Ruhig geworden ist es um Pfaff und Schlauder. An den Außenmauern strebt das Unkraut in die Höhe. Die Pläne für eine Unterkunft für etwa 200 Geflüchtete liegen derzeit auf Eis, beziehungsweise in einem dicken Aktenstapel im Regierungspräsidium Freiburg. Vergangene Woche erst ist dort nämlich der Widerspruch der Bauherrin, der Singener Wirtschaftskanzlei HSG Schikorr eingegangen.
Schramberg. In der Einwohnerfragestunde im Gemeinderat hatte Karl Wolf Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr gebeten, über den Stand der Dinge zu berichten. Sie habe schließlich „eine offenere Informationspolitik“ in Sachen Pfaff-und-Schlauder zugesagt.
Eisenlohr bat um Verständnis, sie dürfe öffentlich nichts zum Verfahrensstand mitteilen. Eine Nachfrage im Regierungspräsidium ergab dann, dass der Widerspruch dort inzwischen vorliegt.
Widerspruch ist eingelegt
Anfang April hatte die Stadt Schramberg den Bauantrag der Schikorrs abgelehnt (wir haben berichtet). Die Begründung des Baurechtsamts war, dass es keine sanierungsrechtliche Genehmigung gebe.
Mitte April hatte die NRWZ die Gelegenheit mit den Schikorrs in Singen zu sprechen. Damals beklagten sich Horst Schikorr und sein Sohn Alexander, dass die Stadtverwaltung und Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr nicht mit ihnen habe sprechen wollen. Sie erklärten, sie hätten das denkmalgeschützte Gebäude nach zehn Jahren der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft in Wohnraum umgewandelt.
Es sei von Anfang an klar gewesen, das Projekt werde nur umgesetzt, wenn auch die Stadt „mit im Boot“ sei. Von deren Ablehnung habe man bis April 2023 nichts gewusst und daher den Mietvertrag mit dem Landratsamt geschlossen. Alexander Schikorr hat damals gegenüber der Presse auch angekündigt, rechtlich gegen die Ablehnung vorgehen zu wollen.
RP muss prüfen
Das haben die Schikorrs auch getan und Widerspruch eingelegt. Diesen Widerspruch hat das Baurechtsamt bearbeitet und ist offenbar zum Schluss gekommen, dass die Ablehnung des Bauantrags bestehen bleibt.
Dann muss nämlich die nächsthöhere Instanz, in diesem Fall das Regierungspräsidium (RP), die Entscheidung überprüfen. Dort sei der Widerspruch in der vergangenen Woche eingegangen, bestätigt Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums.
Keine festen Fristen
„Eine gesetzliche Frist, innerhalb derer Widerspruchsverfahren beim RP bearbeitet werden müssen, gibt es nicht“, versichert Spannagel auf Nachfrage. Allerdings habe der Widerspruchsführer, wenn nicht binnen drei Monaten über seinen Widerspruch entschieden worden ist, die Möglichkeit, eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht zu erheben und so eine gerichtliche Überprüfung zu erreichen.
„Von diesem Ausnahmefall abgesehen, gibt es keine direkte Klagemöglichkeit beim Verwaltungsgericht ohne vorangegangenes Widerspruchsverfahren“, so Spannagel. Die Schikorrs müssen also bis September warten, bis sie eine solche Untätigkeitsklage versuchen können. Der mit dem Landratsamt vereinbarte Mietvertrag sieht allerdings vor, dass die Unterkunft zum 1. April für den Landkreis zur Verfügung steht. Es ist also schon jetzt klar, dass dieser Vertrag unmöglich noch einzuhalten ist.
Lange Bearbeitungszeiten – und dann kommt noch das Verwaltungsgericht
Wenn die Schikorrs die Entscheidung des Regierungspräsidiums abwarten, dann kann es noch deutlich länger dauern. „Durchschnittlich dauert die Bearbeitung eines baurechtlichen Widerspruchs beim RP Freiburg derzeit sieben Monate“, so die Sprecherin. Das wäre dann im Frühjahr 2025. Spannagel weist aber darauf hin, dass es „in einer Vielzahl der Fälle“ auch deutlich schneller gehe und die Behörde innerhalb der Frist von drei Monaten bleibe.
Sie kenne aber auch Fälle, bei denen die Bearbeitung der Widersprüche wesentlich länger dauert. Nämlich dann, wenn zunächst noch Nachermittlungen erforderlich sind. Schließlich priorisiere das RP bestimmte Widersprüche, zum Beispiel bei Wohnbauvorhaben. Das könne natürlich zu Verzögerungen bei den nicht priorisierten Fällen führen. Ob Pfaff-und-Schlauder priorisiert werde, lässt sie offen.
Sonderkündigungsrecht ab 1. Oktober
Das Landratsamt in Rottweil hat, wie bereits berichtet, ein Sonderkündigungsrecht, „wenn sich die Übergabe der Räumlichkeiten an uns als Mieter um mehr als sechs Monate verzögert“, schreibt die Sprecherin des Landratsamts der NRWZ. Beginn des Mietverhältnisses wäre der 1. April 2024 gewesen. Das Landratsamt könnte also frühestens am 1. Oktober kündigen.
„Allerdings haben wir keine Pflicht, den Mietvertrag zu kündigen“, betont die Sprecherin des Landratsamts. „Sollte sich abzeichnen, dass der geplante Umbau doch noch zustande kommt, könnten wir den Mietvertrag weiter bestehen lassen.“ Wie lange sich das Landratsamt allerdings gedulden würde, bleibt offen.
Aus Singen keine Reaktion
Auf mehrfache Nachfrage der NRWZ hat sich die Wirtschaftskanzlei HSG aus Singen nicht zum weiteren Vorgehen geäußert. E-Mails und Bitten um Rückruf blieben unbeantwortet.
Weil die Singener Kanzlei das Verfahren nicht mit allzu viel Nachdruck zu betreiben scheint, könnte es sein, dass man bei HSG gar nicht mehr an einer Umsetzung des Projekts interessiert ist. Möglicherweise hofft man, die Stadt über eine Schadensersatzklage ordentlich zur Kasse bitten zu können.