back to top
...

    Als Erste da

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Sie sind als Erste da, wenn jemand Hilfe braucht und gewährleisten damit die schnelle Rettung auch in weniger dicht besiedelten Gebieten: die Helfer vor Ort des Deutschen Roten Kreuzes. In Deißlingen gibt es derzeit sieben davon, und sie kommen auf rund 200 Einsätze im Jahr, Tendenz steigend.

    Als Uwe Pfundstein 1996 mit dem Rettungsdienst aufhörte, kam dem Deißlinger die Idee der Helfer vor Ort. „Ich bin in zwei bis drei Minuten da, der Rettungswagen brauchte damals noch eine Viertelstunde.” Bis dahin wurden die örtlichen Retter nur bei Bränden oder Unfällen dazu gerufen. Der damalige Kreisgeschäftsführer fand die Idee gut, man probierte es ein halbes Jahr lang aus, und dann wurden aus den einstigen Nachbarschaftshelfern „First Responder” oder eben die Helfer vor Ort (HvO). Inzwischen haben alle Kreisgemeinden welche, in Deißlingen gibt es inzwischen sieben davon.

    Warum man das in seiner Freizeit macht, manchmal mitten in der Nacht aufsteht, um zu helfen, und das rein unentgeltlich, erklärt Andreas Maier: „Wir leisten schnelle, effektive Hilfe, und es ist einfach toll, wenn man die Leute später wieder trifft und ihre Dankbarkeit spürt.” Dabei ist es wahrlich keine einfache Aufgabe, „man lässt alles stehen und liegen, auch mal das warme Essen. Die Familie muss das natürlich mittragen.”

    Und manchmal erwartet die Helfer richtig Hartes: Leute, die sich vor den Zug geworfen haben, ausartende Familienstreitigkeiten, oder, am schlimmsten für alle, verletzte Kinder. „Meine erste Kinderreanimation werde ich nie vergessen”, erzählt Patrick Munding. Besonders schlimm war das für ihn, weil das Kind nicht überlebte. Auch schwere Unfälle gehen den Rettern oft lange nach, und manchmal brauchen sie danach selbst Hilfe. Dann bietet sich ein Gespräch mit Diakon Elmar Schmeh an, der jahrelange Erfahrung damit hat, oder auch mit dem Polizeipsychologen Max Hermanutz. Meist hilft es aber schon, wenn die Helfer sich miteinander austauschen.

    Erste Hilfe leisten, den Rettungsdienst auf dem Laufenden halten, ihm oft auch den Weg weisen, das sind die Aufgaben der Helfer vor Ort: „Unser Wagen steht dann ja vor der Tür, dann wissen sie auch gleich, wo sie hinmüssen.”, sagt Uwe Pfundstein. Und oft sind die Leute, die den Notruf absetzen, so aufgeregt, dass sie keine genauen Angaben machen können, und die örtlichen Retter können dann dem Rettungsdienst sagen, ob beispielsweise ein Notarzt gebraucht wird oder nicht. Oder es wird ein Unfall mit einem Verletzten gemeldet, und dann stellen die Helfer fest, dass es drei sind.

    Meist sind es internistische Notfälle, bei denen die Helfer reanimieren oder Sauerstoff verabreichen. Der Notfallrucksack gehört natürlich zur Grundausstattung, samt mobilem Defibrillator. Inzwischen haben die Deißlinger auch einen neuen Rettungswagen, der alte Mercedes-Kombi mit leuchtend rotem Streifen hat ausgedient und wird demnächst von der Feuerwehr zerlegt.

    Nachwuchssorgen hat das Deißlinger DRK nicht, erstaunlicherweise. Denn in den letzten zwei Jahren haben die Ehrenamtlichen unzählige Stunden damit verbracht, ihre Begegnungsstätte an der Bahnhofstraße herzurichten, aus einer Bauruine ein schmuckes Zentrum zu machen. „Wir haben in der Zeit sogar zwei Helfer dazubekommen”, freut sich Pfundstein. Ausgebildet werden sie intensiv, müssen auch eine Zeitlang im Rettungswagen mitfahren, um genügend Erfahrung zu haben. Und das Vertrauen der Leute, denn es gibt auch Einsätze, wo beispielsweise eine Mutter mit dem schwerkranken Kind in die Klinik fährt und die DRK-Helfer solange auf die Geschwister aufpassen.

    In heutigen Zeiten könnte das durchaus zu heiklen Nachspielen kommen, „aber bei uns ist noch nie was passiert”, weiß Pfundstein. Zwei Stunden Verhör bei der Kripo, das hat er aber schon erlebt, nachdem ein Säugling trotz Reanimation starb. Das muss sein, weiß Pfundstein, denn schließlich muss herausgefunden werden, woran genau das Kind gestorben ist. Aber alles in allem überwiegt bei allen Helfern das gute Gefühl, Menschen in Not helfen zu können.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Beiträge

    Atommüll-Endlagersuche: Rottweil nicht aus dem Rennen

    Deutschland sucht seit 2017 systematisch nach einem Standort für ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll, und zwar den Standort mit der bestmöglichen Sicherheit –...

    Wärmestube bedient die Kunden durchs Fenster

    ROTTWEIL - Die Wärmestube ist wie viele andere Einrichtungen seit den allgemeinen Schließungen durch Corona zu. Doch das Team um Sozialarbeiterin Verena Gaiffi hat...

    Impf-Pflicht? Demo dagegen am Donnerstag in Rottweil

    Am morgigen Donnerstag ab 16.30 Uhr soll es in Rottweil eine Menschenkette zwischen Kapellenkirche und Paracelsushaus geben. Das soll ein friedliches Zeichen für Freiheitsrechte...

    „Wir versuchen, die Lage jederzeit im Griff zu haben. Aber das Land macht es uns sehr schwer.“

    Deißlingens Bürgermeister Ralf Ulbrich ist sauer, wie viele seiner Kollegen. Denn die Landesregierung bleibt bei ihrer Praxis, Lockerungen der Corona-Beschränkungen zuerst in einer Pressekonzerenz...

    Kurioser Prozessauftakt: Angeklagter mit Mundmaske

    In Corona-Zeiten passieren Dinge, die es so bislang nicht gab: Am Mittwoch beim Prozessauftakt gegen einen 43-jährigen Mann aus Tuttlingen erschien dieser mit einer...

    Göllsdorfer Brückenbau: Alles im Zeitplan

    Marode Brücken zu erneuern, das ist der Job von Klaus Eger. Er ist Projektleiter beim Straßenbauamt und derzeit zuständig für die Primbrücke bei Göllsdorf....

    700 Flüchtlinge in den Landkreis Rottweil?

    Behauptungen, wonach dem Landkreis Rottweil jetzt 700 Flüchtlinge zugewiesen worden seien, sind offenbar ein reines Gerücht. Es hatte auch die NRWZ erreicht, wir fragten...

    Bauzaun am Kapellenturm wird zum Gabenzaun

    Der Bauzaun bei der Kapellenkirche in Rottweil ist jetzt zum Gaben-Zaun geworden. Ruth und Jörg Gronmayer und ihre Tochter Sonja haben heute dort laminierte...

    Häusliche Gewalt wegen Corona: Rottweiler Beratungsstelle spürt noch keine Auswirkungen

    Die ganze Familie sitzt daheim, die Kinder dürfen nicht auf den Spielplatz oder zu Freunden, die Eltern plagen Sorgen wegen Kurzarbeit - in der...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Nächster Meilenstein beim Glasfaserausbau

    Der Landkreis Rottweil macht einen großen Schritt in Richtung Gigabitgesellschaft: Mit einem Zuwendungsbescheid in Höhe von 28 Millionen Euro unterstützt der Bund ein weiteres...

    Kran donnert gegen Brücke: 550.000 Euro Schaden

    Massive Verkehrsbehinderungen - nicht durch Schneefall, sondern durch einen Mobilkran. Ein solcher blieb am Freitag an einer Brücke über die B27 bei Dotternhausen hängen.Update,...

    Zollfahnder im Rathaus

    Ermittlungen wegen Schwarzarbeit haben zu einer Durchsuchung im Schramberger Rathaus geführt. Vergangene Woche waren Zollfahnder der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit vor Ort. Dabei gehe es...

    Schramberg drohen magere Jahre

    Eine Haushaltseinbringung ohne Haushaltsrede – das geschieht äußerst selten. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin ist eigentlich der Kern der Haushaltsberatungen. Darin legt...

    Sterbefälle, Geburten, Eheschließungen: die Familiennachrichten für Oktober 2024

    Hier veröffentlichen wir die uns von den Standesämtern im Landkreis Rottweil und von unseren Lesern zur Verfügung gestellten Informationen zu den Geburten, Eheschließungen und...

    Winterdienst ist einsatzbereit

    In der Nacht hat der erste Schnee die Straßen im Landkreis Rottweil erreicht. Die Straßenmeistereien Rottweil und Schramberg sind darauf bestens vorbereitet. Fahrzeuge, Streugeräte...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Das interessiert heute

    Sie sind als Erste da, wenn jemand Hilfe braucht und gewährleisten damit die schnelle Rettung auch in weniger dicht besiedelten Gebieten: die Helfer vor Ort des Deutschen Roten Kreuzes. In Deißlingen gibt es derzeit sieben davon, und sie kommen auf rund 200 Einsätze im Jahr, Tendenz steigend.

    Als Uwe Pfundstein 1996 mit dem Rettungsdienst aufhörte, kam dem Deißlinger die Idee der Helfer vor Ort. „Ich bin in zwei bis drei Minuten da, der Rettungswagen brauchte damals noch eine Viertelstunde.” Bis dahin wurden die örtlichen Retter nur bei Bränden oder Unfällen dazu gerufen. Der damalige Kreisgeschäftsführer fand die Idee gut, man probierte es ein halbes Jahr lang aus, und dann wurden aus den einstigen Nachbarschaftshelfern „First Responder” oder eben die Helfer vor Ort (HvO). Inzwischen haben alle Kreisgemeinden welche, in Deißlingen gibt es inzwischen sieben davon.

    Warum man das in seiner Freizeit macht, manchmal mitten in der Nacht aufsteht, um zu helfen, und das rein unentgeltlich, erklärt Andreas Maier: „Wir leisten schnelle, effektive Hilfe, und es ist einfach toll, wenn man die Leute später wieder trifft und ihre Dankbarkeit spürt.” Dabei ist es wahrlich keine einfache Aufgabe, „man lässt alles stehen und liegen, auch mal das warme Essen. Die Familie muss das natürlich mittragen.”

    Und manchmal erwartet die Helfer richtig Hartes: Leute, die sich vor den Zug geworfen haben, ausartende Familienstreitigkeiten, oder, am schlimmsten für alle, verletzte Kinder. „Meine erste Kinderreanimation werde ich nie vergessen”, erzählt Patrick Munding. Besonders schlimm war das für ihn, weil das Kind nicht überlebte. Auch schwere Unfälle gehen den Rettern oft lange nach, und manchmal brauchen sie danach selbst Hilfe. Dann bietet sich ein Gespräch mit Diakon Elmar Schmeh an, der jahrelange Erfahrung damit hat, oder auch mit dem Polizeipsychologen Max Hermanutz. Meist hilft es aber schon, wenn die Helfer sich miteinander austauschen.

    Erste Hilfe leisten, den Rettungsdienst auf dem Laufenden halten, ihm oft auch den Weg weisen, das sind die Aufgaben der Helfer vor Ort: „Unser Wagen steht dann ja vor der Tür, dann wissen sie auch gleich, wo sie hinmüssen.”, sagt Uwe Pfundstein. Und oft sind die Leute, die den Notruf absetzen, so aufgeregt, dass sie keine genauen Angaben machen können, und die örtlichen Retter können dann dem Rettungsdienst sagen, ob beispielsweise ein Notarzt gebraucht wird oder nicht. Oder es wird ein Unfall mit einem Verletzten gemeldet, und dann stellen die Helfer fest, dass es drei sind.

    Meist sind es internistische Notfälle, bei denen die Helfer reanimieren oder Sauerstoff verabreichen. Der Notfallrucksack gehört natürlich zur Grundausstattung, samt mobilem Defibrillator. Inzwischen haben die Deißlinger auch einen neuen Rettungswagen, der alte Mercedes-Kombi mit leuchtend rotem Streifen hat ausgedient und wird demnächst von der Feuerwehr zerlegt.

    Nachwuchssorgen hat das Deißlinger DRK nicht, erstaunlicherweise. Denn in den letzten zwei Jahren haben die Ehrenamtlichen unzählige Stunden damit verbracht, ihre Begegnungsstätte an der Bahnhofstraße herzurichten, aus einer Bauruine ein schmuckes Zentrum zu machen. „Wir haben in der Zeit sogar zwei Helfer dazubekommen”, freut sich Pfundstein. Ausgebildet werden sie intensiv, müssen auch eine Zeitlang im Rettungswagen mitfahren, um genügend Erfahrung zu haben. Und das Vertrauen der Leute, denn es gibt auch Einsätze, wo beispielsweise eine Mutter mit dem schwerkranken Kind in die Klinik fährt und die DRK-Helfer solange auf die Geschwister aufpassen.

    In heutigen Zeiten könnte das durchaus zu heiklen Nachspielen kommen, „aber bei uns ist noch nie was passiert”, weiß Pfundstein. Zwei Stunden Verhör bei der Kripo, das hat er aber schon erlebt, nachdem ein Säugling trotz Reanimation starb. Das muss sein, weiß Pfundstein, denn schließlich muss herausgefunden werden, woran genau das Kind gestorben ist. Aber alles in allem überwiegt bei allen Helfern das gute Gefühl, Menschen in Not helfen zu können.

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]