Hauptsache, die Sommerferien werden nicht gekürzt

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Kurz vor den offiziellen Osterferien sind die Schülerinnen und Schüler im Kreis Rottweil zwar zu Hause, aber noch fleißig am Lernen. Auch in den Schulen ist noch Hochbetrieb. Wir haben im Kreis herumgefragt.

Linus Schmider aus Oberndorf hat sein Zimmer umgestellt, um besser lernen zu können. „Oben liegen Sachen, die ich noch machen muss, unten das was schon fertig ist“, erzählt der Sechstklässler, der das Oberndorfer Gymnasium besucht. Seit er zu Hause lernt, hat er auch Bildschirm, Tastatur und Laptop von Mama bei sich stehen.

Der fast Zwölfjährige bekommt jeden Montag den Wochenplan per E-Mail, den er dann abarbeiten muss. Bei Rückfragen könne er sich an die Lehrer wenden oder im Klassenchat nachfragen, erzählt er. Es gebe viel zu tun. „Ich lerne vielleicht ein bisschen weniger als wenn ich in der Schule wäre“, aber für die Situation sei es ganz gut, wie alles läuft.

Allerdings sei es für Einzelkinder hart: „Mama und Papa haben im Geschäft noch Kontakt zu anderen. Ich geh halt mal mit dem Roller raus und sehe meine Kumpels nicht“.

Auch das Vereinsleben hat sich verändert: Turnen fällt derzeit für den Sechstklässler aus, Horn übt er per Videotelefonat, und die Ministranten treffen sich immerhin per Whatsapp zur „Mini-Stunde“. Schulunterricht per Video gebe es aber nicht.

Aprilscherz von bayrischem Vater zündet auch hier

Die größte Sorge von Linus ist jedoch, dass die Sommerferien gekürzt werden könnten, um Stoff nachzuholen – so wie es Bayern vorhabe. Erstaunen auf Redakteurinnenseite – das ist neu. Nach kurzer Recherche stellt sich jedoch heraus, dass dies nur ein Aprilscherz war: Ein kreativer dreifacher Vater schockte am 1. April seine Kinder mit einem fake-Artikel des Magazins Spiegel. Angeblich sollten die Sommerferien auf drei Wochen gekürzt werden, um Lernstoff nachzuholen. Der Scherz zog Kreise,  sogar das bayerische Kultusministerium reagierte mit einer Richtigstellung.

„Wir wollen nicht die mit dem geschenkten Corona-Abi sein“

Ganz andere Sorgen hat Thalia Fehrenbacher aus Lauterbach, die das Gymnasium Schramberg besucht. Die Abiturientin lernt derzeit nur für die Hauptfächer. Mit dem Stoff seien sie schon durch, zu Hause etwas zu erarbeiten sei auch kein Problem, außer bei Mathe, da sei es schwer.

Ansonsten sieht Thalia die Situation so: „Für uns Zwölftklässler ist das fast schon positiv, weil wir die Zeit zum Lernen auf‘s Abi nutzen können“, meint sie. Aber: Wenn nach den Osterferien noch Klausuren nachgeschrieben werden sollten, dann werde es da wiederum eng mit auf‘s Abi lernen.

Ihre Aufgaben kann sie sich täglich im „Schulmanager“ und „Moodle“ abrufen. Das sind zwei Apps, die in Schramberg alle auf dem Handy haben. In ihrer Stufe gebe es niemanden ohne Handy und Zugriff auf einen Computer, glaubt Thalia. Auch Partneraufgaben gebe es immer noch, diese werden per Skype, Telefon und whatsapp erledigt.

Die schriftlichen Abiturprüfungen werden voraussichtlich anstatt ab dem 22. April erst ab dem 18. Mai stattfinden – so die bisherige Planung laut Kultusministerium. Es kursiert eine Petition, in der Schülerinnen und Schüler auf Absage der Prüfungen drängen. Schließlich sei das Zusammensein auf engem Raum, die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Gefahr für die Gesundheit, und durch Hilfs- und Babysitterdienste habe die eine oder der andere auch weniger Zeit für die Vorbereitung auf das Abitur. Stattdessen solle einfach aus dem Durchschnitt der letzten vier Halbjahre die Abitursnote errechnet werden.

Mehr als 100.000 haben unterschrieben – auch einige ihrer Mitschüler, glaubt Thalia. Jedoch: „Grundsätzlich ist die Begründung der Schüler gut, aber eigentlich wollen wir schon das Abi schreiben. Wir wollen hinterher nicht ‚die mit dem geschenkten Corona-Abi‘ sein“, erklärt sie.

„Hart ist es vor allem für Menschen mit Behinderung, Ältere und Kinder“

Cornelia Graf, Schulleiterin Sozialpädagogik an der Edith-Stein-Schule für soziale Berufe in Rottweil steht mit Tom Dickmann, Schulleiter Heilerziehungspflege, vor dem nagelneuen, lichtdurchfluteten und gähnend leeren Schulgebäude. Nur zwei Wochen konnten sie den Schulbetrieb genießen, sie freue sich, wenn es weitergeht. Die Schülerinnen und Schüler der Edith-Stein-Schule machen praxisintegrierte Ausbildung zu Erziehern, Heilerziehungspflege und Altenpflege. Da die meisten schon volljährig sind, seien sie natürlich selbständiger als die Jüngeren.  „Das Aufgaben geben läuft gut, der Kontakt ist da“, berichtet Graf.

Zwei Tage pro Woche wird zu Hause gelernt. Jeder Tag sei mit Aufgaben organisiert. Die Aufgaben werden von den Fachlehrern an die Schulleitung geschickt, und die verteilt zentral per E-Mail. Es gebe auch mal Video-Tutorials, so Graf. Zum Beispiel bei Naturkunde seien die Fachlehrer auf der Wiese und filmen da. Das sei eine gute Ergänzung, viel aktiver und lebendiger als nur Aufgaben zu stellen.

„Natürlich wünschen wir uns den direkten Unterricht, aber Gesundheit geht vor“, meint Graf. „Man muss sich einfach ein bisschen umstellen, dann ist das im Anbetracht der Lage das Beste, was wir machen konnten.“

Die anderen drei Wochentage gehen die Edith-Stein-Schüler ganz normal in ihre Einrichtungen zum Arbeiten. Das sei wichtig. „Am schlimmsten ist es für die Älteren, die Kinder und die Menschen mit Behinderung“, glaubt Graf.

Um die Prüfungen macht sie sich keine Sorgen: Diese sind um ein paar Tage verschoben, finden stand heute aber statt.

„Ich hoffe, dass das so bleibt, damit die Schülerinnen und Schüler die Ausbildung gut beenden können“, sagt Graf, und: „Wir können die Prüfungen so organisieren, dass genügend Abstand gewahrt ist.“

Realschule Rottweil: Es soll aufgearbeitet werden

Viele Schülerinnen und Schüler brauchen beim Homeschooling Unterstützung – und bekommen sie auch. „Der Schulsozialarbeiter und die Lehrkräfte sind mit den Schülern im Austausch“, berichtet Margit Honer, Konrektorin der Realschule Rottweil. Derzeit könne man bei den Kleineren eher Wiederholendes, bei den Größeren auch mal Neues als Aufgabe bringen.

„Wir werden sicher vieles aufarbeiten, nachfragen, wiederholen müssen“, ist sich Honer sicher. „Wie es wirklich ist, werden wir erst sehen, wenn wieder normal Schule ist.“

Nähprojekt gestartet

Unter dem Motto „Wir bleiben zu Hause – engagieren uns aber sozial!“ hat die Realschule Rottweil ein Nähprojekt gestartet. Schüler und deren Eltern und Verwandte nähen seit letzter Woche Stoffmasken. Diese sind zwar nicht so gut wie eine medizinische Atemschutzmaske und kein hundertprozentiger Schutz. Aber sie halten immerhin „Tröpfchen“ ab und dienen als „Spuckschutz“. Die genähten Masken werden an Altenpflegeheime, Krankenhäuser, und Rettungsdienste verteilt. 

Die Näh-Anleitung ist auf der Realschul-Homepage abrufbar. Das Nähprojekt komme in Fahrt, freut sich Margit Honer: In den letzten Tagen seien schon rund 100 Masken  genäht und weitergegeben worden.      

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Linus Schmider aus Oberndorf hat sein Zimmer umgestellt, um besser lernen zu können. „Oben liegen Sachen, die ich noch machen muss, unten das was schon fertig ist“, erzählt der Sechstklässler, der das Oberndorfer Gymnasium besucht. Seit er zu Hause lernt, hat er auch Bildschirm, Tastatur und Laptop von Mama bei sich stehen.

Der fast Zwölfjährige bekommt jeden Montag den Wochenplan per E-Mail, den er dann abarbeiten muss. Bei Rückfragen könne er sich an die Lehrer wenden oder im Klassenchat nachfragen, erzählt er. Es gebe viel zu tun. „Ich lerne vielleicht ein bisschen weniger als wenn ich in der Schule wäre“, aber für die Situation sei es ganz gut, wie alles läuft.

Allerdings sei es für Einzelkinder hart: „Mama und Papa haben im Geschäft noch Kontakt zu anderen. Ich geh halt mal mit dem Roller raus und sehe meine Kumpels nicht“.

Auch das Vereinsleben hat sich verändert: Turnen fällt derzeit für den Sechstklässler aus, Horn übt er per Videotelefonat, und die Ministranten treffen sich immerhin per Whatsapp zur „Mini-Stunde“. Schulunterricht per Video gebe es aber nicht.

Aprilscherz von bayrischem Vater zündet auch hier

Die größte Sorge von Linus ist jedoch, dass die Sommerferien gekürzt werden könnten, um Stoff nachzuholen – so wie es Bayern vorhabe. Erstaunen auf Redakteurinnenseite – das ist neu. Nach kurzer Recherche stellt sich jedoch heraus, dass dies nur ein Aprilscherz war: Ein kreativer dreifacher Vater schockte am 1. April seine Kinder mit einem fake-Artikel des Magazins Spiegel. Angeblich sollten die Sommerferien auf drei Wochen gekürzt werden, um Lernstoff nachzuholen. Der Scherz zog Kreise,  sogar das bayerische Kultusministerium reagierte mit einer Richtigstellung.

„Wir wollen nicht die mit dem geschenkten Corona-Abi sein“

Ganz andere Sorgen hat Thalia Fehrenbacher aus Lauterbach, die das Gymnasium Schramberg besucht. Die Abiturientin lernt derzeit nur für die Hauptfächer. Mit dem Stoff seien sie schon durch, zu Hause etwas zu erarbeiten sei auch kein Problem, außer bei Mathe, da sei es schwer.

Ansonsten sieht Thalia die Situation so: „Für uns Zwölftklässler ist das fast schon positiv, weil wir die Zeit zum Lernen auf‘s Abi nutzen können“, meint sie. Aber: Wenn nach den Osterferien noch Klausuren nachgeschrieben werden sollten, dann werde es da wiederum eng mit auf‘s Abi lernen.

Ihre Aufgaben kann sie sich täglich im „Schulmanager“ und „Moodle“ abrufen. Das sind zwei Apps, die in Schramberg alle auf dem Handy haben. In ihrer Stufe gebe es niemanden ohne Handy und Zugriff auf einen Computer, glaubt Thalia. Auch Partneraufgaben gebe es immer noch, diese werden per Skype, Telefon und whatsapp erledigt.

Die schriftlichen Abiturprüfungen werden voraussichtlich anstatt ab dem 22. April erst ab dem 18. Mai stattfinden – so die bisherige Planung laut Kultusministerium. Es kursiert eine Petition, in der Schülerinnen und Schüler auf Absage der Prüfungen drängen. Schließlich sei das Zusammensein auf engem Raum, die Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Gefahr für die Gesundheit, und durch Hilfs- und Babysitterdienste habe die eine oder der andere auch weniger Zeit für die Vorbereitung auf das Abitur. Stattdessen solle einfach aus dem Durchschnitt der letzten vier Halbjahre die Abitursnote errechnet werden.

Mehr als 100.000 haben unterschrieben – auch einige ihrer Mitschüler, glaubt Thalia. Jedoch: „Grundsätzlich ist die Begründung der Schüler gut, aber eigentlich wollen wir schon das Abi schreiben. Wir wollen hinterher nicht ‚die mit dem geschenkten Corona-Abi‘ sein“, erklärt sie.

„Hart ist es vor allem für Menschen mit Behinderung, Ältere und Kinder“

Cornelia Graf, Schulleiterin Sozialpädagogik an der Edith-Stein-Schule für soziale Berufe in Rottweil steht mit Tom Dickmann, Schulleiter Heilerziehungspflege, vor dem nagelneuen, lichtdurchfluteten und gähnend leeren Schulgebäude. Nur zwei Wochen konnten sie den Schulbetrieb genießen, sie freue sich, wenn es weitergeht. Die Schülerinnen und Schüler der Edith-Stein-Schule machen praxisintegrierte Ausbildung zu Erziehern, Heilerziehungspflege und Altenpflege. Da die meisten schon volljährig sind, seien sie natürlich selbständiger als die Jüngeren.  „Das Aufgaben geben läuft gut, der Kontakt ist da“, berichtet Graf.

Zwei Tage pro Woche wird zu Hause gelernt. Jeder Tag sei mit Aufgaben organisiert. Die Aufgaben werden von den Fachlehrern an die Schulleitung geschickt, und die verteilt zentral per E-Mail. Es gebe auch mal Video-Tutorials, so Graf. Zum Beispiel bei Naturkunde seien die Fachlehrer auf der Wiese und filmen da. Das sei eine gute Ergänzung, viel aktiver und lebendiger als nur Aufgaben zu stellen.

„Natürlich wünschen wir uns den direkten Unterricht, aber Gesundheit geht vor“, meint Graf. „Man muss sich einfach ein bisschen umstellen, dann ist das im Anbetracht der Lage das Beste, was wir machen konnten.“

Die anderen drei Wochentage gehen die Edith-Stein-Schüler ganz normal in ihre Einrichtungen zum Arbeiten. Das sei wichtig. „Am schlimmsten ist es für die Älteren, die Kinder und die Menschen mit Behinderung“, glaubt Graf.

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„Ich hoffe, dass das so bleibt, damit die Schülerinnen und Schüler die Ausbildung gut beenden können“, sagt Graf, und: „Wir können die Prüfungen so organisieren, dass genügend Abstand gewahrt ist.“

Realschule Rottweil: Es soll aufgearbeitet werden

Viele Schülerinnen und Schüler brauchen beim Homeschooling Unterstützung – und bekommen sie auch. „Der Schulsozialarbeiter und die Lehrkräfte sind mit den Schülern im Austausch“, berichtet Margit Honer, Konrektorin der Realschule Rottweil. Derzeit könne man bei den Kleineren eher Wiederholendes, bei den Größeren auch mal Neues als Aufgabe bringen.

„Wir werden sicher vieles aufarbeiten, nachfragen, wiederholen müssen“, ist sich Honer sicher. „Wie es wirklich ist, werden wir erst sehen, wenn wieder normal Schule ist.“

Nähprojekt gestartet

Unter dem Motto „Wir bleiben zu Hause – engagieren uns aber sozial!“ hat die Realschule Rottweil ein Nähprojekt gestartet. Schüler und deren Eltern und Verwandte nähen seit letzter Woche Stoffmasken. Diese sind zwar nicht so gut wie eine medizinische Atemschutzmaske und kein hundertprozentiger Schutz. Aber sie halten immerhin „Tröpfchen“ ab und dienen als „Spuckschutz“. Die genähten Masken werden an Altenpflegeheime, Krankenhäuser, und Rettungsdienste verteilt. 

Die Näh-Anleitung ist auf der Realschul-Homepage abrufbar. Das Nähprojekt komme in Fahrt, freut sich Margit Honer: In den letzten Tagen seien schon rund 100 Masken  genäht und weitergegeben worden.      

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