In ganz Lauterbach ist in Sachen Flüchtlinge so ziemlich Friede, Freude, Eierkuchen. Ganz Lauterbach? Nein. In einem „kleinen” Haus in der Albert-Gold-Straße ist anscheinend die Hölle los.
Eine Frau deutscher Nationalität terrorisiert offenbar die Mitbewohner, Flüchtlingsfamilien aus Syrien und dem Irak. „Frau K. hat gesagt, das sind alles Drogendealer, und sie hört nicht auf, bis sie alle aus dem Haus sind”, erzählt Sabine King vom Netzwerk Willkommen.
Was genau da passiert – das hört sich an wie in einem Psychothriller. Sie werfe die Schuhe der Nachbarn in den Müll, wenn sie sie im Hausgang sieht, gieße Öl in Kinderwägen und auf die Treppe, sie spiele nachts „Klingelpeter”, lasse immer wieder ihre Rolladen runterkrachen und trampele morgens um Vier so laut wie möglich mit Holzschuhen durchs Treppenhaus, immer wieder hoch und runter, damit alle aufwachen. Frau K. schieße nachts um eins Böller los, haue mit einem Hammer gegen die Wohnungstüren und rufe dann die Polizei, um sich zu beschweren, dass Kinder wach seien und weinen würden. „Und das sind nur einige ihrer Taten, erzählen Ayman Jabanou und Saeed Hussein, Bewohner des Hauses.
Warum die Frau den ganzen Terror veranstaltet? „Es sind ihr wohl die Kinder im Haus zu laut”, mutmaßt eine Anwohnerin. Und anstatt um mehr Ruhe zu bitten, habe sie die „heimliche” Lösung gewählt. Denn: Angesprochen auf die Vorfälle verweigert sie entweder das Gespräch oder weist darauf hin, dass ihr niemand am Kittel flicken könne: „Beweisen Sie es mir doch!”
Natürlich sei auch schon oft die Polizei gerufen worden, es wurde mehrmals Anzeige erstattet. „Aber es steht Aussage gegen Aussage, und solange nicht wirklich etwas Schlimmes passiert, können die Beamten nichts tun, um weitere Taten zu verhindern. Die können ja nicht die ganze Nacht im Hausflur sitzen”, sagt Sabine King. Auch die Gemeindeverwaltung sei eingeschaltet worden – zu einem Gesprächstermin im Rathaus zwischen den Mietparteien seien alle erschienen, nur eine nicht: Frau K.
Die Kleinsten als Opfer auserkoren?
Vor allem auf Kinder scheint es die Horror-Nachbarin abgesehen zu haben. „Ein Kind traut sich nicht mehr aus der Wohnung, sie war tagelang nicht mehr im Kindergarten”, berichtet eine Erzieherin. Das Mädchen sei von der Frau geschlagen worden, erzählt es, die Frau habe es am Arm gepackt und in ihre Wohnung ziehen wollen. Ein anderes Mädchen erzählt, Frau K. sei mit dem Auto mit Vollgas auf das Kind zugefahren und habe erst im letzten Moment gebremst. Passiert sei nichts – außer, dass das Kind in Angst und Schrecken versetzt wurde.
Immerhin durften Jugendamt und Sozialamtsmitarbeiter den Terror live miterleben: Während eines Besuchs bei einer Flüchtlingsfamilie wunderten sie sich über laute Schläge und einen Knall. „Das ist Frau K., wahrscheinlich schlägt sie mit dem Hammer gegen die Heizung”, löste Saeed Hussein das Rätsel zumindest teilweise. „Wie sie diesen lauten Knall hinkriegt, das wissen wir auch nicht”.
Die Lage spitzt sich zu
Am vergangenen Montag traf sich der Helferkreis des „Netzwerks Willkommen”, um zu überlegen, wie man den vier Familien im Haus helfen könne. „Mittlerweile sind Polizei, Jugendamt, Landratsamt, Rathaus, Rechtsanwalt und wir vom Netzwerk mit dieser Frau beschäftigt”, berichtet Sabine King.
Ulrich Fischer, stellvertretender Revierleiter bei der Polizei in Schramberg, bestätigt das: „In letzter Zeit gab es mehrere Einsätze dort”, sagt er auf Nachfrage der NRWZ. Und: „Die Abstände werden kürzer.” Seine Kollegen ermittelten dort inzwischen nicht nur wegen Ordnungswidrigkeiten à la Ruhestörung, sondern auch wegen möglicher Straftaten. „Da werden jetzt Zeugen gehört, um herauszufinden, was wirklich passiert ist”, so Fischer.
Die Polizei versuche zudem, schlichtend einzuwirken, „aber wir können ja nicht präventiv tätig werden, wir kommen eben, wenn was passiert ist”, so der Schramberger Beamte weiter. Er hoffe aber darauf, dass die Beteiligten – neben der Polizei nennt er auch die Gemeinde Lauterbach und das Landratsamt – eine Lösung für das Problem fänden, das in dem Ort „mittlerweile ein offenes Geheimnis ist.”
Im Haus wohnen vier Flüchtlingsfamilien und drei deutsche, eine davon Frau K. Mittlerweile fühlen sich auch andere Nachbarn in den umliegenden Häusern gestört. „Als sie das erste Mal die Rollläden runterkrachen ließ, hat es so geknallt, ich dachte es ist ein Unfall passiert”, berichtet eine Anwohnerin. Dass das immer wieder mitten in der Nacht geschehe, sei schon sehr störend. „Bei ihr klappt es nicht, friedliche Lösungen suchen zu wollen, da fehlt das Verständnis – sie fühlt sich im Recht und als Opfer”, meint eine andere Nachbarin.
Am vergangenen Montag besuchte eine Netzwerk-Helferin Annika Sjögren eine der Flüchtlingsfamilien im Haus. Als sie an der Wohnung von Frau K. vorbeigegangen sei, habe diese die Tür geöffnet und sich auf sie gestürzt, erzählt Sjögren. Das Ganze endete wieder mit einem Polizei-Einsatz. Wie es weitergeht – da sind Bewohner und Netzwerk Willkommen ein bisschen hilflos. Ein Umzug sei vielleicht für einige Familien machbar, aber eigentlich auch keine Lösung. „Denn dann hat Frau K. mit ihrem Terror ja erreicht, was sie wollte.”
Frau K. war übrigens zu einem Interview nicht bereit. Durch die geschlossene Tür sagte sie: „Ich habe keine Zeit.”