Corona: Sorge vor privaten Feiern

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Die vierte Welle ist da, wie stark sie werden wird, ist allerdings noch offen. Bei einer Telefonkonferenz des Landratsamts hat Landrat Wolf-Rüdiger Michel berichtet, dass die „Sieben-Tages-Inzidenz“ im Kreis Rottweil bei etwa 30 liege. Auffällig sei, dass im vergangenen Sommer etwa zehn Wochen lang so gut wie keine Infektionen auftraten. „In diesem Sommer waren es nur zwei oder drei Wochen mit ganz wenigen Infektionen“,  so Michel. „In diesem Sommer ist leider mehr los.“

Unklar sei, ob das mit der neuen aggressiveren Deltavariante zu tun habe, meint Michel auf Nachfrage Die Anzahl der aktuell Infizierten betrage 50. Davon seien nachweislich 40 mit der Delta-Variante angesteckt worden. Bei den zehn anderen Fällen warte man noch auf den Nachweis.  Vor wenigen Wochen habe man noch unter 50 Prozent bei Delta gelegen, inzwischen seien es wohl mehr als 80 Prozent. Sieben der Fälle seien auf Auslandsrückkehrer zurückzuführen. Diese hätten alle die Deltavariante mitgebracht.

Die vierte Welle deutet sich an. Grafik: LRA

Schwerpunkt bei den Jüngeren

Bei der Altersstruktur liege inzwischen der Schwerpunkt in der Gruppe jüngerer Menschen. 31 der 50 Fälle lägen in der Altersgruppe der 11- bis 39- Jährigen. Nach wie vor gebe es neun Gemeinden im Kreis ohne Infektionen. Mehrere Infizierte fänden sich in Dornhan, Schramberg, Rottweil, Dunningen, Oberndorf und Deißlingen.

Zur neuen Coronaverordnung des Landes merkte Michel kritisch an: Es bereite dem Kreis Sorge, dass im privaten Bereich auch bei Feiern keine Maskenpflicht mehr herrschen solle. “Da ist immer ein erhebliches Infektionsrisiko mit verbunden. Wenn ich an Hochzeiten  mit mehreren hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern denke, wird mir etwas angst und bange.“

Beim Vergleich 2020 zu 2021 wird deutlich, dass die Jüngeren nun stärker betroffen sind. Grafiken: LRA Rottweil

Auch die Diskussion, ob in Clubs ohne Maske gefeiert werden dürfe, sieht der Landrat kritisch: Clubs seien eher Infektionstreiber, sage das Sozialministerium selbst. Auch sei die Nachverfolgung dort schwieriger, weil die Besucher oft falsche Angaben machten. Er hoffe, dass das Sozialministerium werde standhaft bleiben und feiern auch in Club nur mit Maske zulassen werde.

„Feldversuch Ferienzauber“ geglückt

Ein „großes Lob“ gab es für die Veranstalter im Kreis Rottweil, wie etwa den Ferienzauber. Es gebe „keinerlei Erkenntnisse“, dass da ein erhöhtes Infektionsrisiko gewesen wäre. Auch Stephan Vilgis vom Gesundheitsamt bestätigte, dass der „Feldversuch“ beim Ferienzauber gut geglückt sei.

Man könne aber nicht abschließend klären, ob es Glück war oder am Hygienekonzept lag. Vilgis appellierte deshalb an alle, sich bei solchen Festen weiterhin an die Abstandregeln und die Maskenpflicht zu halten.

Ministerium  korrigiert Impfzahlen

Beim Impfen musste Michel Zahlen von vor zwei Wochen nach unten korrigieren. Der Grund ist kurios: Beim Postleitzahlenabgleich war dem Sozialministerium nachträglich aufgefallen, dass zwei Hofstellen und Horb und Empfingen Postleitzahlen aus dem Kreis Rottweil zugeordnet sind. So kamen knapp  8500 Impfungen zu viel auf das Konto des Kreises Rottweil statt auf das des Kreises Freudenstadt.

Die richtigen Zahlen lauten demnach: Ende vergangener Woche waren im Kreis Rottweil knapp 68.000 Menschen im Kreisimpfzentrum (KIZ) und knapp 62.000 beim Hausarzt oder der Hausärztin geimpft worden. Das seien im Vergleich zu ähnlichen Landkreisen „sehr gute Zahlen“, so Michel. Die Impfquote der einmal Geimpfte lag bei 56 Prozent, der vollständig Geimpften bei 53,7 Prozent. „Das zeigt die Aufgeschlossenheit der Bürgerinnen und Bürger für das Impfen.“

Erfreulich sei, dass es lediglich einen Fall eines Kurzzeitpflegegastes in einer Pflegeeinrichtung gebe. Es habe über viele Wochen gar keinen Fall gegeben. Das zeige, dass die Impfungen wirksam seien.

Deltavariante dominiert

Für das Gesundheitsamt berichtete Stephan Vilgis, dass von den derzeit Erkrankten 85 Prozent auch die typischen COVID-19- Symptome zeigten, von Husten über Halsschmerzen Geschmacksverlust bis hin zu Fieber. Eine Person werde im Krankenhaus behandelt, zum Glück nicht auf einer Intensivstation. Diese Person sei nicht geimpft gewesen und habe sich mit der Deltavariante angesteckt.

Etwa die Hälfte der Betroffenen liege in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 Jahren. An diese Altersgruppe gehe der Appell, sich impfen zu lassen, auch um das Infektionsgeschehen eindämmen zu können. Bei den Infizierten Reiserückkehrern seien alle mit der Deltavariante infiziert. Die infizierten Reiserückkehrer kommen zu 50 Prozent aus Spanien, zehn bis 15 Prozent aus den Niederlanden, Ägypten, Russland und Portugal.

Bußgelder drohen beim Meldeversäumnis

Bedauerlicherweise meldeten sich nicht alle Reiserückkehrer und reisten „unter dem Radar“ ein. Im Einzelfall drohten dann auch Bußgelder, wenn so das Virus eingeschleppt werde. Solche Bußgelder würden verhängt, wenn man die Meldepflicht versäumt und dann im Ausland infiziert hat, ergänzte Michel.

So langsam kehre auch im Gesundheitsamt wieder der Normalbetrieb mit Schuleingangsuntersuchungen, Beratungen zu sexuell übertragbaren Krankheiten oder Tuberkulose zurück. Doch den Großteil der Arbeit mache nach wie vor die Corona-Nachverfolgung aus. Inzwischen gebe es 23 Teststellen im Kreis, die künftig wieder testen werden. Es lägen weitere Anträge vor, so Vilgis.

Jugendliche kommen ins KIZ

Die medizinische Leiterin des KIZ Martine Hielscher berichtete, dass immer mehr Jugendliche zum Impfen kämen. Besonders seit die Ständige Impfkommission (STIKO) das nun auch empfohlen habe. Am Montag hätten sich 34 Kinder und Jugendliche dort impfen lassen. Kinder und Jugendliche müssten immer mit ihren Eltern kommen, betonte Hielscher.

Am kommenden Wochenende werde es eine Impfaktion in Schramberg beim „Kaufland“ geben. Weitere Aktionen seien in Planung. Das Kreisimpfzentrum werde wie vorgesehen noch bis zum 30. September in Aktion sein. Von einer Verlängerung geht Hielscher nicht aus.

Auf die Frage, wie es mit Auffrischimpfungen aussehe, erläuterte sie, eine dritte Impfung sei empfohlen für Menschen, die über 70 sind und solche, die in einer Pflege- oder Behinderteneinrichtung leben Diese dritte Impfung solle ab September erfolgen, sagte Hielscher. Voraussetzung dafür ist, dass die erste Impfserie, also die Zweitimpfung oder die einzige mit dem Stoff von Johnson & Johnson, sechs Monate her ist. Das gelte auch für Personen, die mit dem Vakzin von AstraZeneca geimpft sind. Diese Auffrischungsimpfung solle mit mRNA-Impfstoffen von Biontech oder Moderna erfolgen.

Impfen wirkt

Die Zahl der schweren Verläufe und der Todesfälle gehen deutlich zurück, sagte Vilgis. Er führt das auf die Zahl der Impfungen zurück: Die Risikogruppe 60 plus sei zum größten Teil geimpft. Bei den 20- bis 40-Jährigen sei das Immunsystem noch besser, aber auch hier gebe es schwere Verläufe. Einen hundertprozentigen Schutz gegen Corona-Infektion gebe es nicht, betonte Vilgis, aber die Impfung trage auf jeden Fall dazu bei, schwere Verläufe zu minimieren. Und Landrat Michel fügte hinzu, dass man ja nie wisse, welche Varianten des Virus noch kommen, auch daher sei es wichtig, dass sich unter 40-Jährige impfen lassen.

Private Feiern in der Gastronomie

Private Feiern ohne Vorschriften. Maskenpflicht und Abstandsgebot beispielsweise in der Gastronomie. So steht’s in der neuen Verordnung des Landes. Aber was ist, wenn Hochzeitsfeiern als geschlossene Gesellschaft in Gaststätten gefeiert werden? Darüber steht in der Verordnung nichts. Auch bei der Telefonkonferenz mussten die Verwaltungsmenschen passen. Eine Sprecherin des Landratsamts verwies aber auf eine Stellungnahme des Dehoga, der sich mit dem Sozialministerium abgesprochen hatte: „Private Feiern sind in der Gastronomie oder in Beherbergungsbetrieben wieder ohne Personenzahlbegrenzung zulässig. Für Feiern (z.B. Hochzeit, Geburtstag) und Veranstaltungen gilt, dass nicht-immunisierte Personen bei Zugang/Teilnahme einen negativen Testnachweis vorlegen müssen. Eine Kontaktnachverfolgung und die Erstellung eines Hygienekonzepts … ist ebenfalls nach wie vor Pflicht. Wenn diese Feier / Veranstaltung als „geschlossene Gesellschaft“ in einem Nebenraum/Bankettraum stattfindet, gilt in diesem Nebenraum/Bankettraum keine Maskenpflicht. Sobald der Nebenraum aber verlassen wird – z.B. auf dem Weg zu den Toiletten – gilt wieder Maskenpflicht.“                                           (him & wede)

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NRWZ-Redaktion Schramberg
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