Seit mehreren Wahlperioden macht die „unechte Teilortswahl“ den Bürgerinnen und Bürgern die Wahl schwer. Die komplizierten Regeln führen besonders in den Teilorten Waldmössingen und seit der Eingemeindung auch in Tennenbronn dazu, dass sehr viele Stimmen verloren gehen. Entweder, weil die Stimmzettel ungültig sind oder weil die Wählerinnen und Wähler nicht alle ihre Stimmmöglichkeiten ausnutzen.
Schramberg. Deshalb diskutieren die Ortschafts- und Gemeinderäte schon seit etlichen Jahren darüber, die unechte Teilortswahl aufzugeben. Bisher ist es immer am Widerstand in den Ortsteilen Waldmössingen und Tennenbronn gescheitert. Nun gibt es einen neuen Anlauf.
Ungültige Stimmen und Ungerechtigkeiten
Die unechte Teilortswahl garantiert den beiden Ortsteilen vier beziehungsweise drei Sitze im Gemeinderat. Würde sie aufgehoben, fiele diese Garantie weg. Es könnten die Wählerinnen und Wähler aus diesen Teilorten aber auch alle ihre Stimmen nur Kandidatinnen und Kandidaten aus ihren Ortsteilen geben und damit auch mehr Vertreterinnen und Vertreter in den Rat entsenden.
Durch die Begrenzung kann es wie bei der letzten Wahl geschehen, dass ein Kandidat aus Waldmössingen auf seiner Liste mehr Stimmen bekam als eine Kandidatin aus Schramberg. Weil die drei Waldmössinger Sitze aber bereits vergeben waren, kam er nicht zum Zug.
Wichtig: Die Ortschaftsräte und Ortsvorsteher würden in jedem Fall erhalten bleiben.
Rat will Fakten
In der Gemeinderatssitzung im Dezember hat Nina Schneider von Fachbereich Recht und Sicherheit über eine intensive Nachzählung der Stimmzettel von der Kommunalwahl im Sommer berichtet. Der Gemeinderat wollte wissen, „wie viele Stimmen aufgrund der unechten Teilortswahl potentiell verloren gegangen sein könnten“, wie es in einer Vorlage für den Rat heißt. Vom 28. Oktober bis 5. November haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Stimmzettel nochmal daraufhin ausgewertet.
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr wies darauf hin, dass es lediglich um eine Information für den Rat gehe, ein Beschluss werde nicht gefasst.
Zahlen belegen: Ortschaften würden besser ohne die unechte Teilortswahl fahren
Nina Schneider berichtete, die Verwaltung habe 8.163 gültige und 426 ungültige Stimmzettel untersucht. Dabei habe man geschaut, wie viele Stimmen wurden in den einzelnen Wohnbezirken vergeben und auf wie viele Kandidaten wurden diese Stimmen in den einzelnen Wohnbezirken verteilt. Daraus ergab sich, wie viele Stimmen dadurch verloren gegangen sind.
Insgesamt haben die Wählerinnen und Wähler in Schramberg 167.439 Stimmen abgegeben. Davon waren 155.059 oder 92,6 Prozent gültig. 12.380 Stimmen oder 7,6 Prozent waren ungültig und damit verloren.
Beim Blick auf die Wohnbezirke fällt auf, in Schramberg und Sulgen gingen gerade mal 1,5 Prozent der Stimmen verloren, während es in Waldmössingen fast 20 Prozent oder jede fünfte Stimme war.
In Tennenbronn war es noch krasser: Von 28.730 Simmen waren 7360 ungültig, das sind 25,6 Prozent oder mehr als jede vierte Stimme.
Auch viele „Leerstimmen“
Daneben haben sowohl in Tennenbronn aus auch in Waldmössingen etliche Wählerinnen und Wähler zwar gültige Stimmzettel abgegeben, aber viele Stimmen verschenkt, weil sie nur die Kandidatinnen aus ihrem Ortsteil gewählt haben. In Tennenbronn sind gut 12 Prozent der Wählerinnen so vorgegangen, ihn Waldmössingen gut 11 Prozent, wie Schneider berichtete.
Dominik Dieterle (CDU) freute sich, dass man nun „endlich belegte Zahlen“ vorliegen habe. Ihn interessierte, wie viele Stimmen wegen der unechten Teilortswahl ungültig waren. Dies seien 203 Stimmzettel gewesen, so Schneider.
Entscheidung im Januar?
Laut Vorlage wird sich der Gemeinderat mit der Abschaffung der unechten Teilortswahl im Januar befassen. Die Aktiven Bürger hatten dies noch in der letzten Wahlperiode im Juni 2024 beantragt.