Die Kryptoqueen Ruja Ignatova sorgt weiter für Furore. Gleich zwei große Sender widmen der in Schramberg aufgewachsenen mutmaßlichen Milliardenbetrügerin Filmprojekte: Die ARD setzt die Dokumentar-Serie „Die Krypto-Queen“ mit einer fünften Folge: “Die Jagd“ fort. Das ZDF lässt in Italien gerade eine fiktionale Miniserie mit dem Arbeitstitel “Take the Money and run“ mit Nilam Farooq als Ruja Ignatova drehen.
Schramberg. Ignatova, die mit ihrem Bruder Konstantin und ihren Eltern Veska und Plamen von 1990 bis etwa 2000 in Schramberg in einer einfachen Wohnung in der Marktstraße aufgewachsen ist, hat bekanntlich einen der größten Finanzschwindel der Geschichte mit der angeblichen Kryptowährung OneCoin aufgezogen. Sie und ihre Komplizen haben weltweit Millionen Anleger um etwa 15 Milliarden Dollar betrogen. Seit dem 25. Oktober 2017 ist Ruja Ignatova spurlos verschwunden.
ARD: Die Kryptoqueen – Die Jagd
Der aus Villingen-Schwenningen stammende Dokumentarfilmer Johan von Mirbach hatte vor zwei Jahren einen Dokumentarfilm für Arte und den WDR über die Kryptoqueen produziert. Für die ARD-Mediathek entstanden darüber hinaus vier kürzere Folgen. Nun begibt sich in Folge 5 von Mirbach auf die Jagd nach Ignatova.
Ganz gegen ihre Gewohnheiten stieg Ignatova am 25. Oktober 2017 in einen Billigflieger von Ryanair und flog von Sofia nach Athen. Dort sei sie von russisch sprechenden Männern abgeholt worden und weggefahren, erzählte ihr Bruder Konstantin zwei Jahre später einem New Yorker Richter. Seitdem hat sie angeblich niemand mehr gesehen.
Es wird viel spekuliert, was mit Ignatova geschehen ist: In Dubai untergetaucht, in der Ägäis ermordet? Auf eine Jacht im Mittelmeer unterwegs. Interessant: Seit ihrem Untertauchen suchen sie das BKA, FBI und Interpol. Das FBI setzt gar fünf Millionen US-Dollar als Belohnung aus.
„Trotzdem gab es von ihr und dem Geld kaum eine Spur – bis jetzt“, wie es in einer Ankündigung des Senders heißt. Nun gebe es frische Hinweise. „Dieser Film verfolgt die neuen Spuren. Die Suche nach der Kryptoqueen geht weiter…“ Zu sehen ist von Mirbachs Film ab dem 9. November in der ARD-Mediathek und am 13. November ab 23 Uhr im WDR-Fernsehen. (Wir werden noch ausführlich berichten.)
Mini-Serie im ZDF: „Take the Money and run“
Noch etwa ein Jahr gedulden müssen sich die Fernsehzuschauer, die die fiktionale Serie zu Ruja Ignatova und ihrem OneCoin-Betrug sehen wollen. Derzeit laufen in Italien die Dreharbeiten, sie sollen wohl bis Jahresende abgeschlossen sein.
Die Bücher für die sechs Folgen haben Judith Angerbauer und Boris von Sychowski geschrieben. Für ihre Recherche waren die beiden im Sommer 2023 ein paar Tage in Schramberg.
Sie besuchten die Marktstraße und schauten im Gymnasium vorbei. In der Göttelbachstraße interessierte sie, wo Vater Plamen seinen Reifenhandel damals betrieben hat. Mit einigen früheren Klassenkameradinnen und Kameraden von Ruja und Konstantin plauderten sie über die beiden Geschwister, um ein Gefühl für die Figuren zu bekommen. Es wird interessant sein, zu sehen, wie sich das in den Drehbüchern und den Filmen widerspiegelt…
Derzeit werden die sechs Folgen in Italien abgedreht, nicht in Schramberg, leider. In der fiktiven Serie geht es auch um Ignatovas beide Ex-Geliebten Sebastian Greenwood und Gilbert Armenta. Beide sitzen inzwischen in US-Gefängnissen. Greenwood hat 20, Armenta fünf Jahre Haft aufgebrummt bekommen. Auch ihr Ehemann taucht auf, allerdings mit anderem Namen.
Björn S. wartet weiter auf sein Geldwäscheverfahren
Im wirklichen Leben wartet dieser nun seit Jahren auf seinen Prozess wegen mutmaßlicher Geldwäsche. Björn S., den Ignatova während ihres Jura-Studiums in Konstanz kennengelernt und später geheiratet hat, arbeitete viele Jahre bei einer renommierten internationalen Kanzlei in Frankfurt. Wohnen soll er in einem luxuriösen Anwesen bei Frankfurt. In den goldenen OneCoin-Jahren begleitete er seine Frau bei vielen Partys und Festen.
Im Januar 2022 gab es eine umfangreiche Durchsuchungsaktion bei ihm. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt ging dem Verdacht der Geldwäsche nach. Ignatovas Ehemann soll unter anderem 7,69 Millionen Euro im Jahr 2016 über eine Hongkonger Firma auf sein privates Konto transferiert haben. Seine Ehefrau – also Ruja Ignatova – soll das veranlasst haben, wie die Staatsanwaltschaft damals der NRWZ bestätigte.
Im Mai 2023 schließlich waren die Ermittlungen abgeschlossen und die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren ans Landgericht Darmstadt weitergeleitet. Dort prüfen die Richter seither, ob tatsächlich das Hauptverfahren eröffnet wird.
Warum nun anderthalb Jahre für diese Prüfung ins Land gegangen sind? Der Sprecher des Landgerichts Darmstadt erklärt das damit, dass die zuständige Kammer „zahlreiche vordringlich zu fördernde Haftsachen“ zu verhandeln habe. Wegen eines Wechsels an der Spitze der Kammer müsse sich eine Vertreterin erst in die Materie einarbeiten. Schließlich sei ein neuer Verteidiger hinzugekommen, „der sich ebenfalls einzuarbeiten hat“. Gut möglich also, dass der fiktive Ehemann im ZDF-Film noch vor dem echten vor Gericht auftreten wird.
OneCoin existiert weiter
Was bei all der medialen Aufmerksamkeit wirklich verblüfft: OneCoin existiert weiterhin. Allmonatlich erscheinen Newsletter, in denen den OneCoin-Anhängern große Versprechen gemacht werden. Die Spitzenverkäufer treffen sich, die angeblich großartig funktionierende Handelsplattform Dealshaker verkauft Krimskrams.
Während Ruja Ignatova nun also seit ziemlich genau sieben Jahren spurlos verschwunden ist, lebt ihr Bruder Konstantin quietschvergnügt in Sofia in einer ruhigen Gegend. Und wenn es ihm da zu langweilig wird, dann begibt er sich auf Reisen und postet wie jüngst Bilder von sich und Freunden auf Instagram aus Istanbul. Mit seiner neuen Flamme?
(Transparenzhinweis: An beiden Filmprojekten war ich im Hintergrund als Beratender für die Autoren beteiligt. Martin Himmelheber)
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