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Facebook und der vermeintliche Mundmasken-Wucher: Wenn der Volkszorn eine Spende fordert

Haudrauf-Facebook vom Feinsten: Weil es Mundmasken und Desinfektionsmittel zu, nunja, ordentlichen Preisen anbietet, steht ein Deißlinger Unternehmen in der Kritik. Wucher und Profitgier werden ihm vorgeworfen, auch, dass es nur noch ums Geld ginge. Die NRWZ hat am Samstagmittag mit dem Unternehmer gesprochen. Er nennt Zahlen. Seine Argumente sollten den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen.

Otmar Knoll stand vor ein paar Tagen vor einem Problem. Nein, es geht nicht um Absatzprobleme und Kurzarbeit. Ganz im Gegenteil: Die Geschäfte der von Knolls Frau geführten „Whirlpools World“ in Deißlingen laufen. Knoll suchte daher Schutzmasken und Desinfektionsmittel für seine derzeit 70 Leute, deren Zahl zudem stetig wächst. Damit beginnt eine Odyssee, die Knoll richtig Geld kosten sollte und die ihm obendrein noch fetten Facebook-Ärger einbringt.

„Sie bekommen zurzeit vielleicht einzelne Mundmasken am Markt, aber nicht in größeren Stückzahlen“, so Knoll zur NRWZ. Er braucht mindestens 500 für die Beschäftigten der Whirlpools World. „Ich habe etwa 100 Bestellungen aufgegeben – und dann immer die Nachricht erhalten, dass die Masken derzeit nicht lieferbar sind.“ 40 Käufe auf Ebay und Amazon habe er bereits per Paypal bezahlt – und bekomme trotzdem nichts geliefert. „Der Markt ist leer.“

Dann habe er eine E-Mail an seine Geschäftspartner geschickt. Und siehe da: Ein Geschäftsfreund hatte 16.000 Masken verfügbar. Offenbar wollte der sie aber alle loswerden – weshalb er Knoll unter Druck setzte: das komplette Los zu kaufen oder das Geschäft zu lassen. Knoll entscheidet sich. Und kauft die 16.000 Masken. Zahlbar sofort.

Sie haben ihn – er könne das gerne schriftlich nachweisen, so der Geschäftsmann am Telefon – satte 7 Euro pro Stück gekostet. „Ich habe mit mir gerungen“, so Knoll. Das sei eine ordentliche Summe. Er habe trotzdem zugeschlagen.

Knoll rechnet vor: Zum Gesamtpreis seien noch 580 für den Transport gekommen zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. „Dazu kommt, dass wir ungefähr alleine für das Zählen, Sortieren und alles drum herum bereits etwa 35 Arbeitsstunden von Mitarbeitern eingesetzt haben. Also ohne Transport und andere Kosten bedeutet dies bereits 8,33 Euro inklusive Mehrwertsteuer für uns.“ Insgesamt, rechnet Knoll vor, habe er 134.000 Euro investiert. Ja, es gibt Leute, die fordern ihn per Faceboook auf, diese Summe in den Wind zu schreiben, einen Großteil davon zu spenden. Aber dazu später mehr.

Nun brauch Knoll nicht so viele Masken, will einen Großteil davon wieder loswerden. Etwa 15.000. Er hielt 10 Euro damit für marktgerecht. Für die Hygiene-Mundmasken aus Baumwolle, wie er sie anbietet. Waschbar bei 95 Grad und dann wiederverwendbar.

Knoll: „Unser Verkaufspreis orientiert sich lediglich an dem Aufwand für einzeln Verpacken, Kosten für Briefkuvert, Rechnung schreiben, Kosten für Etiketten und Etiketten ausdrucken und Postfertig machen. Wenn Sie unsere Kosten und diesen Aufwand berücksichtigen, müssen Sie feststellen, dass wir keinen Gewinn damit erzielen und froh sein müssen, wenn wir finanziell mit einem blauen Auge davonkommen.“

Knolls Mundmaske, hier eine weiße Version. Foto: WCI

Man sollte meinen, dass Knoll die Dinger in unterschiedlichen Stückzahlen rasch losbekommen sollte. Überall herrscht Mangel, werden auch diese Baumwollmasken, mit denen man eher das Gegenüber als sich selbst schützen kann, gebraucht. Die Feuerwehr Rottweil, beispielsweise, hat derzeit gerade mal so viele, um die Einsatzkräfte der Kernstadt damit auszustatten. Um auf jedes Auto eine kleine Stückzahl zu legen. Stadtbrandmeister Frank Müller hofft darauf, bald weitere zu bekommen, um auch die Abteilungen beliefern zu können, erzählte er der NRWZ.

Stattdessen bekommt der Deißlinger Unternehmer Ärger. Auf Facebook muss er unter seinem Angebot lesen:

Geht’s noch solche Masken ohne Filter und Desinfektionsmittel für solche Wucherpreise anzubieten?! Von Whirlpools World hätte ich eher erwartet dass sie keinen Profit aus der Angst der Leute schlagen wollen, sondern die überflüssigen Sachen spenden!

Ein anderer Facebooknutzer rät der Whirlpools World auf Latein, doch besser geschwiegen zu haben. Und meint: „Ohohoh – viral shaming – da läuft die Whirlpools World gerade sehenden Auges ins offene Volkszornmesser.“

Auch sehr schön: „Unglaublich… Ich werde euch deshlab jetzt entliken und ich denke, dass ihr mit der Aktion viele eurer Abonnenten auch verlieren werdet…!“

Für diese Leute findet Knoll im Gespräch mit der NRWZ deutliche Worte. Nicht zitierfähig.

Und in Bezug auf die Forderung, dass er doch hätte spenden können, sagt Knoll: „Meine Frau und ich unterstützen seit vielen Jahren gemeinnützige Organisationen und Vereine, wir haben es nicht nötig, aus einer Not Profit zu schlagen. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir grundsätzlich die Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen und unseren Arbeitnehmern haben, und alles dafür tun müssen, um zu helfen, wo es geht.“ Und er ergänzt: „Vom Roten Kreuz, Fußball- oder anderen Vereinen bis hin zu einer Zahnklinik im Himalaya – wir helfen immer im Rahmen des Möglichen. Nun war auch der Verkauf der Mundmasken aus der Not heraus geboren, denn vielen anderen wird es bei der Beschaffung genauso ergehen wie uns. Auch hier haben wir alleine ein finanziell enorm hohes Risiko und eine sehr hohe Vorleistung in Kauf genommen, nur um unsere Mitarbeiter zu schützen. Hätten wir ein solches Angebot für unseren eigenen Bedarf von lediglich 500 Stück bekommen, wir hätten es sofort wahrgenommen.“

Was er, Knoll, nachweisen könne: Er mache kein Geschäft mit den Masken. Er biete sie, dieses Schreiben reicht er der NRWZ nach, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zum Stückpreis von 7 Euro an, also genau seinem Einkaufspreis, wenn sie 1000 abnehmen. Umverpackung und Versand – gratis.

Wer hat dann ein Geschäft gemacht? Laut Knoll auch nicht der Geschäftspartner, der ihm das große Los von 16.000 der Masken verkauft hat. „Er hat mir seine Zahlen offengelegt“, so der Deißlinger Unternehmer. Vielmehr hätte der Hersteller der Masken das Geld eingesackt. Die Näherei.

Übrigens: Knoll bietet auf der Website des Unternehmens WCI Forschung & Entwicklung GmbH, das zur Whirlpools World-Gruppe gehört, auch Desinfektionsmittel an. Derselbe Mist wie mit den Masken, „das gleiche Drama“, wie er sagt. Er habe nur ein großes Los bekommen, brauche so viel nicht für seine Mitarbeiter …

Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die derzeit Mitarbeiter entlassen oder in Kurzarbeit schicken, stellt Whirlspool World laut Knoll gerade die Produktion von der Einzel- zur Serienfertigung um. „Trotz Corona-Krise fangen bei uns im Zwei-Wochen-Rhythmus jeweils etwa 10 bis 15 neue Mitarbeiter an. Wir haben allen Mitarbeitern gegenüber eine besondere Verantwortung. Dem kommen wir auch mit solchen ungewöhnlichen Maßnahmen wie dem Kauf einer viel zu großen Tranche von 16.000 Mundmasken nach, obwohl wir selbst nur etwa 500 Stück benötigt hätten.

Angebot von Trigema. Quelle: Trigema

Und noch ein Übrigens: Über den Zollernalbkreis hinaus und vor allem auf Facebook wird gerade Unternehmer Wolfgang Grupp für seinen Einsatz gefeiert. Weil er jetzt auch diese Baumwoll-Masken fertigen lässt. Diese “ Hilfe in der Corona-Krise“ lässt sich der Mann bezahlen. Mit 120 Euro pro Zehnerpack der Maske. Also 12 Euro pro Stück. Lieferbar ab Mai.  

 

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