Die Betreiberin des Ringzugs, die SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG, sieht sich außerstande, die geltende Maskenpflicht durchzusetzen. Das hat eine Nachfrage einer erbosten Kundin des Betriebs ergeben – die eine Schleife über die NRWZ nahm, nachdem die SWEG zunächst allzu knapp geantwortet hatte.
Die Mail der Ringzug-Mitfahrerin ist deutlich: „Ich fühle mich von Ihrem Unternehmen verarscht“, schreibt sie an die SWEG. Denn: „Sie sorgen nicht dafür, dass Fahrgäste, wie ich, geschützt werden.“ Sie fahre täglich die Strecke Rottweil-Brigachtal. Ihre Beobachtung: Die geltende Corona-Verordnung werde in den Zügen der SWEG nicht kontrolliert. Täglich könnten Maskenverweigerer unbehelligt mitfahren.
Ein Problem, das auch die Deutsche Bahn kennt. Offiziell sieht das Unternehmen es so:
Ganz klar: Reisende in Zügen und Bussen der Deutschen Bahn sind verpflichtet, Mund und Nase zu bedecken. Sollten sich Fahrgäste nach einer wiederholten Aufforderung weigern, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, können wir dies nicht akzeptieren und holen, wie in allen Konfliktsituationen, die Bundespolizei hinzu.
Eine Sprecherin der DB AG
Nach wie vor halte sich die große Mehrheit der Reisenden bei der Bahn an die Maskenpflicht. „Wenn eine sehr kleine Minderheit geltende Regeln missachtet, ist dies für uns nicht hinnehmbar. Sollte die Bahn in solchen Fällen einen Beförderungsausschluss aussprechen müssen, setzt die Bundespolizei dies in Konfliktsituationen um“, so eine Konzernsprecherin.
Zurück zum Ringzug: So deutlich, wie die Mail der Mitfahrerin ist, so knapp – und für sie unbefriedigend – fällt die Antwort aus. „Sehr geehrte Frau … „, steht da, „für die Umsetzung und Kontrolle ist nicht das Verkehrsunternehmen verantwortlich,. Mit freundlichen Grüßen Ihr SWEG-Team“.
Das ist sogar ein bisschen hastig zusammengeklickt – denn unter der Grußformel und dem Abbinder mit der Adresse findet sich die Fortsetzung des an die Frau gerichteten Satzes: „sondern obliegt der Polizei oder den Ordnungsbehörden.“
Die SWEG erklärt sich also in einem Haupt- und einem Nebensatz für nicht zuständig. Die Frau wendet sich an redaktion@NRWZ.de und schreibt: „Anstatt sich darum zu kümmern oder Aussicht auf Besserung habe ich diese Mail erhalten.“
Wir haben angesichts dieser nicht allzu zufriedenstellenden Situation nachgehakt. „Die von Ihnen weitergeleitete Antwort unseres Unternehmens an die Kundin ist leider aus Versehen unvollständig an die Kundin verschickt worden“, stellt ein Sprecher der SWEG fest.
Inhaltlich aber bleibt es dabei. „Gemäß Paragraf 3 Absatz 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-VO) vom 9. Mai 2020 in der derzeit gültigen Fassung besteht bei der Benutzung unserer Züge und Busse die Pflicht zur Mund-Nase-Bedeckung“, so der Sprecher nun ausführlich. Sofern für Fahrgäste medizinische Ausschlussgründe zur Nichtbedeckung zutreffend seien, müssten sie diese gegenüber dem Zugpersonal mittels ärztlichem Attest nachweisen können.
Für die Durchsetzung der Pflicht zur Mund-Nase-Bedeckung seien dann aber gemäß Corona-Verordnung der Landesregierung die Polizei und die Ordnungsbehörden zuständig. Die Corona-Verordnung sehe ausdrücklich keine Verpflichtung für das Verkehrsunternehmen zur Durchsetzung vor.
„Wir bitten um Verständnis, dass die SWEG mangels rechtlicher Grundlage kein Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung erzwingen kann“, so der Sprecher. Er ergänzt: „Als Verkehrsunternehmen begleiten wir die Maskenpflicht aber natürlich kommunikativ, zum Beispiel über Plakate, Aufkleber, Durchsagen oder Ansprache durch Zugbegleiter.“
Die Quote an Zügen, ergänzt der Sprecher, in denen ein Zugbegleiter im Ringzug im Einsatz ist, sei im Verkehrsvertrag festgelegt. „Unsere Zugbegleiter haben im Ringzug bislang keine massiven Verstöße gegen die Maskenpflicht festgestellt. Sollte dies irgendwann der Fall sein, wäre unsererseits eine Anfrage an die Landespolizei mit der Bitte um verstärkte Kontrolle die Folge.“
Es ist ein grundsätzliches Problem der ganzen Corona-Maßnahmen, dass privatrechtlichen Einrichtungen Aufgaben zugeteilt werden, die sie schon deshalb nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit erledigen können, weil es an den notwendigen hoheitlichen Befugnissen fehlt:
So sind privatrechtlichen Einrichtungen (z.B. Restaurants, auch private Sicherheitsdienste) nicht zur Personenkontrolle befugt, dürfen also nicht den Personalausweis verlangen, um die angegebenen Daten zu kontrollieren. Man braucht sich also nicht zu wundern, wenn Phantasienamen angeben werden.
Vorliegend wäre aber daran zu denken, dass es ein Hausrecht gibt, d.h. der Fahrgast darf bei Verstössen gegen Rechtsnormen allgemein des Zuges verwiesen werden. Ggf. müssen die privatrechtlichen (!) Beförderungsbedingungen angepasst werden.
Insgesamt erscheinen die ganzen rechtlichen Instrumentarien der Corona-Pandemie nunmehr fast sieben Monate nach dem Lockdown nach wie vor nicht wirklich durchdacht, teilweise meint man, sie stammten von einem Jura-Studenten, der nächste Woche die erste Vorlesung hören wird, tut mir leid. Die Dinge, um die es hier geht, lernt man eigentlich am Gymnasium!