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Dreifachmord von Villingendorf: Drazen D. schon früher wegen Körperverletzung vor Gericht

Hat eine Richterin in Konstanz den Angeklagten Drazen D. falsch eingeschätzt? Am Montag wurden beim Prozess um den Dreifachmord von Villingendorf die Urteilsbegründungen dreier früherer Verfahren gegen den Angeklagten verlesen, und zweimal begründete die Richterin die relativ milde Strafe damit, dass von dem Mann keine weiteren Straftaten zu erwarten seien.

Dabei ging es zuerst nur um Alkohol am Steuer, das war 2006 und D. erhielt eine Geldstrafe. 2011 dann Körperverletzung: Damals war seine Freundin schon schwanger mit dem in Villingendorf getöteten Dario, aber noch bei ihrem Ex-Mann in dessen Swinger-Club in Radolfzell tätig, sie putzte dort ab und zu. Was dem Angeklagten nicht gefiel, er ging hin, als sie gerade dort war, bewaffnet mit einem Küchenbeil und auf den Ex-Mann los. Der war gewappnet, unter anderem mit einer Schreckschusspistole, was D. allerdings nicht beeindruckte. Er ließ von dem stark blutenden Mann erst ab, als seine Freundin auftauchte. In der Urteilsbegründung – er bekam drei Jahre Bewährung – schreibt die Richterin: D. sei geständig gewesen, man habe Verständnis dafür, dass es ihm nicht gefiel, dass seine Freundin bei ihrem Ex-Mann arbeitete, er zeige Wiedergutmachungswille, zahle Schmerzensgeld und wolle keine Straftaten mehr begehen.

Als Dario anderthalb Jahre alt war, war seine Mutter das Opfer von D.. Er habe an dem Tag eine Flasche Wodka und Red Bull getrunken, habe seine Freundin an den Haaren vom Flur ins Wohnzimmer gezerrt, auf sie eingeschlagen, und als sie am Boden lag mit den Füßen auf sie eingetreten. Sie habe sich bewusstlos gestellt, damit er von ihr abließ. Und sei dann, als er schlief, mit dem Sohn in die gegenüberliegende Rettungswache geflohen.

Bei der Polizei hatte sie dann ihre Geschichte erzählt, als es dann später zur Gerichtsverhandlung kam, schwieg sie, machte als Verlobte von D. von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Wieder zeigte die Richterin am Amtsgericht Konstanz Verständnis für den Angeklagten. Er wisse, dass er mit Alkohol aggressiv werde, arbeite aber daran, indem er eine Therapie mache und sich bemühe, die Folgen seiner Kriegserlebnisse und den Alkoholmissbrauch aufzuarbeiten. Man gehe davon aus, dass der Angeklagte sich in Zukunft straffrei verhalten werde, schreibt die Richterin. Das war im Dezember 2012.

Um die Therapie bemühte sich D. offenbar wirklich, ging sogar freiwillig in das Zentrum für Psychiatrie Reichenau. Doch blieb er nicht dort, drohte sogar dem Leiter der Klinik mit rechtlichen Schritten. Regelmäßige Therapiesitzungen gab es offenbar nicht, er ging nur zu der behandelnden Psychologin, wenn er starke Probleme hatte.

Eine langjährige Arbeitgeberin, Geschäftsführerin eines Autohauses in Radolfzell, schildert D. als jemanden, der sofort mit dem Anwalt drohte, wenn ihm etwas nicht passte. Zum Beispiel, dass er für seine Kinder aus erster Ehe Unterhalt zahlen musste. Als seine Frau vor seiner Gewalttätigkeit ins Frauenhaus floh, habe er zu ihr gesagt, er werde sie finden. Und lieber seine Kinder umbringen als sie seiner Frau zu überlassen.

Als Dario geboren war, sei seine Freundin anfangs ab und zu mit dem Kinderwagen in das Autohaus gekommen, wo er als Wagenpfleger arbeitete. D. sei sichtlich stolz auf seinen Sohn gewesen. In den 15 Jahren, in denen er in ihrer Firma gearbeitet hatte, sei er anfangs unauffällig gewesen, später habe es vermehrt Probleme gegeben. Er habe gefordert, schwarz arbeiten zu dürfen, um die Lohnpfändungen für den ausstehenden Unterhalt zu vermeiden, dann habe er einen Mitarbeiter bedroht, grundsätzlich habe er sich nicht gerne etwas sagen lassen. Wenn ihm etwas gegen den Strich ging, habe er sich krank gemeldet. Dann seien vermehrt Autorräder verschwunden, einmal sei er am Sonntag im Autohaus erwischt worden, dabei habe er offiziell keinen Schlüssel gehabt. „Wir konnten ihm nie etwas nachweisen“, hätten ihm am Ende aber doch gekündigt.

Als dann bekannt geworden sei, dass er nach den drei Morden auf der Flucht war, habe sie Angst gehabt, er werde zu ihnen kommen, weil er ja ein Auto brauchte. Im Nachhinein habe sie gedacht, „was für einen Wahnsinn wir da mitgemacht haben.“

Drohungen gab es auch in der JVA in Offenburg, wo D. einsitzt. Die Anstaltsleiterin berichtete, dass sich sein Zellengenosse hilfesuchend an einen Psychologen gewandt habe. D. hätte nach dem ersten Prozesstag einen Rasierer manipuliert und gesagt: „Du bist jetzt mein Babysitter. Wenn ich mir was antun möchte, muss ich zuerst Dich umbringen.“ Er kam daraufhin in eine Einzelzelle und darf sich seitdem nur noch unter Aufsicht rasieren. Die Leiterin berichtete, er habe gesagt, der Prozess sei sehr belastend für ihn, da seien drei Menschen gestorben, das müsse er erst verarbeiten. Daher wolle er allein sein, damit er seinen Tränen freien Lauf lassen könne. Und er könne sich auch umbringen, wenn jemand im Raum sei.

Der nächste Prozesstag ist am Montag, 23. April.

 

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