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    Daniel Karrais zu 5 G: „Kein erhöhtes Risiko“

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    Der neue Mobilfunkstandard 5 G beschäftigt die Medien. Eine kleine Gruppe Mobilfunkgegner sorgt immer wieder für dicke Schlagzeilen: Sie befürchten gesundheitliche Schäden, wenn dieser neue Standard eingeführt wird. In der Diskussion werden verschiedene Begriffe immer wieder verwendet, Studien genannt und Vorwürfe erhoben.

    Die NRWZ hat mit einem ausgewiesenen Fachmann und Fachpolitiker über 5 G gesprochen. Daniel Karrais ist  Maschinenbauingenieur, hat für ein Tochterunternehmen der EnBW, die Netcom BW in Ellwangen gearbeitet, die  vornehmlich mit dem Breitbandausbau befasst ist. Karrais ist seit 2018 Mitglied des Landtags und FDP-Stadtrat in Rottweil.

    Herr Karrais, was heißt eigentlich 5 G?

    Daniel Karrais: 5 G steht für fünfte Generation der Mobilfunknetze. 1 G war das erste Netz, mit dem man auch in wechselnden Funkzellen telefonieren konnte, Mitte der 80er Jahre. Bei 2 G  kamen SMS und MMS dazu. Bei 3 G konnte man auch schon ins richtige Internet mit UMTS. 4 G war eine Weiterentwicklung, mit der höhere Bandbreiten und eine höhere Verfügbarkeit möglich waren. Dann gibt es 4 G plus, auch als LTE (Long Term Evolution) Advanced bekannt, und nun also 5 G als der neueste Standard.

    Kommt danach noch etwas?

    Es wird schon an 6 G geforscht, in Finnland zum Beispiel, ja.

    Wann ging es mit dem Mobilfunk so richtig los?

    In den 90er Jahren gab es die „Siemens-Ziegelsteine“ mit Ausziehantenne, aber erst mit dem I-Phone, das 2007 auf den Markt kam,  war der wesentliche Beginn des Mobilfunkzeitalters, vor allem mit Internet. Heute ist das Smartphone ein täglicher Bestandteil des Alltags für die allermeisten Leute.

    Wellenlängen, Frequenzen, Strahlung, Watt, für Sie als Ingenieur alltägliche Begriffe, nicht so für viele Laien. Erklären Sie uns die Zusammenhänge?

    Die Frequenz bedingt die Wellenlänge, Watt bezeichnet die Leistung oder Intensität, mit der das Signal ausgesendet wird. Das ist das entscheidende Kriterium. Die Frequenz hat einen geringeren Einfluss als die Leistung. Entscheidend ist die Spezifische Absorptionsrate (SAR) beim Organismus, die die eintreffende Leistung pro Kilogramm Gewebe angibt (W/kg).

    Was hat das mit 5 G zu tun?

    Bei 5 G werden höhere Frequenzen verwendet. Bei einer hohen Frequenz verringert sich die Reichweite. Dann brauche ich entweder mehr Leistung, oder ich brauche mehr Standorte mit weniger Leistung. Leistung ist das, was am ehesten einen Effekt auf Organismen haben kann.

    Haben Sie ein Beispiel?

    In einer Mikrowelle haben Sie eine sehr hohe Leistung. Das sind natürlich Werte, an die wir beim Mobilfunk bei weitem nicht dran kommen, das ist um einen Faktor von mehreren 100 auseinander.

    Deshalb soll man auch keine Katzen in die Mikrowelle zum Trocknen setzen…

    (lacht) Genau! Die Frequenz an sich ist nicht entscheidend. Erst in Kombination mit der Leistung wird es spannend. Aber da sind die Grenzwerte so festgelegt, dass da keine Gesundheitsgefährdung bestehen kann. Da hat man sehr bewusst konservative, vorsichtige Werte gewählt.

    Man unterscheidet aber noch unterschiedliche Strahlungsarten, Röntgenstrahlung, ionisierende Strahlung?

    Das sind alles elektromagnetische Wellen, auch die sehr gefährlichen Gammastrahlen und Röntgenstrahlen sind eigentlich alles Formen von Licht. Physikalisch gesehen, gibt es da keine Unterschiede, die Definition unterscheidet sich über die Frequenz. Bei Gammastrahlen handelt es um sehr hohe Frequenzen, die beim Mobilfunk nicht zur Diskussion stehen.

    Und was ist das mit der ionisierenden Stahlung?

    Ionisierende Strahlung kann Elektronen aus Atomen oder Molekülen herausschlagen. Aber dazu braucht man radioaktive Teilchenstrahlung oder mindestens UV-Strahlen. Da ist man beim Mobilfunk weit davon weg.

    Gegenwärtig befinden wir uns in einer Umstellungsphase von 4 G auf 5 G. Die Telekomanbieter haben auf einem Teil ihrer Sendeanlagen schon 5 G-Sender installiert. Wird da heimlich der große Umstieg schon vorbereitet?

    Das ist schon die Grundlage für das künftige 5 G – Netz. Das heißt, die bisherigen Sendeanlagen werden erneuert, die Frequenzen sind oftmals dieselben wie bei 4 G da ändert sich erstmal nichts, an der Sendeleistung ändert sich auch nichts. Über die entsprechenden Grenzwerte dürfen die Unternehmen nicht drüber gehen, auch nicht mit 5 G.

    Die jetzt schon genutzten Frequenzen mit 2,6 Gigahertz beispielsweise, ist das etwas Neues?

    Nein, das ist ein alter Hut. Seit es 4 G gibt, werden die genutzt. In Ländern wie Südkorea oder Japan und Teilen der USA, wo 4 G sehr stark genutzt wird, hatte das bisher keine bekannt gewordenen Auswirkungen auf jemanden gehabt.

    Zu den Grenzwerten: Wer legt die fest?

    Das macht das Bundesamt für Strahlenschutz, kurz BfS.

    Dazu hört man immer wieder den Vorwurf, die Telekomunternehmen selbst hätten die Grenzwerte bestimmt.

    Das Bundesamt hat die Aufgabe, sich Gedanken zu machen, welche Dinge, die wir machen, haben welche Auswirkungen auf die Menschen, die Tiere oder Pflanzen. Es ist deren Aufgabe, die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu zusammen zu tragen und daraus dann die Grenzwerte abzuleiten.

    Und dann mit Blick auf die Mobilfunkunternehmen und deren hohe Investitionen?

    Das BfS geht nach meinem Wissen sehr konservativ vor. Die gehen nicht bis zum maximal Möglichen hin, sondern rechnen immer einen Sicherheitsfaktor drauf. Einen Einfluss der Lobbys kann ich da nicht erkennen.

    Dennoch gibt es die Diskussion um Gesundheitsgefahren. Immer wieder werden auch Entscheidungen von Kommunalparlamenten zitiert, die gegen den Ausbau von 5 G sind.

    Ortschaftsräte und Gemeinderäte, die so etwas beschließen, sind oft verunsichert und kommen dann zu diesen Grundsatzbeschlüssen, die es auch für das bisherige 4G schon reichlich gibt.

    Sind die Bedenken nicht berechtigt?

    Oft zeigt sich bei diesen Berichten über solche Entscheidungen in den größeren Städten der Welt, dass wenn etwas eingestellt wird, dass es nicht daran liegt, dass man gesundheitliche Bedenken hat. Das wird gerne da rein interpretiert. Meist hatte es ganz praktische Gründe.

    Nämlich?

    Dass beispielsweise der Ausbau des Netzes noch nicht weit genug war und sich deshalb die Investition noch nicht gelohnt hätte. Oder dass es Stabilitätsprobleme gab, weshalb man den Ausbau unterbrochen hat. So ist es beispielsweise in Brüssel und in Zürich gewesen, auch in einigen Städten in den USA.

    Also alles kein Problem?

    Man muss das Thema grundsätzlich ernst nehmen. Es gibt ja schon Studien, die bei einer gewissen Leistung, mit der die Strahlung auf beispielsweise Ratten eintrifft, zeigen, dass manchmal Veränderungen am Organismus stattfinden. Da muss man sich genau anschauen, ob sich das bei einer höheren Frequenz als bisher untersucht ändert. Aber es gibt keine handfesten Erkenntnisse für die Wirkung beim Menschen. Bei Tieren gibt es Anhaltspunkte, aber keine wissenschaftlichen Beweise, die eine Schädlichkeit im Rahmen der bisherigen oder geplanten Nutzung von Mobilfunk nahelegen. Es gibt auch Ergebnisse, für die man mit hohen Leistungen und langer Exposition Ratten und Mäuse bestrahlt hat und interessanter Weise haben die bestrahlten Ratten länger gelebt als die nicht Bestrahlten.

    Erstaunlich.

    Ich glaube eher nicht, dass die Ratten wegen der Bestrahlung länger gelebt haben, sondern es hat wahrscheinlich einfach gar keinen Effekt. Das zeigt vor allem, dass die Studien mit Vorsicht zu genießen sind und nicht vergleichbar sind.

    Seit etwa 35 Jahren gibt es Mobilfunk. Kennen Sie von irgendwo auf der Welt Studien, dass Mobilfunk zu beispielsweise erhöhten Krebsraten oder genetischen Veränderungen geführt hätte?

    Ist mir nichts bekannt. Auch bei den Rattenversuchen hat es kein erhöhtes Risiko gegeben, wenn man die geltenden Grenzwerte eingehalten hat. Man hat es mit Ganzkörperbestrahlung über mehrere Stunden am Tag über mehrere Jahre versucht, da gab es dann erste Auswirkungen, wie Tumorbildung. Niemand ist aber so exzessiv Mobilfunk ausgesetzt. Aber, wie bei allem, macht erst die Menge das Gift.

    5 G-Kritiker fordern immer wieder die Kommunalparlamente auf, sie sollten sich gegen neue 5 G-Standorte wehren. Können Gemeinderäte das überhaupt?

    Bedingt schon, wenn es um neue Anlagen auf kommunalen Grundstücken geht. Aber wenn die Telekommunikationsanbieter mit einem privaten Grundbesitzer einen Vertrag aushandeln, sind den Räten die Hände ziemlich gebunden. Wenn die Anlage nicht höher als zehn Meter ist, braucht man dafür keine Genehmigung. Das Unternehmen darf das dann machen.

    Sie sagen sogar, es sei schlecht, neue Standorte zu verhindern?

    Ja, weil die Telekommunikationsunternehmen machen das ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern die machen das, um ihr Netz zu verbessern. Und das bedeutet immer auch, dass die Leistung an den Sendeanlagen sich reduziert, wenn es mehr davon gibt, beziehungsweise das Endgerät kann die Leistung runterfahren.

    Und die Leistung, sagen Sie, ist das Entscheidende.

    Es gibt nichts schlimmeres, als wenn man das Handy in der Tasche hat und immer schlechten Empfang hat, denn dann sendet das Handy mit voller Leistung. Es ist also viel besser, wenn Sie viele Sendeanlagen haben, dann müssen das Handy und der Mast nicht so stark senden. Mehr Masten sind also eigentlich besser als weniger, wenn man die Strahlungsbelastung reduzieren will.

    Bei 5 G wären deutschlandweit ungefähr 40.000 neue Sendeanlagen erforderlich. Ist das denn realistisch?

    Das sind drastische Hochrechnungen, wenn man tatsächlich in jedem Millimeter des Landes die volle Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit haben will. Aber das heißt nicht, dass die neuen Anlagen alle gleich verteilt sind. Es geht vor allem darum, wenn man viele Menschen, beispielsweise in einer Fußgängerzone oder in einem Fußballstadion hat, diese zu versorgen. Da braucht man eine sehr hohe Dichte und viele Anlagen, aber auf dem flachen Land sind es deutlich weniger.

    Könnte man das überhaupt bezahlen?

    Finanziell wäre es machbar, die Anlagen sind ja auch nicht mehr groß. Es sind oft nur kleine Antennen, besonders beim 5 G Standard. Die sind vielleicht so groß wie zwei, drei Flaschen Bier übereinander.

    Sie sehen noch einen Vorteil bei 5 G?

    Ja, erstmals wird bei 5 G ein Richtstrahl , genauer die Multi-Richtstrahltechnik und sogenanntes Beamforming eingesetzt, das heißt, die Sendeanlage verfolgt den Empfänger, sodass die Umgebung dann weniger belastet ist.

    Warum sagen eigentlich so viele Unternehmen und Politiker, dass es 5G braucht?

    5G ist im Gegensatz zu den Vorläufern keine wirklich neue Technik, sondern eine Weiterentwicklung. Es geht vor allem darum die Bandbreiten zu erhöhen und die Reaktionszeiten, die Latenz, zu verringern. So kann man über 5G beispielsweise in Echtzeit Fahrzeuge oder Roboter fernsteuern und große Datenmengen schnell übertragen. Auch das Thema Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) ist extrem wichtig.

    Was bringt das außer bei irgendwelchen Spielen?

    Stellen Sie sich vor, der Service-Techniker muss nicht zu Ihnen fahren, sondern kann Sie über eine AR-Brille anleiten. Das gibt ganz neue Möglichkeiten für die Wirtschaft, aber auch für Staat und Privatleute. Das Internet of Things wird damit auch unterwegs möglich.

    Beim Fotografieren haben wir festgestellt, dass ganz passend im Hintergrund ein Sendemast zu erkennen ist. Ob der wohl schon mit 5 G-Sendern ausgestattet ist?   Foto: him

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    Martin Himmelheber (him)
    Martin Himmelheber (him)
    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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    Was hat das mit 5 G zu tun?

    Bei 5 G werden höhere Frequenzen verwendet. Bei einer hohen Frequenz verringert sich die Reichweite. Dann brauche ich entweder mehr Leistung, oder ich brauche mehr Standorte mit weniger Leistung. Leistung ist das, was am ehesten einen Effekt auf Organismen haben kann.

    Haben Sie ein Beispiel?

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    (lacht) Genau! Die Frequenz an sich ist nicht entscheidend. Erst in Kombination mit der Leistung wird es spannend. Aber da sind die Grenzwerte so festgelegt, dass da keine Gesundheitsgefährdung bestehen kann. Da hat man sehr bewusst konservative, vorsichtige Werte gewählt.

    Man unterscheidet aber noch unterschiedliche Strahlungsarten, Röntgenstrahlung, ionisierende Strahlung?

    Das sind alles elektromagnetische Wellen, auch die sehr gefährlichen Gammastrahlen und Röntgenstrahlen sind eigentlich alles Formen von Licht. Physikalisch gesehen, gibt es da keine Unterschiede, die Definition unterscheidet sich über die Frequenz. Bei Gammastrahlen handelt es um sehr hohe Frequenzen, die beim Mobilfunk nicht zur Diskussion stehen.

    Und was ist das mit der ionisierenden Stahlung?

    Ionisierende Strahlung kann Elektronen aus Atomen oder Molekülen herausschlagen. Aber dazu braucht man radioaktive Teilchenstrahlung oder mindestens UV-Strahlen. Da ist man beim Mobilfunk weit davon weg.

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    Zu den Grenzwerten: Wer legt die fest?

    Das macht das Bundesamt für Strahlenschutz, kurz BfS.

    Dazu hört man immer wieder den Vorwurf, die Telekomunternehmen selbst hätten die Grenzwerte bestimmt.

    Das Bundesamt hat die Aufgabe, sich Gedanken zu machen, welche Dinge, die wir machen, haben welche Auswirkungen auf die Menschen, die Tiere oder Pflanzen. Es ist deren Aufgabe, die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu zusammen zu tragen und daraus dann die Grenzwerte abzuleiten.

    Und dann mit Blick auf die Mobilfunkunternehmen und deren hohe Investitionen?

    Das BfS geht nach meinem Wissen sehr konservativ vor. Die gehen nicht bis zum maximal Möglichen hin, sondern rechnen immer einen Sicherheitsfaktor drauf. Einen Einfluss der Lobbys kann ich da nicht erkennen.

    Dennoch gibt es die Diskussion um Gesundheitsgefahren. Immer wieder werden auch Entscheidungen von Kommunalparlamenten zitiert, die gegen den Ausbau von 5 G sind.

    Ortschaftsräte und Gemeinderäte, die so etwas beschließen, sind oft verunsichert und kommen dann zu diesen Grundsatzbeschlüssen, die es auch für das bisherige 4G schon reichlich gibt.

    Sind die Bedenken nicht berechtigt?

    Oft zeigt sich bei diesen Berichten über solche Entscheidungen in den größeren Städten der Welt, dass wenn etwas eingestellt wird, dass es nicht daran liegt, dass man gesundheitliche Bedenken hat. Das wird gerne da rein interpretiert. Meist hatte es ganz praktische Gründe.

    Nämlich?

    Dass beispielsweise der Ausbau des Netzes noch nicht weit genug war und sich deshalb die Investition noch nicht gelohnt hätte. Oder dass es Stabilitätsprobleme gab, weshalb man den Ausbau unterbrochen hat. So ist es beispielsweise in Brüssel und in Zürich gewesen, auch in einigen Städten in den USA.

    Also alles kein Problem?

    Man muss das Thema grundsätzlich ernst nehmen. Es gibt ja schon Studien, die bei einer gewissen Leistung, mit der die Strahlung auf beispielsweise Ratten eintrifft, zeigen, dass manchmal Veränderungen am Organismus stattfinden. Da muss man sich genau anschauen, ob sich das bei einer höheren Frequenz als bisher untersucht ändert. Aber es gibt keine handfesten Erkenntnisse für die Wirkung beim Menschen. Bei Tieren gibt es Anhaltspunkte, aber keine wissenschaftlichen Beweise, die eine Schädlichkeit im Rahmen der bisherigen oder geplanten Nutzung von Mobilfunk nahelegen. Es gibt auch Ergebnisse, für die man mit hohen Leistungen und langer Exposition Ratten und Mäuse bestrahlt hat und interessanter Weise haben die bestrahlten Ratten länger gelebt als die nicht Bestrahlten.

    Erstaunlich.

    Ich glaube eher nicht, dass die Ratten wegen der Bestrahlung länger gelebt haben, sondern es hat wahrscheinlich einfach gar keinen Effekt. Das zeigt vor allem, dass die Studien mit Vorsicht zu genießen sind und nicht vergleichbar sind.

    Seit etwa 35 Jahren gibt es Mobilfunk. Kennen Sie von irgendwo auf der Welt Studien, dass Mobilfunk zu beispielsweise erhöhten Krebsraten oder genetischen Veränderungen geführt hätte?

    Ist mir nichts bekannt. Auch bei den Rattenversuchen hat es kein erhöhtes Risiko gegeben, wenn man die geltenden Grenzwerte eingehalten hat. Man hat es mit Ganzkörperbestrahlung über mehrere Stunden am Tag über mehrere Jahre versucht, da gab es dann erste Auswirkungen, wie Tumorbildung. Niemand ist aber so exzessiv Mobilfunk ausgesetzt. Aber, wie bei allem, macht erst die Menge das Gift.

    5 G-Kritiker fordern immer wieder die Kommunalparlamente auf, sie sollten sich gegen neue 5 G-Standorte wehren. Können Gemeinderäte das überhaupt?

    Bedingt schon, wenn es um neue Anlagen auf kommunalen Grundstücken geht. Aber wenn die Telekommunikationsanbieter mit einem privaten Grundbesitzer einen Vertrag aushandeln, sind den Räten die Hände ziemlich gebunden. Wenn die Anlage nicht höher als zehn Meter ist, braucht man dafür keine Genehmigung. Das Unternehmen darf das dann machen.

    Sie sagen sogar, es sei schlecht, neue Standorte zu verhindern?

    Ja, weil die Telekommunikationsunternehmen machen das ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern die machen das, um ihr Netz zu verbessern. Und das bedeutet immer auch, dass die Leistung an den Sendeanlagen sich reduziert, wenn es mehr davon gibt, beziehungsweise das Endgerät kann die Leistung runterfahren.

    Und die Leistung, sagen Sie, ist das Entscheidende.

    Es gibt nichts schlimmeres, als wenn man das Handy in der Tasche hat und immer schlechten Empfang hat, denn dann sendet das Handy mit voller Leistung. Es ist also viel besser, wenn Sie viele Sendeanlagen haben, dann müssen das Handy und der Mast nicht so stark senden. Mehr Masten sind also eigentlich besser als weniger, wenn man die Strahlungsbelastung reduzieren will.

    Bei 5 G wären deutschlandweit ungefähr 40.000 neue Sendeanlagen erforderlich. Ist das denn realistisch?

    Das sind drastische Hochrechnungen, wenn man tatsächlich in jedem Millimeter des Landes die volle Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit haben will. Aber das heißt nicht, dass die neuen Anlagen alle gleich verteilt sind. Es geht vor allem darum, wenn man viele Menschen, beispielsweise in einer Fußgängerzone oder in einem Fußballstadion hat, diese zu versorgen. Da braucht man eine sehr hohe Dichte und viele Anlagen, aber auf dem flachen Land sind es deutlich weniger.

    Könnte man das überhaupt bezahlen?

    Finanziell wäre es machbar, die Anlagen sind ja auch nicht mehr groß. Es sind oft nur kleine Antennen, besonders beim 5 G Standard. Die sind vielleicht so groß wie zwei, drei Flaschen Bier übereinander.

    Sie sehen noch einen Vorteil bei 5 G?

    Ja, erstmals wird bei 5 G ein Richtstrahl , genauer die Multi-Richtstrahltechnik und sogenanntes Beamforming eingesetzt, das heißt, die Sendeanlage verfolgt den Empfänger, sodass die Umgebung dann weniger belastet ist.

    Warum sagen eigentlich so viele Unternehmen und Politiker, dass es 5G braucht?

    5G ist im Gegensatz zu den Vorläufern keine wirklich neue Technik, sondern eine Weiterentwicklung. Es geht vor allem darum die Bandbreiten zu erhöhen und die Reaktionszeiten, die Latenz, zu verringern. So kann man über 5G beispielsweise in Echtzeit Fahrzeuge oder Roboter fernsteuern und große Datenmengen schnell übertragen. Auch das Thema Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) ist extrem wichtig.

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    Stellen Sie sich vor, der Service-Techniker muss nicht zu Ihnen fahren, sondern kann Sie über eine AR-Brille anleiten. Das gibt ganz neue Möglichkeiten für die Wirtschaft, aber auch für Staat und Privatleute. Das Internet of Things wird damit auch unterwegs möglich.

    Beim Fotografieren haben wir festgestellt, dass ganz passend im Hintergrund ein Sendemast zu erkennen ist. Ob der wohl schon mit 5 G-Sendern ausgestattet ist?   Foto: him

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