Mit einem Festgottesdienst in der Klosterkirche Rottenmünster in Rottweil hat das Dekanat Rottweil seinen neuen Dekan Pfarrer Rüdiger Kocholl aus Schramberg und seine beiden Stellvertreter Dr. Eberhard Eisele aus Sulgen und Martin Schwer aus Oberndorf in ihre Ämter eingeführt. Weihbischof Dr. Gerhard Schneider zelebrierte mit seinen Priesterkollegen den Gottesdienst.
Rottweil.Bei einem Empfang anschließend im Festsaal würdigten Vertreter der Kirche und des Landkreises auch den bisherigen Dekan Albert Zepf.
Weihbischof Schneider erinnerte an die Wahl der drei Neuen an der Spitze des Dekanats am 20. Juni. Die Amtseinführung am Tag des Apostels Jacobus passe sehr gut, denn auch durch Rottweil führe ein Jakobsweg. Jakob möge „ein Wegbegleiter der drei und aller anderen, die im Dekanat Verantwortung trügen, sein“, so Weihbischof Schneider.
Jakobus als Wegbegleiter
In seiner Predigt ging auch Kocholl auf den Jakobsweg ein und erinnerte an den Bestseller von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“. Kerkeling beschäftige sich darin auch mit der Kirche und Gott. Viele seiner Freunde hätten sich vor der Kirche, und dann auch von Gott abgewandt, weil die Kirche für sie unglaubwürdig geworden sei.
Kerkeling habe das Bild von einem Film für Gott und einem Dorfkino für die Kirche gewählt. In dem Dorfkino hänge die Leinwand schon mal schief, schepperten die Lautsprecher und knarzten die Sitze. Aber der Film bleibe dennoch großartig.
Die Kirche habe viele Defizite, aber die Menschen, die in der Kirche aktiv seien, seien „Chancen und Ressourcen. Es sind die Menschen, die Gott ein Gesicht geben können.“
Er fühle sich mit den evangelischen Christen, Christen aller Konfessionen und Menschen aller Religionen verbunden, „und allen Menschen, die guten Willens sind“, so Kocholl.
Zahlreiche Gäste
Nach der Eucharistiefeier sprach Weihbischof Schneider. Die Einführung eines neuen Dekans sei nicht nur eine interne Angelegenheit des Dekanats. Er begrüßte deshalb auch Vertreter des öffentlichen Lebens wie Landrat Wolf-Rüdiger Michel, den stellvertretenden Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Sulz Christoph Hofius, Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, die neue Bürgermeisterin von Rottweil Ines Gaehn und den Lauterbacher Bürgermeister Jürgen Leichtle.
Mit Blick auf den heiligen Martin betonte Schneider, es komme darauf an, dass man seine Möglichkeiten erkenne und dann auch handle. An die drei Gewählten gewandt meinte er: „Es braucht Mut, Verantwortung zu übernehmen und zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun.“
Kocholl, Schwer und Eisele seien auch Mittler zwischen der Diözese und den Gemeinden an der Basis. Sie müssten beim synodalen Wirken den Veränderungs- und Transformationsprozess in der Kirche nicht nur technisch tragen. Das Dekansamt sei auch ein „zutiefst geistlicher Dienst“. Er dankte schließlich dem scheidenden Dekan Albrecht Zepf für dessen „Leidenschaft im Dienst und der Sorge um die Menschen.“
Empfang im Festsaal
Beim anschließenden Empfang im Festsaal begrüßte Hausherr Thomas Brobeil vom Vinzenz-von-Paul-Hospital die Gäste und erinnerte an das 125-jährige Bestehen des Hospitals. Es sei eine große kirchliche Einrichtung, die vier Landkreise psychiatrisch betreue. Rottenmünster sei „ein Ort des Heils und der Heilung“.
Als Vorsitzender des Dekanatsrats bat Wolfgang Geißler „um Vertrauen, neue Wege mit den drei Dekanen zu gehen“. Es gehe darum, auch „Weggegangene“ wieder für die Kirche zu gewinnen. Und an Kocholl gewandt: „Ich bin gespannt, wohin uns der Weg mit dir noch führt.“
Der Heilige Geist
Für Landrat Michel ist der Kontakt zwischen kirchlichen und staatlichen Institutionen bedeutsam, auch wenn die Meinungen manchmal auseinander gingen. Die Kirchen seien eher gesinnungsethisch, die staatlichen Einrichtungen verantwortungsethisch unterwegs. Dennoch sei die Zusammenarbeit fruchtbar und helfe den Menschen.
In einer Zeit, in der vieles auch in den Kirchen in Frage gestellt werde, sei er sicher „der Heilige Geist wird die richtigen Antworten finden“. Dem Pfarrer Rüdiger Kocholl habe er „schon ein paar Mal assistiert“, erinnerte sich Michel, das werde er auch gern für den neuen Dekan tun, dieser sei „ein fröhlicher Glaubenskrieger“. Mit ihm könne man über alles reden, aber auch über das ein oder andere lachen.
Kleinmann im Chorhemd
Michel ging dann auf Albrecht Zepf ein, der ebenfalls viel Humor habe. Mit einer Anekdote bewies er, was er damit meinte. Vor etwa 15 Jahren habe Zepf in der Oberndorfer Klosterkirche Eucharistie gefeiert. Schon damals habe die Kirche unter Personalmangel gelitten.
Da habe Zepf kurzerhand den damaligen Landtagsabgeordneten – und evangelischen Pfarrer – Dieter Kleinmann geschnappt, ihm ein Chorhemd in die Hand gedrückt und den evangelischen Pfarrer zum katholischen Chorhelfer umfunktioniert. An den Weihbischof gewandt meinte Michel, das sei „bestimmt kirchenrechtlich verjährt“ und so könne er die Geschichte heute erzählen.
Als Geschenk für Zepf hatte Michel einen Nachdruck eines Stadtführers von Rom aus dem Jahr 1650. Unter dem Gelächter der vielen katholischen Funktionsträger meinte Michel, den könne Zepf bei seiner nächsten Romreise sicher gut gebrauchen. Ok, die S-Bahn sei noch nicht eingezeichnet und auch die evangelisch- lutherische Kirche des früheren Schramberger Stadtpfarrers Jonas in Rom fehle noch. Aber sonst habe sich „in Rom ja in den letzten 350 Jahren nicht viel geändert“.
„Hörendes Herz“
Christoph Hofius vom evangelischen Dekanat Sulz betonte, die Kirchen bräuchten Personen, die sich mit Freude ans Werk machen und nicht mutlos werden. Ein „hörendes Herz“ sei dabei wichtig, „das rechte Wort zur rechten Zeit“. Er wünschte den drei Pfarrerkollegen alles Gute im neuen Amt.
Ökumenische Verbundenheit
Rüdiger Kocholl dankte allen, die sich am Gelingen des Festes beteiligt hatten, insbesondere dem Dekanatsreferenten Jens Wöhrle und Dorothee Golm von der Dekanatsgeschäftsstelle für die Organisation. Dekanatskirchenmusiker Peter Hirsch für die „fantastische Jazzmusik“ und dem Vinzenz-von-Paul-Hospital für die Gastfreundschaft.
Dem „agilen“ Vorsitzenden des Dekanatsrats Geißler dankte er ebenso wie Landrat Michel, den er schon öfter als Minister, sprich Diener, eingesetzt und den Weihwasserkessel habe tragen lassen.
Seinem evangelischen Kollegen Hofius lobte er für seine „ordentliche Kleidung“ und frotzelte: „In dem Anzug könnte man dich fast für einen römischen Priester halten.“ Er freute sich, dass auch seine evangelische Kollegin aus Schramberg Martina Schlagenhauf unter den Gästen war. Das sei „ein starkes Zeichen für die ökumenische Verbundenheit“.
Er habe gelesen, die Ökumene sei auf einem Tiefpunkt. Unter dem Applaus der Gäste versicherte Kocholl, das gelte bestimmt nicht für unsere Gegend und bestimmt nicht für die Basis. „Da ist die Übereinstimmung ganz groß, und das lassen wir uns auch nicht nehmen.“
Zepf weiß alles
Auch Kocholl würdigte seinen Amtsvorgänger Albrecht Zepf, der als Dekan oder stellvertretender Dekan 26 Jahre an der Spitze des Dekanats gestanden habe. Zepf sei ein Kümmerer für die Menschen. Im Dekanat gebe es den Spruch: „Wenn du nicht mehr weiter weißt, frag‘ Dekan Zepf, der weiß alles.“
Anschließend lud Kocholl mit seinen beiden Stellvertretern zu Getränken und Imbiss ins Foyer nach dem schwäbischen Motto: „‘s koschtet nix, aber der Abend isch ned umsonscht.“
Dem kamen die zahlreichen Gäste gerne nach und plauderten noch lange miteinander.