„Es wird ruhiger“. Das hat Dr. Heinz-Joachim Adam in Sachen Corona-Pandemie festgestellt. Der Leiter des Rottweiler Gesundheitsamts warnt allerdings davor, die Schutzmaßnahmen locker zu nehmen: Masken tragen, Abstand halten und Kontaktbeschränkungen einhalten, das sollte unbedingt beachtet werden, um die weitere Verbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen.
Bei dem schönen Wetter vergangener Tage habe er eine „relative Sorglosigkeit“ in diesem Punkt beobachtet, sagte er beim Pressegespräch. Ob sich die Lockerungen der Vorschriften negativ auf die Infektionszahlen auswirkten, werde sich erst in den kommenden Wochen herausstellen. „Die nächsten zwei Wochen werden spannend.“
Der bisher zum Maß aller Infektions-Dinge gehandelte R-Wert (Durchschnitts-Zahl der von einem Infizierten angesteckten) eigne sich nicht für die Betrachtung des Infektionsverlaufs in lokalen Einheiten, betonte er. Neue Maßzahl sei jetzt die Zahl von Neuansteckungen innerhalb einer Woche: Besondere Maßnahmen müssten ergriffen werden, wenn es mehr als 50 Neuansteckungen in der Woche gebe, bezogen auf 100.000 Einwohner. „35 wären mir lieber“, merkte Adam an. Im Kreis Rottweil ist der Grenzwert 70 Neuansteckungen in sieben Tagen. Wenn dieser Wert überschritten werde, müssten Maßnahmen geplant werden. Das bedeute nun aber nicht, dass mit einem Schlag sämtliche Lockerungen wieder beseitigt würden: „Wenn das innerhalb einer Großfamilie ist, lässt sich das leicht bewältigen“, nannte er als Beispiel. Weniger leicht, aber immer noch zu handhaben sei das massive Auftreten von Corona-Fällen beispielsweise in einer Firma. Auch dann müssten die Lockerungen nicht für die Allgemeinheit eingeschränkt werden. Anders sei jedoch, wenn die Zahl an Neuerkrankungen über den ganzen Landkreis verteilt so stark zunehme: „Dann müssten wir reagieren.“
Die aktuelle Zahl der Infizierten im Landkreis Rottweil bezifferte Adam mit 657. Dabei ergebe sich oft eine Differenz zwischen den Zahlen, die das Landratsamt am Abend auf seiner Webseite bekannt gibt, und den Zahlen, die das Landesministerium veröffentlicht. Das liege daran, dass die Zahlen des Kreises an das Landesgesundheitsamt gemeldet würden, dann aber noch einmal überprüft und erst danach auf der Kreis-Webseite veröffentlicht würden. Nachgeprüft sei auch die Zahl der Genesenen im Kreis, und zwar durch Anrufe bei den Betroffenen. So sei die Zahl (508 waren es gestern Abend) gesichert. Das Robert-Koch-Institut gehe von einer statistischen Zahl aus, daher seien dessen Zahlen anders (und zwar höher).
„Es wäre schön, wenn wir die Impfpflicht gegen COVID19 hätten“, sagte Dr. Adam, angesprochen auf Befürchtungen in der Bevölkerung. Aber erst mal wäre er froh, wenn es überhaupt einen Impfstoff gebe. Und Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel ergänzte, erst müsse man wissen, wann es einen Impfstoff gebe und wie viel, und dann, wie lange eine Durchimpfung von über 80 Millionen Menschen dauern würde. Davor müsse sich der Gesetzgeber mit diesem Thema nicht befassen. Adams Stellvertreterin Dr. Petra Sostak betonte, es gebe in Deutschland keine Zwangsimpfung.
Michel, der erstmals nach einer Augen-Operation wieder ein Pressegespräch geleitet hat, lobte (im Gegensatz zu Dr. Adam) die Disziplin der Menschen im Bezug auf die Vorsichtsmaßnahmen. Er lobte auch das Engagement der ehrenamtlichen Helfer in der Krise – und auch sein Amt: „Wir hatten die einzige Zulassungsstelle weit und breit, die durchgehend geöffnet hatte“, auch wenn es bei bestimmten Fahrzeugen wie Motorrädern und Wohnmobilen zu Einschränkungen gekommen sei.
Die Lieferungen von Schutzmaterial durch Bund und Land sind inzwischen zum siebten Mal eingetroffen und auf verschiedene Institutionen verteilt worden. Kostenlos, wie Amtsleiter Thomas Seeger sagte. Dies werde aber bis Ende Juni eingestellt, so dass sich die Einrichtungen nun selbst um das Material kümmern müssten. Rechtzeitig, weil mit Lieferzeiten zwischen zwei und vier Wochen gerechnet werden müsse.