Rottweil kann auf eine über zweihundertjährige Zeitungsgeschichte zurückblicken, die bis in die Reichsstadtzeit zurückgeht. Das am 4. Januar 1799 erstmals erschienene „Reichsstadt Rottweilsche Wochenblatt“ gehört zu den ältesten Zeitungen im Land.
Erst Anfang 1798 hatte der Verleger der ersten Rottweiler Zeitung, der junge Buchdrucker Bartholomäus Herder, vom reichsstädtischen Magistrat die Erlaubnis erhalten, eine Druckerei und eine Schulbuchhandlung in Rottweil einzurichten.
Dabei hatte das „Reichsstadt Rottweilsche Wochenblatt“ seine Entstehung auch der Initiative von Amtsbürgermeister Johann Baptist Hofer zu verdanken, der das Blatt als städtisches Behörden-Organ für Stadt und Rottweiler Landschaft auf den Weg brachte. Die Redaktionsgeschäfte lagen in der Hand von Hofer selbst. „Anzeigen“, „Beobachtungen“ und „Politische Neuigkeiten“ bildeten den Inhalt seines Blattes.
Im September 1802 war Rottweil württembergisch geworden. Mit der Reichsstadtherrlichkeit war’s nun vorbei, und so wurde der Titel der Zeitung zu „Stadt Rotweilsches Wochenblatt“ verkürzt. Das Blatt musste sich jetzt der württembergischen Zensur unterwerfen; ein Edikt von 1803 reglementierte sämtliche Aspekte des Zeitungswesens bis ins Detail.
1804 wurde der Titel der Rottweiler Zeitung abermals geändert in „Kurfürstlich Wirtembergisches Provinzialblatt für die Landvogtei Rotweil“; und 1806 – Württemberg war jetzt Königreich – trug die Zeitung den Titel „Wochenblatt für die Königlich Wirtembergische Kreisstadt Rottweil“. 1812 wird anstelle der „Kreisstadt“ die „Landvogtey Stadt Rottweil “ in den Titel gerückt.
Anfangs erschien das „Wochenblatt“ nicht ganz regelmäßig einoder zweimal in der Woche, seit 1822 als „Gemeinnütziger Anzeiger“ zweimal, später dann dreimal wöchentlich.
Die Verleger der Rottweiler Zeitung wechselten ebenso wie die Titel. Aus dem „Wochenblatt“ wurde 1818 der „Gemeinnützige Anzeiger“, 1839 wurde der Name abgeändert in „Rottweiler Anzeiger“. Die Zeitung fungierte als Amtsblatt für das Oberamt Rottweil. Für politische Nachrichten im journalistischen Sinne war das Blatt aber nicht gedacht.
Der „Rottweiler Anzeiger“ ging 1845 in den Besitz des Buchdruckers Johann Adam Uhl über, der seit 1842 die Konzession für eine zweite Zeitung, die „Rottweiler Chronik“ als Wochenblatt besaß, die er jetzt als Unterhaltungsausgabe mit dem „Rottweiler Anzeiger“ verband.
Und auch mit seinen Bemühungen um die Erlaubnis der Aufnahme von politischen Artikeln in seine Zeitung war der konservativ-liberale Uhl letztlich erfolgreich. 1845 erschien der „Rottweiler Anzeiger“ bereits in einer Auflage von 1850 Exemplaren. Die Aufhebung der Pressezensur im Zuge der Revolution im März 1848 war auch im Rottweiler Anzeiger zu lesen, der jetzt den programmatischen Untertitel „Volksblatt vom oberen Neckar“ trug.
Der„Anzeiger“ stand nun im Ruf, ein revolutionäres Blatt zu sein und bezeichnete sich jetzt selbst als „freisinnig“. Mit dem Scheitern der Revolution und der erneuten Einführung der Zensur verlor der „Rottweiler Anzeiger“ seinen Untertitel als „Volksblatt“. Die Zeitung durfte als „Amtsblatt“ jetzt keine politischen Artikel mehr veröffentlichen; Dafür machte Uhl die Unterhaltungsbeilage „Rottweiler Chronik“ zu einem eigenständigen politischen Blatt. In der Folgezeit geriet Johann Adam Uhl aber in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste seinen Verlag mit Druckerei 1851 bereits veräußern.
1855 übernahm der jüdische Arzt Dr. Mayer-Rothschild, der seit 1851 bereits die Verwaltung und die redaktionellen Geschäfte der Zeitung im Auftrag des neuen Besitzers besorgt hatte, den „Rottweiler Anzeiger“ in seinen Besitz und benannte ihn zum Jahresbeginn 1863 in „Schwarzwälder Bürgerzeitung“ um. Unter der Ägide der Familie Rothschild bekam das Blatt eine national-liberale Ausrichtung. Ab 1889 erschien die „Bürgerzeitung“ sechsmal wöchentlich und war damit erste eigentliche Tageszeitung in Rottweil.
Anfang 1878 bekam die „Schwarzwälder Bürgerzeitung“ Konkurrenz vom „Rottweiler Volksfreund“ aus der Druckerei von Heinrich Eller im „Rößle“, die ihren Betrieb schon zehn Jahre zuvor aufgenommen hatte. 1895 wurde der Zeitungs-Titel in „Schwarzwälder Volksfreund“ umgeändert. Jetzt besorgte den Druck des Blattes Paul Banholzer im „Löwen“, später im Haus Engelgasse 13, dem heutigen Stadtarchiv.
Der Schwarzwälder Volksfreund vertrat als „Zentrumsblatt“ die Sache des politischen Katholizismus. Nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten mussten beide Blätter ihr Erscheinen einstellen. Während der „Volksfreund“ noch bis Ende Oktober 1935 „durchhielt“, musste die „Schwarzwälder Bürgerzeitung“ bereits am 30. Mai 1934 ihr erzwungenes Ende bekanntgeben. Wilhelm und Ernst Rothschild verabschieden sich von ihren Lesern mit den Worten: „Es blühe und gedeihe unser deutsches Vaterland“.
Die Stelle der beiden Blätter nahm die National-sozialistische Volkszeitung ein, die schon seit Juli 1932 als Bezirkszeitung in Umlauf war und seit 1. Mai 1933 als Organ der NSDAP und alleinige Rottweiler Zeitung erschien. Mit der Kapitulation musste die NS-Volkszeitung ihr Erscheinen selbstredend einstellen. Die letzte Ausgabe war aber noch am 20. April 1945, dem Tag des Einmarsches der Franzosen, erschienen.
Nach dem Krieg war die erste Zeitung in Rottweil ein „Mitteilungsblatt“ der Militärregierung, das aber – im August und September 1945– nur dreimal erschien. Das „Mitteilungsblatt“ wurde von der „Rottweiler Rundschau“, damals ebenfalls amtliches Nachrichtenblatt, abgelöst. Die „Rundschau“ musste aber ihr Erscheinen bereits im November 1945 auf Anordnung der Besatzungsmacht wieder einstellen. Auch eine Anfang Dezember unter Federführung von Rechtsanwalt Lorenz Bock verfasste Petition der Rottweiler Bürgerschaft an die französischen Militärbehörden „um die Gewährung der Lizenz zur Herausgabe einer Zeitung in Rottweil“ fruchtete zunächst nicht. Erst am 2. April 1946 kam es zu einer Fortsetzung der „Rottweiler Rundschau“ mit offenbar neuem Konzept als Lokal-Zeitung und einem verantwortlichen Redakteur, Hermann Bieg.
Das neue Rottweiler Lokalblatt erschien zunächst zweimal wöchentlich im Mantel der „Schwarzwälder Post“, wie der „Schwarzwälder Bote“ aus Oberndorf auf Anordnung der Militärbehörden vorübergehend (bis 1950) heißen musste. Ab Januar 1948 erscheint die Rottweiler Rundschau als Lokalausgabe der „Schwäbischen Zeitung“ in Leutkirch, und zwar zuletzt am 30. August 1949. Zwei Tage später, am 1. September, erscheint mit der ersten Nachkriegs-Nummer des Rottweiler Volksfreunds wieder eine eigenständige Rottweiler Zeitung, zunächst dreimal wöchentlich: dienstags, donnerstags und samstags.
Seit dem 29. Oktober 1949 kam das Rottweiler Lokalblatt wieder mit dem Titel „Schwarzwälder Volksfreund. Heimatzeitung für die Städte und Dörfer des Kreises Rottweil“ unter die Leute. Als konkurrierende Lokalzeitung gab es seit dem 2. Januar 1962 den „Schwarzwälder Boten“ vom gleichnamigen Verlag in Oberndorf am Neckar, gleich vom Start weg mit einer Lokalredaktion vor Ort, in der die „Rottweiler Zeitung“ entstand. Ab 1. April 1971 erscheint der „Schwarzwälder Volksfreund“ erneut im Mantel und als Teil der Schwäbischen Zeitung, nachdem die überregionale Berichterstattung stets von dort bezogen worden war. Der Lokalteil wurde nach wie vor in Rottweil gedruckt, der Sitz der Rottweiler Verlags- und Druckereigenossenschaft befand sich in der Waldtorstraße.
Ab Januar 1984 fand aber auch der Druck des Lokalteils nicht mehr in Rottweil statt; der „Schwarzwälder Volksfreund“ war jetzt vollkommen in der „Schwäbischen Zeitung“ aufgegangen. Und diese zog sich mit ihrer letzten Ausgabe vom 31. Januar 2004 aus dem Kreis Rottweil zurück. Seither ist der „Schwarzwälder Bote“ noch die einzige gedruckte Tageszeitung in Rottweil.
Von allen genannten Zeitungen befinden sich übrigens Belegexemplare im Rottweiler Stadtarchiv.
Gerald P. Mager
Hinweis: Dieser Text erschien zunächst 2009 in der gedruckten Sonderausgabe „5 Jahre NRWZ!“