Für Einigkeit und Recht und Freiheit
100 Jahre Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Schramberg

„Über Schwarz-Rot-Gold nachdenken.“ Dazu rief vor kurzem der Historiker Kristian Buchna von der „Stiftung Hambacher Schloss“ in einem Zeitungsbeitrag auf. Die Flagge der Bundesrepublik Deutschland spielt in den politischen Kämpfen der Gegenwart immer wieder eine wichtige Rolle – wie bereits in der Weimarer Republik, als sie zum Nationalsymbol gewählt wurde.
Schramberg. Damals setzte sich vor allem das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ für das zwischen den politischen Lagern heftig umstrittene Nationalsymbol ein, einem überparteilichen „Bund republikanischer Kriegsteilnehmer“, in dem sich Mitglieder aller Parteien der staatstragenden „Weimarer Koalition“ aus Deutscher Demokratischer Partei (DDP), SPD und Zentrum im Bekenntnis zu den Grundwerten Einigkeit und Recht und Freiheit zusammenschlossen.
„Weimarer Koalition“
Auf Reichsebene wurde das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ am 22. Februar 1924 in Magdeburg gegründet. Bald darauf folgten flächendeckend Landesverbände und Ortsvereine – am 21. April 1925 auch in der württembergischen Industriestadt Schramberg, in der über 80 Prozent der Bürgerschaft ebenfalls hinter der „Weimarer Koalition“ stand.
Die Gründungsversammlung fand nach dem Tod des kurz zuvor verstorbenen, ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert (1871 – 1925) statt, zu der sich in Schramberg ein überparteilicher „Volksblock“ gebildet hatte, um den Zentrumspolitiker Wilhelm Marx (1863 – 1946) gegen den ehemaligen Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg (1847 – 1934) vom „Reichsblock“ zu unterstützen.
In Schramberg Gründung vor 100 Jahren
Am Ostermontag jährt sich die Gründungsversammlung im damaligen Gasthaus „Badischer Hof“ in der Schiltachstraße 71 zum 100. Mal. Heute befindet sich hier das Fahrradgeschäft „Radhaus“.
Bei der Gründungsversammlung in Schramberg erklärte der Gauvorsitzende Alfons Buse aus Stuttgart mit Bezug auf die Zeit der Entstehung der Farben Schwarz-Rot-Gold im Vormärz und in der Revolution von 1848/49: „Unsere Zeit gleicht der Zeit von 1848, wir sind in der Frage des Staatsgefüges weitergekommen, aber immer noch gelte das Wort des Turnvaters Jahn im Frankfurter Parlament: Drei Feuerzeichen sind es, die uns vorschweben müssen: Schwarz-Rot-Gold, d.h. der Aufstieg des schaffenden Volkes, der Völkerfrieden und die Republik.“
60 Bürger – vor allem SPD-Mitglieder – gründeten den Ortsverein Schramberg. Auf Reichsebene erreichte das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ insgesamt über drei Millionen Mitglieder und wurde dadurch zu einer Massenorganisation – und zur Gegenbewegung gegen die paramilitärischen Kampfverbände der extremen Linken und Rechten der damaligen Zeit.
Uniform
Wie die politischen Konkurrenten trat aber auch das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ bei seinen Aufmärschen und Kundgebungen uniformiert in Erscheinung. Im Jahr 1928 ließ sich der Ortsverein ganz bewusst vor dem Rathaus der Stadt Schramberg fotografieren. Fahnenträger war das jüngste Mitglied, der Sozialdemokrat Wilhelm Gagg (1907 – 1995), später ein bedeutender SPD-Politiker in Duisburg.
Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ wirkte in Schramberg bei den Verfassungsfeiern der Stadtverwaltung mit, kämpfte auch im örtlichen „Flaggenstreit“ für das Nationalsymbol und verteidigte an der Spitze der „Eisernen Front“ am Ende der Weimarer Republik die Demokratie bis zu einer letzten Großdemonstration auf dem Rathausplatz mit über 2500 Teilnehmern am 6. Februar 1933. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Kampfverband verboten, viele seiner Mitglieder wurden verhaftet und verfolgt.
Neuauflage
Seit einigen Jahren findet das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ neues historisches wie politisches Interesse – auch angestoßen von neuen Kämpfen um das alte Nationalsymbol. Der Historiker Marcel Böhles veröffentlichte 2024 seine Doktorarbeit „‘Golden flackert die Flamme!‘ Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold in Baden und Württemberg 1924 bis 1933“, in der auch der Ortsverein Schramberg mit einem Bild gewürdigt wird.
Am 25. Januar 2025 wurde in der „Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte“ in Heidelberg ein neuer Landesverband Baden-Württemberg gegründet. In Schramberg pflegt seit vielen Jahren ein alter Schramberger die Erinnerung an das Engagement seiner damaligen Landsleute für Einigkeit und Recht und Freiheit, deren historisch-politisches Erbe heute aktueller nicht sein könnte.