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    Ölberg-Darstellung: Einladung zum Innehalten

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    Mit Palmsonntag beginnt die „heilige Woche“ – eine Zeit voll dichter Symbolik bis zum Osterfest, die sich auch im Rottweiler Stadtbild vielfach ablesen lässt. Besonders augenfällig wird dies an der Ölberg-Darstellung außen am Hochchor von Heilig-Kreuz.

    Fünf große Figuren sind dort in einer geräumigen Nische postiert: Schon durch sein helles Gewand hervorgehoben ist als zentrale Gestalt Jesus. Er betet kniend, während links daneben drei Personen erkennbar in Schlaf entrückt sind.

    Wie auf einer Freilicht- Theaterbühne, für jeden Passanten gut sichtbar, vergegenwärtigt die Figurengruppe das Geschehen, an das besonders an Gründonnerstag erinnert wird: Den Evangelisten Matthäus und Lukas zufolge ging Jesus mit seinen Jüngern nach dem Abendmahl an den Ölberg nahe Jerusalem, auch Garten Gethsemane genannt.

    Wie ein kleines Theater: Zur Gethsemane-Szene an Heilig-Kreuz gehören im Hintergrund auch Malereien, die Raumtiefen vermitteln sollen. Foto: al

    Dort spitzt sich das Geschehen dann dramatisch zu: Jesus ermahnt sie, wach zu bleiben und zu beten, während er selber sich etwas abseits begibt. Er weiß, dass er gefangen genommen wird. Von Furcht gepeinigt tritt er in Zwiesprache mit Gott. Aber seine Freunde sind ihm in seiner Not keine Unterstützung – der Schnitzer der Rottweiler Ölberggruppe zeigt dies an der Zweier-Gruppe aus Petrus und Johannes sowie der Einzelfigur des Jakobus deutlich an: Von diesen Kerlen mit eingesunkenen Körpern und geschlossenen Augen ist kein Beistand zu erwarten.

    Während Jesus, wie Lukas berichtet, heftig betend mit dem Tode ringt, ist er also völlig verlassen – zumindest von irdischem Beistand. Denn dem Evangelium zufolge sendet ihm Gott einen Engel, der ihn stärkt – auch er ist, ganz klein, in der Nische am Münster abgebildet.

    Diesen Tiefpunkt zwischen letztem Abendmahl und Verhaftung mit anschließendem Leiden, hält die Ölberggruppe tagtäglich im Blickfeld – so wie viele Kreuze in den Fluren und im Stadtgebiet das Karfreitags-Geschehen, die damit verknüpften Glaubensinhalte und die christliche Tradition an sich vergegenwärtigen.

    Auch der Jakobus ebenfalls in tiefen Schlaf gefallen: Foto: al

    Erstmals abgebildet findet sich die Gethsemane-Szene an Heilig Kreuz auf einem Gemälde aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Ölberggruppe ist aber wesentlich älter. Wolfgang Vater, ein profunder Kenner der Stadtgeschichte, der 2020 in den „Heimatblättern“ die Passionsfrömmigkeit im Rottweil des 18. Jahrhunderts erläutert hat, verortet sie im Barock.

    Im Gespräch mit der NRWZ verweist Vater darauf, dass dokumentiert ist, dass an der Ölberggruppe bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gebetet wurde. Unter anderem bildete die Gethsemane-Szene eine Station bei Karfreitagsprozessionen.

    Sie war damit fester Teil eines intensiven religiösen Brauchtums in Rottweil, das gerade in der ausgehenden Reichstadt-Zeit eine Blüte erlebte. Im Zeitraum von Aschermittwoch bis Karsamstag stand die Erinnerung an das Leiden und Sterben
    Christi stark im Blickfeld.

    Fasten- oder Passions-Krippen genannte Darstellungen verbildlichten die Glaubensinhalte. Für die Kapellenkirche ist eine solche Passionskrippe überliefert: auf Bretter gemalte Figuren von Christus am Kreuz, Maria und Johannes. Hinzu kommt seit einer Restaurierung durch Martina van Spankeren-Ghandi 2017 auch eine innig betende Maria Magdalena am Fuß des Kreuzes. Wolfgang Vater vermutet, dass das Ensemble einst noch größer war und 1733 bis 1737 von Joseph Firtmair gemalt wurde, der kurz zuvor die barocken Fresken der Kapellenkirche geschaffen hatte.

    Ab dem fünften Sonntag der Fastenzeit, dem sogenannten Passionssonntag, waren die Altarblätter von Heilig-Kreuz für zwei Wochen von Fastentüchern verhüllt. Diese waren als Gemeinschaftsarbeit von Rottweiler Maler in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts entstanden.

    Am folgenden, dem Palmsonntag bewegte sich eine Prozession durch die Stadt. Im Mittelpunkt stand eine barocke Skulptur von Christus auf einem Esel. 1730 wird hiervon erstmals in den Quellen berichtet. Der Rottweiler Palmesel kam später – als zunächst die josephinischen Reformen der barocken Frömmigkeit zusetzten, ehe sie durch die Umwälzungen im Zuge der französischen Revolution ebenso weggefegt wurde wie Rottweils Reichsstadt-Freiheit –ins Kapuzinerkloster Meran bei Bregenz. Später verliert sich seine Spur.

    Einen Eindruck, wie der Rottweiler Palmesel ausgesehen haben könnte, kann man sich in Villingen machen. Das dortige Exemplar wurde nicht verscherbelt und ist im Franziskanermuseum zu sehen.

    Immerhin fiel die Ölberggruppe an Heilig-Kreuz keinem Bildersturm oder puristischen Erneuerungs-Wahn zum Opfer. Sie wurde in Ehren gehalten, wie auch die Chronik der Pfarrei Heilig-Kreuz dokumentiert. So stiftete die Rottweiler Bürgersfrau Pia Ritter 1873 der Pfarrei den stattlichen Betrag von rund 2000 Gulden – ein Vermögen, aus dem bereits zwei Jahre später auch eine Instandsetzung der Gethsemane-Darstellung finanziert werden konnte.

    Stiftete 1873 ein Vermögen für Heilig-Kreuz, mit dem auch die Ölberggruppe instand gesetzt wurde: Die Rottweiler Bürgersfrau Pia Ritter (1925-1884). Quelle: Chronik der Pfarrei Heilig-Kreuz in Rottweil, S. 169.

    2005 wurden die Figuren und der Ölberg zuletzt renoviert, durch Rolf Geißler und Martin Holzinger. Der in Rottweil lebende Kirchenrestaurator Geißler brachte besondere Kompetenzen im Umgang mit Holzobjekten mit. Sein Tübinger Kollege Holzinger ist Experte für Fragen der Farbfassung.

    Wind und Wetter hatten den Schnitzwerken aus Lindenholz damals schwer zugesetzt. Regen, starke Einstrahlung im Sommer und Herbstlaub, unter dem sich Feuchtigkeit halten kann, hatten zu abgeplatzer Farbe und tiefen Risse geführt, die fachmännisch instand gesetzt wurden.

    Ganz so strahlend wie nach der damaligen Renovierung sieht die Ölberg-Darstellung mittlerweile nicht mehr aus. Aber zu einem Moment des Innehaltens und des menschlichen Mitfühlens lädt sie nach wie vor ungebrochen ausdrucksstark ein – nicht nur in der Heiligen Woche.

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    Fünf große Figuren sind dort in einer geräumigen Nische postiert: Schon durch sein helles Gewand hervorgehoben ist als zentrale Gestalt Jesus. Er betet kniend, während links daneben drei Personen erkennbar in Schlaf entrückt sind.

    Wie auf einer Freilicht- Theaterbühne, für jeden Passanten gut sichtbar, vergegenwärtigt die Figurengruppe das Geschehen, an das besonders an Gründonnerstag erinnert wird: Den Evangelisten Matthäus und Lukas zufolge ging Jesus mit seinen Jüngern nach dem Abendmahl an den Ölberg nahe Jerusalem, auch Garten Gethsemane genannt.

    Wie ein kleines Theater: Zur Gethsemane-Szene an Heilig-Kreuz gehören im Hintergrund auch Malereien, die Raumtiefen vermitteln sollen. Foto: al

    Dort spitzt sich das Geschehen dann dramatisch zu: Jesus ermahnt sie, wach zu bleiben und zu beten, während er selber sich etwas abseits begibt. Er weiß, dass er gefangen genommen wird. Von Furcht gepeinigt tritt er in Zwiesprache mit Gott. Aber seine Freunde sind ihm in seiner Not keine Unterstützung – der Schnitzer der Rottweiler Ölberggruppe zeigt dies an der Zweier-Gruppe aus Petrus und Johannes sowie der Einzelfigur des Jakobus deutlich an: Von diesen Kerlen mit eingesunkenen Körpern und geschlossenen Augen ist kein Beistand zu erwarten.

    Während Jesus, wie Lukas berichtet, heftig betend mit dem Tode ringt, ist er also völlig verlassen – zumindest von irdischem Beistand. Denn dem Evangelium zufolge sendet ihm Gott einen Engel, der ihn stärkt – auch er ist, ganz klein, in der Nische am Münster abgebildet.

    Diesen Tiefpunkt zwischen letztem Abendmahl und Verhaftung mit anschließendem Leiden, hält die Ölberggruppe tagtäglich im Blickfeld – so wie viele Kreuze in den Fluren und im Stadtgebiet das Karfreitags-Geschehen, die damit verknüpften Glaubensinhalte und die christliche Tradition an sich vergegenwärtigen.

    Auch der Jakobus ebenfalls in tiefen Schlaf gefallen: Foto: al

    Erstmals abgebildet findet sich die Gethsemane-Szene an Heilig Kreuz auf einem Gemälde aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Ölberggruppe ist aber wesentlich älter. Wolfgang Vater, ein profunder Kenner der Stadtgeschichte, der 2020 in den „Heimatblättern“ die Passionsfrömmigkeit im Rottweil des 18. Jahrhunderts erläutert hat, verortet sie im Barock.

    Im Gespräch mit der NRWZ verweist Vater darauf, dass dokumentiert ist, dass an der Ölberggruppe bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gebetet wurde. Unter anderem bildete die Gethsemane-Szene eine Station bei Karfreitagsprozessionen.

    Sie war damit fester Teil eines intensiven religiösen Brauchtums in Rottweil, das gerade in der ausgehenden Reichstadt-Zeit eine Blüte erlebte. Im Zeitraum von Aschermittwoch bis Karsamstag stand die Erinnerung an das Leiden und Sterben
    Christi stark im Blickfeld.

    Fasten- oder Passions-Krippen genannte Darstellungen verbildlichten die Glaubensinhalte. Für die Kapellenkirche ist eine solche Passionskrippe überliefert: auf Bretter gemalte Figuren von Christus am Kreuz, Maria und Johannes. Hinzu kommt seit einer Restaurierung durch Martina van Spankeren-Ghandi 2017 auch eine innig betende Maria Magdalena am Fuß des Kreuzes. Wolfgang Vater vermutet, dass das Ensemble einst noch größer war und 1733 bis 1737 von Joseph Firtmair gemalt wurde, der kurz zuvor die barocken Fresken der Kapellenkirche geschaffen hatte.

    Ab dem fünften Sonntag der Fastenzeit, dem sogenannten Passionssonntag, waren die Altarblätter von Heilig-Kreuz für zwei Wochen von Fastentüchern verhüllt. Diese waren als Gemeinschaftsarbeit von Rottweiler Maler in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts entstanden.

    Am folgenden, dem Palmsonntag bewegte sich eine Prozession durch die Stadt. Im Mittelpunkt stand eine barocke Skulptur von Christus auf einem Esel. 1730 wird hiervon erstmals in den Quellen berichtet. Der Rottweiler Palmesel kam später – als zunächst die josephinischen Reformen der barocken Frömmigkeit zusetzten, ehe sie durch die Umwälzungen im Zuge der französischen Revolution ebenso weggefegt wurde wie Rottweils Reichsstadt-Freiheit –ins Kapuzinerkloster Meran bei Bregenz. Später verliert sich seine Spur.

    Einen Eindruck, wie der Rottweiler Palmesel ausgesehen haben könnte, kann man sich in Villingen machen. Das dortige Exemplar wurde nicht verscherbelt und ist im Franziskanermuseum zu sehen.

    Immerhin fiel die Ölberggruppe an Heilig-Kreuz keinem Bildersturm oder puristischen Erneuerungs-Wahn zum Opfer. Sie wurde in Ehren gehalten, wie auch die Chronik der Pfarrei Heilig-Kreuz dokumentiert. So stiftete die Rottweiler Bürgersfrau Pia Ritter 1873 der Pfarrei den stattlichen Betrag von rund 2000 Gulden – ein Vermögen, aus dem bereits zwei Jahre später auch eine Instandsetzung der Gethsemane-Darstellung finanziert werden konnte.

    Stiftete 1873 ein Vermögen für Heilig-Kreuz, mit dem auch die Ölberggruppe instand gesetzt wurde: Die Rottweiler Bürgersfrau Pia Ritter (1925-1884). Quelle: Chronik der Pfarrei Heilig-Kreuz in Rottweil, S. 169.

    2005 wurden die Figuren und der Ölberg zuletzt renoviert, durch Rolf Geißler und Martin Holzinger. Der in Rottweil lebende Kirchenrestaurator Geißler brachte besondere Kompetenzen im Umgang mit Holzobjekten mit. Sein Tübinger Kollege Holzinger ist Experte für Fragen der Farbfassung.

    Wind und Wetter hatten den Schnitzwerken aus Lindenholz damals schwer zugesetzt. Regen, starke Einstrahlung im Sommer und Herbstlaub, unter dem sich Feuchtigkeit halten kann, hatten zu abgeplatzer Farbe und tiefen Risse geführt, die fachmännisch instand gesetzt wurden.

    Ganz so strahlend wie nach der damaligen Renovierung sieht die Ölberg-Darstellung mittlerweile nicht mehr aus. Aber zu einem Moment des Innehaltens und des menschlichen Mitfühlens lädt sie nach wie vor ungebrochen ausdrucksstark ein – nicht nur in der Heiligen Woche.

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    Das interessiert diese Woche

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