Der Stopp eines Transports von rumänischen Hunden und Katzen auf der A 81 bei Rottweil hat Entrüstung ausgelöst – bei den Käufern Empfängern* der Tiere, die das Einschreiten der Behörden als überzogen und unnötig darstellen. Die NRWZ hat auch auf Drängen dieser Menschen bei Polizei und Veterinäramt nachgehakt. Und von dieser Behörde eine ausführliche Stellungnahme bekommen.
Kurze Zusammenfassung: Die Polizei hat am Samstagnachmittag nahe Vöhrigen einen rumänischen Tiertransporter kontrolliert und beanstandet. Sie fanden laut Polizeibericht einen mit Schimmel befallenen und mit Exkrementen verunreinigten Laderaum vor, in dem 21 Hunde und drei Katzen ausharren mussten. Die Beamten der Polizei Oberndorf hätten zur Beurteilung des Zustandes der Tiere und des Transports sofort das Veterinäramt informiert. Im Rottweiler Tierheim seien die Hunde und Katzen versorgt und untersucht worden. Erst am nächsten Tag durfte der Transport weiterfahren, erst nachdem eine vierstellige Sicherheitsleistung bezahlt worden war. Übrigens: vom Rottweiler Tierheim und per Paypal, weil es sonntags anders nicht gegangen wäre, so Günther Hermus, Vorsitzender des Tierschutzvereins Rottweil.
Wir haben hier darüber berichtet. Auch über den Ärger, der anschließend über das Rottweiler Tierheim hereingebrochen ist.
Die Vorwürfe
Dass sich die Ankunft der Tiere um einen Tag verzögert und offenbar verteuert hat – für die Empfänger nicht nachvollziehbar. Die NRWZ hat nach ihrem Bericht über den Vorfall einige Mails erhalten. Die Verfasserinnen wollen wissen, dass der Transport schon vorher zweimal in eine Kontrolle geraten war. Einmal etwa in Österreich und nur wenige Stunden vor der bei Vöhringen im Landkreis Rottweil. Es habe dort keinerlei Beanstandungen gegeben. Und weiter: „Was überhaupt nicht gut ist, ist, wenn Strafgelder abgezockt werden, wenn alles tadellos ist. Und wenn dann Tiere im Rottweiler Tierheim untergebracht werden, die eigentlich inzwischen im neuen Zuhause in ihrem Körbchen schlafen sollten, und dem Transporteur unterstellt wird, dass die Tiere krank und illegal sind, obwohl nichts davon nachgewiesen worden konnte, und die Tiere ja dann auch weiterreisen konnten, dann kann man schon mal richtig wütend werden.“
Eine weitere Leserin schreibt: „Mir gehört einer der Hunde, die am Wochenende ihre Reise nach Deutschland in eine Familie angetreten haben.“ Und weiter: Der Transport „hatte alle nötigen Papiere, genauso wie alle Hunde. Wäre dieser illegal gewesen, könnte ich die Reaktionen der Polizei, sowie des Tierheimes uns gegenüber verstehen. Denn die illegalen Transporte von Tieren nach Deutschland sind in der Tat ein Problem, welches auch unterbunden werden muss. … Uns Hundehalter jedoch dann bei Nachfrage (sowohl bei der Polizei als auch im Tierheim), was mit unseren Hunden nun geschieht, zu unterstellen, dass wir hier etwas Illegales tun und zu fragen, wie wir das den Tieren nur antun können, finde ich sehr respektlos. Ebenso wie die Behauptung, dass die Tiere zuvor keine Straßenhunde waren. Ich kann Ihnen bestätigen, dass diese es durchaus waren. … Meine Hündin kam zudem in keinem schlechten Zustand bei mir an. Sie war ein wenig unsicher, was völlig normal ist. Hunde vom Züchter sind zunächst auch unsicher. Man darf nicht vergessen, dass ein Hund zunächst nicht weiß was passiert. Meine Hündin ist aber auch sehr neugierig und definitiv nicht verstört. Sie ist welpentypisch verschmust, verspielt und neugierig. Ein weiterer Punkt, der uns zweifeln lässt, ist, dass der Transporter zwei Stunden zuvor schon mal kontrolliert wurde und dort alles einwandfrei war und die Tiere ihre Reise in die neue Familie fortsetzen durften. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich Schimmel innerhalb von zwei Stunden bildet.“
Was eine Abnehmerin sagt
Wir fragen auch bei einer Abnehmerin nach. Sie gehört zu einer sogenannten Tiernothilfe-Organisation in Österreich, hat selbst Tiere mit diesem Transport bekommen. Sie habe elf Hunde aus dem Transport übernommen, sagt sie, mit denen alles in Ordnung gewesen sei. Das sei nur wenige Stunden vor der Kontrolle im Landkreis Rottweil gewesen.
Stellungnahmen
An der Kontrolle und dem Stopp des Transports bei Rottweil waren der Zoll, die Polizei und das Veterinäramt beteiligt. Bei zweien der Behörden hakt die NRWZ nach. „Ich weiß, dass zu dem Tiertransport viele Reaktionen kommen und nun auch das Tierheim Rottweil im Fokus steht. Dies ist aber unbegründet“, schreibt uns ein Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. Die Diskussion drehe sich jetzt natürlich darum, ob die Zustände im Transporter normal oder unhaltbar waren. „Allein der Umstand, dass ein vierstellige Sicherheitsleistung verlangt wurde und die Weiterfahrt untersagt worden war, bis die Auflagen erfüllt waren (Reinigung des Transporters) spricht eigentlich für sich“, so der Polizeisprecher. „Das Veterinäramt hat in der Angelegenheit allerdings die Sachleitungsbefugnis, weswegen ich nicht autorisiert bin, Bildmaterial herauszugeben.“
Um es gleich vorwegzunehmen: Auch das Veterinäramt Rottweil gibt keine Bilder aus dem Transporter heraus. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen verfahrensbedingt keine Bilder beifügen können“, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts dazu.
Zur Sache an sich äußert sich allerdings der Leiter des Veterinäramts Rottweil, Dr. Jörg Hauser, ausführlich:
Am 17.04.2021 wurde im Landkreis Rottweil ein Tiertransport kontrolliert. Das Fahrzeug, ein Kleintransporter, startete in Rumänien und fuhr mit den unterschiedlichsten Ausladestellen durch Ungarn, Österreich, Deutschland bis in die Niederlande. Zum Kontrollzeitpunkt wurden auf dem Fahrzeug 21 Hunde und drei Katzen vorgefunden. Ursprünglich war der Transporter mit 38 Hunden und 3 Katzen beladen. Zuvor wurden die Hunde und Katzen bereits an verschiedenen Orten in Rumänien gesammelt und diese an verschiedenen Plätzen entlang des Fahrwegs an Kontaktpersonen übergeben, welche dann die Tiere an den/die zukünftigen Halter/innen weitergaben bzw. möglicherweise sich auch einzelne, zukünftige Halter/innen dort direkt einfanden.
Unter anderem war eine Abladestelle der P&R Parkplatz Zimmern bei Rottweil. Hier wurden 5 Hunde abgegeben. Als nächste Orte waren zunächst vorgesehen: Heilbronn, Mannheim, Koblenz, Kassel, Werder in Brandenburg, weiter nach Hamburg, Bremen, Osnabrück und zuletzt Holland.
Da die Tiere ursprünglich an verschiedenen Orten beladen wurden, kann die Transportdauer nicht für jedes Tier genau beziffert werden.
Die Hunde zeigten beim og. Kontrolltermin einen erschöpften und teilweise sehr gestressten Eindruck. Die meisten Tiere hatten mit Urin durchnässte Liegeflächen. Die Luft im Transporter roch stark nach Kot und Urin. Die hygienischen Verhältnisse waren sehr schlecht. Teilweise waren die Hunde teilnahmslos und verängstigt. Manche Hunde bissen in die Käfigstangen.
Aufgrund Zweifel an der weiteren Transportfähigkeit einzelner Hunde wurde der Transporter zur weiteren Abklärung zum Tierheim Rottweil umgeleitet. Hier wurden die Tiere abgeladen, versorgt und genauer untersucht. Unter den engen Verhältnissen des Fahrzeugs war dies nicht möglich.
Bei der weiteren Untersuchung konnte festgestellt werden, dass bei einzelnen Hunden eine gebildete Hautfalte stehen blieb, was ein schwerer Befund darstellt und ein klares Anzeichen für hochgradigen Wassermangel darstellt. Normalerweise verstreicht eine gebildete Hautfalte bei Hunden sofort. Mindestens zwei Tiere waren deutlich sediert. Ein tierärztlicher Nachweis über die Notwendigkeit der Behandlung beim Transport lag nicht vor. Zwei Hunde waren extrem verängstigt und hochgradig gestresst. Nach dem Abladen zeigte ein Hund deutlich blutigen Kot. Ein weiteres Tier setzte ebenfalls blutigen Kot ab. Eine Untersuchung ergab einen Befall mit Giardien.
Bei der Nachkontrolle am 18.04.2021 ergab sich, dass die Hunde sich gut erholt hatten. Nach Mitteilung des Tierheimpersonals wurden enorme Mengen an Wasser durch die Hunde aufgenommen. Das Fahrzeug war ordentlich gereinigt und desinfiziert worden. Es gab neue Liegematten in den einzelnen Boxen.
Zuvor war mit einzelnen Abnehmern Kontakt aufgenommen worden, um gezielt sich versichern zu lassen, dass die Hunde adäquat versorgt werden würden.Aufgrund der Dokumentenprüfung ergaben sich Zweifel am korrekten Ausstellen der vorhandenen Zeugnisse. Hier erfolgt eine Anfrage an die rumänischen Behörden über die Kontaktstelle des Bundes mit der Bitte um Prüfung und Bestätigung. Weiter werden die Veterinärämter, in deren Zuständigkeit eine Entladung vorgenommen wurde, über den Vorgang informiert.
Das Tierheim Rottweil hat gemessen an dem enormen Aufwand nur einen Teil ihrer Kosten in Rechnung gestellt. Zu der intensiven Betreuung der Hunde kommt die nachfolgende umfangreiche und aufwendige Reinigung und Desinfektion des Quarantänebereichs, um eine Verschleppung der zweifellos vorhanden Krankheitserreger zu verhindern.
Das Tierheim Rottweil ist das einzige Tierheim im Kreis Rottweil, welches eine derartige Aufgabe, aufgrund der baulichen und personellen Voraussetzungen, derzeit bewältigen kann.
Das für den Transporteur zu erwartende Bußgeld wurde in Form einer Sicherheitsleistung erhoben.
Aufgrund der vielen Rückmeldungen nimmt das Veterinäramt an, dass der verantwortliche Transporteur das Bußgeld als zusätzliche Kosten an die verbliebenen Abnehmer weitergegeben hat, was evtl. zu dem Unmut bei den Betroffenen geführt hat. Den Tieren konnte durch die Unterbrechung des Transports erheblich geholfen werden.
Von dem Vorwurf, das Veterinäramt mache ‚gemeinsame Sache‘ mit dem Tierschutzverein Rottweil distanziert sich das Amt ausdrücklich.
Dr. Jörg Hauser, Veterinär- und Verbraucherschutzamt Rottweil
*Wir wurden darauf hingewiesen, dass es sich um gegen eine Schutzgebühr vermittelte, nicht zum Kauf angebotene Tiere handelt. Die Empfänger nennen sich selbst Adoptanten.