Schramberg. Der Journalist und Autor Michael Ebert hat seinen Debütroman vorgelegt. In „Nicht von dieser Welt“, das im September erscheint, führt er seine Leserinnen und Leser an den verwünschten Ort, an dem er selbst aufgewachsen ist: ein Krankenhaus in einer süddeutschen Kleinstadt. Spoiler: Es handelt sich dabei um Schramberg. Und kein Geringerer als Herbert Grönemeyer findet Eberts Buch offenbar klasse. Für eine Lesung will der Autor in seine alte Heimat kommen.
Ebert, 1974 in Freiburg geboren, ist Chefredakteur des Süddeutsche Zeitung Magazins und wurde für seine journalistische Arbeit bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Am 13. September wird sein Roman „Nicht von dieser Welt“ erscheinen. Wie sein Verlag berichtet, erzählt Ebert darin von den großen Dingen: Leben und Tod, Liebe und Freundschaft – und von der Kunst, nicht nur auf das zu schauen, was wir verloren haben, sondern auch auf das, was uns bleibt.
Der Hintergrund: Wie lebt man als Heranwachsender mit großer Trauer? Wo findet man Geborgenheit, wenn man in einem Krankenhaus aufwächst? Was bietet Sicherheit, wenn der Familienalltag nach dem Tod des Vaters durch finanzielle Not und die ständige Abwesenheit der schwer arbeitenden Mutter geprägt ist? Und wie findet man unter diesen Umständen seinen Weg in ein selbstbestimmtes Leben? Das Debüt „Nicht von dieser Welt“ von Michael Ebert erzählt die Geschichte eines Jungen, der trotz widrigerer Umstände nie den Glauben an die Zukunft verliert und auf einer abenteuerlichen Reise lernt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Das Buch hat Autor Ebert seinen Eltern gewidmet: „Meiner Mutter, meinem Vater.“
»Ein warmherziges, amüsantes, wild skurriles und kluges Aufbruchsbuch.«
(Herbert Grönemeyer)
Zum Inhalt: Seit dem Tod des Vaters lebt der 13-jährige Mischa mit seiner Mutter in der Personalwohnung jenes Krankenhauses. Eigentlich ist das Leben für Mischa eine einzige Zumutung: Jeden Tag sterben Menschen in seiner Nachbarschaft, seine Mutter arbeitet unentwegt und trotzdem ist das Geld immer knapp. Bis an einem Sommertag im Juli 1991 überraschend nicht sein französischer Austauschschüler vor ihm steht, sondern Sola, 17, aus Zaire, selbstbewusst, geheimnisvoll und klug. Die beiden fassen einen verwegenen Plan, der sie auf eine abenteuerliche Reise quer durch das wiedervereinigte Deutschland führt – vom Schwarzwald bis nach Halberstadt, wo die Staatsbank der DDR mehr als hundert Milliarden Ostmark vergraben hat. Ein Schatz, der für Sola und Mischa ein unwiderstehliches Versprechen ist …
Info: Am 22. September 2023 liest Michael Ebert im Gymnasium Schramberg aus seinem Roman. Eine Leseprobe gibt es hier.
„Wahrer als die Wirklichkeit“
Ein Interview mit Michael Ebert nicht nur über den Wahrheitsgehalt seines Romans.
Herr Ebert, in Ihrem Roman „Nicht von dieser Welt“ reisen der 13-jährige Mischa und die 17-jährige Sola quer durch das kurz zuvor wiedervereinigte Deutschland. Das Ziel der beiden ist ein Stollen bei Halberstadt, in dem sich ein sagenhafter Schatz befinden soll. Fiktion oder Wirklichkeit?
Michael Ebert: Letzteres. Im Juli 1990 wurde die D-Mark in der DDR eingeführt, deshalb musste die SED-Regierung das gesamte Bargeld des Staates rasch loswerden. Verbrennen ging nicht, da es für diese gewaltige Menge Papier keinen passenden Ofen im Land gab. Also entschied man, die 100 Milliarden Ost-Mark unter den Thekenbergen bei Halberstadt zu vergraben.
Geld ist ein ebenso großes wie schwieriges Thema im Leben von Mischa. Seit dem Suizid des Vaters lebt er mit seiner Mutter in der Personalwohnung eines Spitals, in dem sie als Krankenschwester arbeitet. Die finanzielle Situation der beiden ist mehr als bescheiden. Wie autobiografisch ist Dein Roman?
Wie Mischa bin ich in einem Krankenhaus aufgewachsen, und meine Mutter hat dort als Schwester auf der Intensivstation gearbeitet. Geld war in unserer Familie ein Dauerthema, mehrfach stand ein Gerichtsvollzieher bei uns in der Wohnung. Mein Aufwachsen war bestimmt ein Anlass, diese Geschichte zu erzählen, aber nicht der einzige und wichtigste. Vieles, was in dem Buch geschieht, habe ich so oder so ähnlich erlebt, aber nicht alles. „Wie man es erzählen kann, so ist es nicht gewesen“, schreibt Christa Wolf. So ist es wohl. Als Journalist ist es aufregendes Neuland, für einen Roman ausnahmsweise etwas erfinden zu dürfen, was man auf seltsame Weise für wahrer als die Wirklichkeit hält.
Sie erzählen von Armut, vom Tod, von Trauer. Dennoch haben Sie kein düsteres Buch geschrieben.
Wichtiger als die Schilderung schrecklicher Erlebnisse ist mir die Bewältigung dieser schrecklichen Erlebnisse. Mein Roman handelt von der Kunst, sich trotz größter Trauer klarzumachen, was nach einem Verlust noch bleibt. Herbert Grönemeyer nennt „Nicht von dieser Welt“ ein „Aufbruchsbuch“. Das trifft es.
Sola, Mischas Begleiterin, wurde in Zaire geboren. Wie heikel war es, über eine junge, schwarze Frau zu schreiben?
Es mag seltsam klingen, aber mein Empfinden war, dass ich da gar nicht viel mitzureden hatte. Sola hat ihre Rolle und ihren Text selbst bestimmt. Ich mag sie wirklich sehr gern. Sie ist klug und lustig und hat ein riesengroßes Herz. Und sie hat in der Erzählung ihre eigene Geschichte und ihre eigene Agenda.
Du bist seit zehn Jahren Chefredakteur des „Süddeutsche Zeitung Magazins“. Wie fühlt es sich an, als Romanautor zu debütieren?
Der Roman ist vor allem nachts entstanden, wenn meine drei Kinder schliefen. Kein Arbeitsmodell für die Ewigkeit übrigens. Aber dass ich es überhaupt hinbekommen habe, beweist mir doch, dass es eine Geschichte ist, die ich wirklich erzählen wollte.
Ein zentrales Thema Ihres Romans ist Erinnerung. Sie schreiben: „Was wir Erinnerung nennen, sind doch nur Versuche, uns Geschichten zurechtzudenken, die uns uns selbst erträglich machen. Wir sind die Geschichten, die wir von uns selbst erzählen. Wenn es uns nötig scheint, verändern wir diese Geschichten und formen sie zu Erinnerungen, mit denen wir leben können, egal, wie wahrhaftig sie sind. Unser Glück, denke ich, hängt davon ab, wie gut es uns gelingt, unsere Erinnerungen zurechtformen zu etwas, mit dem wir leben können.“
Unser Selbstbild ist ein Porträt, das wir bei uns selbst in Auftrag gegeben haben. Will man etwas über sich herausfinden, kann es aufschlussreicher sein, dieses Porträt mal genauer zu betrachten als in einen Spiegel zu schauen.
Die Fragen stellte Susanne Krones.