Mahle und IHK begrüßen Erleichterungen für die europäische Automobilindustrie – weitere Schritte gefordert

Ein kürzlich von der EU veröffentlichter Aktionsplan stellt der Automobilindustrie Unterstützung und Erleichterungen in Aussicht, etwa die Erreichung der CO2-Flottengrenzwerte. Ob und wie die mittelständische Zuliefererindustrie in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg davon profitiert, muss die EU-Kommission durch Vorlage konkreter Gesetzesvorschläge noch beweisen. Zu dieser Einschätzung kommen Automobilzulieferer aus der Region, die im Arbeitskreis Automotive der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg die regulatorischen Rahmenbedingungen eng im Blick haben.
Die regionalen Zulieferer hatten sich bereits vergangenes Jahr in einer Empfehlung anlässlich der Europawahlen für wettbewerbsfähigere Rahmenbedingungen ausgesprochen und ihr Bekenntnis zu nachhaltiger Mobilität und Technologieoffenheit erneut formuliert. Insofern gingen die Überlegungen zur Überarbeitung der CO2-Flottengrenzwertregulierung auf der Grundlage eines technologieneutralen Ansatzes in die richtige Richtung. Doch welche konkreten Auswirkungen dies auf verschiedene Antriebstechnologien habe und wie insbesondere die mittelständische Zuliefererindustrie davon profitieren könne, sei zum aktuellen Zeitpunkt weiterhin offen.
Matthias Möhrle, Geschäftsführer bei der Helmut Hechinger GmbH aus Villingen-Schwenningen und Mitglied im IHK-Arbeitskreis: „Für Zulieferer, die sowohl in der klassischen Verbrennungstechnologie verwurzelt sind als auch bereits erhebliche Investitionen in die Elektromobilität getätigt haben, sind stabile und verlässliche politische Rahmenbedingungen essenziell. Dabei geht es nicht nur um eine flexiblere Gestaltung regulatorischer Vorgaben, etwa durch angepasste Übergangsfristen bei den EU-Flottengrenzwerten, sondern auch um gezielte Förderprogramme zur Stärkung der Nachfrage und des Konsums, wirtschaftliche Entlastungen für Unternehmen sowie einen spürbaren Abbau bürokratischer Hürden – um nur einige zu nennen. Die Politik ist nun gefordert und muss klare Rahmenbedingungen schaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern und die Innovationskraft in Deutschland sowie in der EU voranzutreiben.“
Ähnlich äußert sich Arnd Franz, Vorsitzender der Konzern-Geschäftsführung und CEO von Mahle mit einem Standort in Rottweil: „Die angekündigte beschleunigte Überprüfung der CO₂-Flottenziele für 2035 ist ein positives Signal und wichtig für die Entscheidungen der Unternehmen zu ihrer künftigen technologischen Ausrichtung. Der vorgestellte Aktionsplan enthält jedoch kein klares Bekenntnis zu diesem entscheidenden Punkt. Jetzt muss die EU-Kommission konkret darlegen, wie CO₂-Vorgaben technologieoffen ausgestaltet werden können. Wir brauchen Technologievielfalt, die batterieelektrische wie auch Hybrid-Fahrzeuge mit erneuerbaren Kraftstoffen einschließt, wenn wir CO2-Emissionen schnell reduzieren und Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Europa sichern wollen.“
Horst-Rainer Petermann, Geschäftsführer bei der im IHK-Arbeitskreis vertretenen Güntert Präzisionstechnik GmbH in Villingen-Schwenningen: „Der Vorstoß von Ursula von der Leyen zur Fristverlängerung bei EU-Flottengrenzwerten war längst überfällig. Durch das massive Eingreifen der Politik und die Vorgaben Richtung Elektromobilität kam es zu einer gravierenden Schieflage der gesamten Automobilbranche. Die Technologieoffenheit der Antriebstechnik im Automobil ist wichtig. Dies muss der Verbraucher entscheiden und nicht die Politik. Die Politik darf nur die Rahmenbedingungen setzen.“
Die in Aussicht gestellten Erleichterungen zielten in erster Linie auf die Hersteller ab. Die Automobilbauer müssten ihre Emissionsziele nach wie vor einhalten, könnten ihre Reduktionsleistungen künftig aber über einen Zeitraum von drei Jahren von 2025 bis 2027 strecken. Strafzahlungen bei der Nichteinhaltung der Ziele bereits in diesem Jahr würden damit vermieden.
Diese vermeintlich guten Nachrichten für Hersteller sei für die Zuliefererindustrie in der Region kein Grund, sich zurückzulehnen, fügt Bernd Spreitzer, Geschäftsführer der KSG Spreitzer GmbH aus Gosheim und Mitglied im IHK-Arbeitskreis, hinzu: „An den Zielen für nachhaltige Mobilität hat sich nichts geändert. Deshalb muss sich der Mittelstand nach mehr denn je darauf fokussieren, innovative Teile und Komponenten zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Die Politik muss dafür die Rahmenbedingungen schaffen und in Bereichen wie Bürokratieabbau, Infrastruktur und internationale Standortattraktivität nachbessern.“
Die IHK wird die Entwicklungen auf EU-Ebene weiterhin genau beobachten und den politischen Prozess begleiten. Zur Unterstützung der mittelständischen Zuliefererindustrie haben die im IHK-Arbeitskreis Automotive beteiligten Zulieferer das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte AuToS-Projekt auf den Weg gebracht. Das Netzwerk der IHK bietet zusammen mit weiteren Partnern verschiedenste, kostenfreie Formate, Dienstleistungen und Kooperationsprojekte an. In der ersten Jahreshälfte stehen beispielsweise Themen wie Preisverhandlungen, Technologietransfer, Strategieentwicklung, Wasserstofftechnologie, Auslandsmärkte, Künstliche Intelligenz und Qualifizierung auf der Agenda. Weitere Informationen sind auf der Website unter www.autos-sw-bw.de abrufbar.