hausärzte 41.800, insgesamt also fast 100.000. Weil nicht alle Impflinge am KIZ aus dem Kreis Rottweil kommen, sind hier auch noch die Zahlen der Geimpften im Kreis Rottweil (Quelle: Sozialministerium, Stand: Sonntag, 27. Juni): 67.500 Personen sind mindestens ein Mal geimpft (48,2 Prozent), 48.600 sind schon zweimal geimpft (34,7 Prozent der Gesamtbevölkerung).

Wer allerdings seinen ersten Impftermin in einem anderen Landkreis hatte und jetzt bei der guten Lage gerne die Zweitimpfung in Rottweil hätte, der wird enttäuscht: Die Termine sind gebucht, ein Wechsel des KIZ würde beide durcheinanderbringen. „Gehen Sie dort zur Zweitimpfung, wo Sie die Erstimpfung erhalten haben“, riet Martine Hielscher.

Testzentren werden weiter gebraucht

In den Testzentren im Kreis hat es wöchentlich rund 27.000 Schnelltests gegeben, berichteten Dr. Adam und sein Kollege Stephan Vilgis vom Gesundheitsamt. In der vorigen Woche waren es nur noch 17.000, „darunter ein positiver Fall.“ Daher hätten bereits Impfzentren zugemacht (wir berichteten). Wichtig sei aber, die Testkapazität aufrechtzuerhalten, für den Fall, dass mit der Delta-Variante des Virus die Zahl der Ansteckungen wieder steige, sagte Vilgis. Es gebe aber auch weiter Anfragen nach Errichtung von Testzentren.

In den Krankenhäusern im Kreis sei derzeit kein Corona-Patient, „die Lage entspannt sich“, sagte Vilgis.

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Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

1 Kommentar

  1. Auf die Delta-Variante wird die Epsilon-Variante folgen.

    Wer weiß, wie dann die nächste Mutante heißt? Unter den richtigen Antworten wird eine Impfung mit Biontech verlost. Wer falsch antwortet, bekommt eine Impfung mit Curevac. Mit der Omega-Mutante wird das Spiel enden …., das ist nämlich der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets.

    Mal im Ernst: Bei früheren Pandemien wie der Hong-Kong-Grippe (1969 bis 1970 mit vier Mio. Toten) oder der Spanischen Grippe gab es sicher auch Mutanten, das ist normal, weil die Kopiermaschinen für das Erbgut nicht so präzise arbeiten, wie es vereinfachend im Biologiebuch in der Schule steht, sondern es immer wieder zu Kopierfehlern kommt, die dann zu einem Austausch einzelner Basen führt. Der Rest ist klassische Evolution: Bindet die neue Variante besser, setzt sie sich langfristig durch, nonsesne-Varianten fallen gleich durch. Überlegen ist, wer sich durch effektivere Bindung an die Rezeptoren auf unseren Zellen besser vermehren kann, weil er leichter einen Wirt (Mensch) findet. That’s all. Das klappt aber nur, wenn der Mensch nicht geimpft ist.

    Die Sequenzierung von DNA/RNA wurde erst 1977 erfunden/entwickelt. Anfangs brauchte man dafür viel Radioaktivität und noch mehr Zeit, allein die „Belichtung“ der Röntgenfilme durch die radioaktive DNA dauerte mehrere Wochen. So konnten bei den oben genannte Pandemien eben noch keine Mutanten identifiziert werden.

    Heute liegt das Ergebnis noch am selben Tag vor, alles automatisierbar, preisgünstig, ohne Radioaktivität, und das Ergebnis wird sofort online mit zig Datenbanken auf aller Welt verglichen. Nur so konnte auch der Weg des Virus von China aus verfolgt werden, hier eine Animation:

    https://nextstrain.org/ncov/2020-03-27?d=map&lang=de&p=full

    Anmerkung: links oben auf „Abspielen“ klicken.

    Man sollte also nicht soviel Theater machen um die Mutanten, sie binden in der Regel etwas besser an unsere Zellen, aber mehr nicht. Bessere Bindung muss nicht zwingend schwereren Verlauf bedeuten, schon deshalb, weil es dafür vmtl. Veränderungen an anderen Stellen des Virus-Genoms bräuchte, die dann aber wieder nichts mit der Fähigkeit zur Bindung an unsere Zelloberflächen zu tun hätten, also keinen Vorteil für’s Virus bringen. Bessere Bindung ergibt also vielleicht ein paar mehr infizierte pro Zeiteinheit, mehr nicht. Merke: Das Virus ist nicht „böse“, will uns nicht umbringen, es will sich nur, wie jedes andere Lebewesen auch, vermehren.

    So lange es noch große ungeimpfte Populationen in der Dritten Welt gibt, werden sich also ständig neue Mutanten bilden können, die dann wieder irgend jemand hierher trägt, vor allem nicht geimpfte Personen, so wie im Artikel beschrieben.

    Also: Impfen, impfen und nochmals impfen bis die Nadeln glühen! Es kann für uns auch kostengünstiger sein, armen Staaten Impfstoff zu spenden und sie organisatorisch zu unterstützen, als nachher mit deren Mutanten zu kämpfen! Das wäre dann mal vernünftige Entwicklungshilfe.

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