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    Der mutmaßliche Dreifachmörder von Villingendorf: gefährlich und schuldfähig

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    Drazen D. ist schuldfähig. So sieht es der psychiatrische Sachverständige Dr. Charalabos Salabasidis. Er stellte am Montag sein Gutachten vor, für das er nicht nur viermal den Angeklagten im Prozess um den Dreifachmord von Villingendorf im Gefängnis untersucht habe, sondern auch sämtliche früheren Berichte über seinen Zustand mit einbezogen und natürlich den Prozess mitverfolgt hat, wie der Sachverständige sagte. Für den Angeklagten bedeutet das: Die „besondere Schwere der Schuld“ steht im Raum. Sicherungsverwahrung.

    Salabasidis blickte zurück. Drazen D., der Mann, der mutmaßlich auch seinen eigenen Sohn erschossen hat, habe erst bei der letzten Untersuchung die Tat gestanden. Zuvor habe er zeitweise behauptet, ein anderer habe die beiden Erwachsenen und das Kiund umgebracht. Der Sachverständige attestierte dem 41-Jährigen zwar eine Persönlichkeitsstörung, er habe latent aggressive, dissoziale und narzisstische Züge, sei emotional instabil und außerdem von Cannabis abhängig, dazu komme zeitweiser Kokainmissbrauch, doch eine Psychose oder Schizophrenie könne er nicht erkennen.

    Auch D.´s Aussage, er habe bei der Tat wie in Trance, „wie ein Roboter“ gehandelt, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich habe D. den Mord lange geplant, und er habe auch am Tatabend ganz gezielt gehandelt.

    Salabasidis sah beim Angeklagten einen Hang, die Schuld auf andere zu schieben. So habe er zu ihm gesagt, seine Exfreundin, die Mutter des getöteten kleinen Dario, sei schuld an vielen Sachen. „Er fühlte sich ungerecht behandelt“, habe aber auch von Stimmen in seinem Kopf gesprochen, die ihm die Tat befohlen. Dafür gebe es aber keinen Anhaltspunkt, das seien höchstens „Pseudohalluzinationen“.

    Der Psychiater konnte bei D. auch keine posttraumatische Belastungsstörung durch die Kriegserlebnisse in seiner Jugend in Kroatien feststellen. „Nach 25 Jahren ist so etwas schwer abzuleiten.“ Auch die von D.s Verteidigern beantragte hirnorganische Untersuchung habe nichts ergeben. Es seien beim MRT keine Störungen gefunden worden, so Salabasidis.

    Gegen einen Kontrollverlust spreche auch, dass D., der wegen seiner Alkoholprobleme schon mehrere Therapien angefangen, allerdings auch alle wieder abgebrochen hatte, selbstständig mit dem Trinken aufhörte, und das vier Jahre lang durchhielt. Es sprächen mehr Anhaltspunkte für die volle Steuerungsfähigkeit als dagegen, so das Fazit des Psychiaters. Eine Handlung im Affekt, wie es D.s Verteidiger gerne sehen würden, halte er für ausgeschlossen, dafür sei er viel zu zielgerichtet und mit großer Vehemenz und Brutalität vorgegangen.

    Auch die Prognosen seien für den Angeklagten ungünstig, betonte Salabasidis. Die Rückfallwahrscheinlichkeit werde mit den Jahren steigen, und seine Sozialprognose sei ungünstig. „Seine Gefährlichkeit bleibt weiterhin bestehen.“

    Eine Gefährlichkeit, auf die Zeugen schon vor der Tat hingewiesen hatten, das wurde auch am Montag wieder deutlich. Klar wurde jedoch nicht, woher D. die Adresse seiner Exfreundin in Villingedorf hatte. Er selbst hatte ausgesagt, er habe sie auf dem Bildschirm einer Mitarbeiterin des Jugendamts lesen können, was diese aber von sich weist.

    Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, dann mit den Plädoyers. Am Dienstag, 26. Juni wird dann das Urteil erwartet.

     

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    Drazen D. ist schuldfähig. So sieht es der psychiatrische Sachverständige Dr. Charalabos Salabasidis. Er stellte am Montag sein Gutachten vor, für das er nicht nur viermal den Angeklagten im Prozess um den Dreifachmord von Villingendorf im Gefängnis untersucht habe, sondern auch sämtliche früheren Berichte über seinen Zustand mit einbezogen und natürlich den Prozess mitverfolgt hat, wie der Sachverständige sagte. Für den Angeklagten bedeutet das: Die „besondere Schwere der Schuld“ steht im Raum. Sicherungsverwahrung.

    Salabasidis blickte zurück. Drazen D., der Mann, der mutmaßlich auch seinen eigenen Sohn erschossen hat, habe erst bei der letzten Untersuchung die Tat gestanden. Zuvor habe er zeitweise behauptet, ein anderer habe die beiden Erwachsenen und das Kiund umgebracht. Der Sachverständige attestierte dem 41-Jährigen zwar eine Persönlichkeitsstörung, er habe latent aggressive, dissoziale und narzisstische Züge, sei emotional instabil und außerdem von Cannabis abhängig, dazu komme zeitweiser Kokainmissbrauch, doch eine Psychose oder Schizophrenie könne er nicht erkennen.

    Auch D.´s Aussage, er habe bei der Tat wie in Trance, „wie ein Roboter“ gehandelt, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich habe D. den Mord lange geplant, und er habe auch am Tatabend ganz gezielt gehandelt.

    Salabasidis sah beim Angeklagten einen Hang, die Schuld auf andere zu schieben. So habe er zu ihm gesagt, seine Exfreundin, die Mutter des getöteten kleinen Dario, sei schuld an vielen Sachen. „Er fühlte sich ungerecht behandelt“, habe aber auch von Stimmen in seinem Kopf gesprochen, die ihm die Tat befohlen. Dafür gebe es aber keinen Anhaltspunkt, das seien höchstens „Pseudohalluzinationen“.

    Der Psychiater konnte bei D. auch keine posttraumatische Belastungsstörung durch die Kriegserlebnisse in seiner Jugend in Kroatien feststellen. „Nach 25 Jahren ist so etwas schwer abzuleiten.“ Auch die von D.s Verteidigern beantragte hirnorganische Untersuchung habe nichts ergeben. Es seien beim MRT keine Störungen gefunden worden, so Salabasidis.

    Gegen einen Kontrollverlust spreche auch, dass D., der wegen seiner Alkoholprobleme schon mehrere Therapien angefangen, allerdings auch alle wieder abgebrochen hatte, selbstständig mit dem Trinken aufhörte, und das vier Jahre lang durchhielt. Es sprächen mehr Anhaltspunkte für die volle Steuerungsfähigkeit als dagegen, so das Fazit des Psychiaters. Eine Handlung im Affekt, wie es D.s Verteidiger gerne sehen würden, halte er für ausgeschlossen, dafür sei er viel zu zielgerichtet und mit großer Vehemenz und Brutalität vorgegangen.

    Auch die Prognosen seien für den Angeklagten ungünstig, betonte Salabasidis. Die Rückfallwahrscheinlichkeit werde mit den Jahren steigen, und seine Sozialprognose sei ungünstig. „Seine Gefährlichkeit bleibt weiterhin bestehen.“

    Eine Gefährlichkeit, auf die Zeugen schon vor der Tat hingewiesen hatten, das wurde auch am Montag wieder deutlich. Klar wurde jedoch nicht, woher D. die Adresse seiner Exfreundin in Villingedorf hatte. Er selbst hatte ausgesagt, er habe sie auf dem Bildschirm einer Mitarbeiterin des Jugendamts lesen können, was diese aber von sich weist.

    Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, dann mit den Plädoyers. Am Dienstag, 26. Juni wird dann das Urteil erwartet.

     

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